Niklaus Huber, AIT-Stipendiat der STO-Stiftung 2022/2023
Seine Arbeit beim Zirkus hat den bisherigen Werdegang von Niklaus Huber nachhaltig geprägt. Der gelernte Landmaschinenmechaniker studiert Bühnenbild an der Zürcher Hochschule der Künste. Seinen Master würde er gern in Lighting Design absolvieren, um seinen inszenierten Räumen noch mehr dramaturgische Tiefe verleihen zu können.
Für das Interior Scholarship 2022/23 – das AIT-Stipendium der Sto-Stiftung – hat er sich mit seinem Portfolio sowie einer Bearbeitung der diesjährigen Stegreifaufgabe „Atmosphärische Räume“ beworben. Niklaus Huber ist einer der vier Stipendiat*innen des mit insgesamt 24.000 Euro dotierten Interior Scholarship. Vom Stipendium wünscht er sich mehr Energie und Zeit für sein Studium, aber auch eine “Horizonterweiterung” durch den Austausch mit Student*innen aus verwandten Fachbereichen.
Mit der Recherche für seine bevorstehende Abschlussarbeit hat er bereits begonnen: “Ziel ist es, ein räumliches Stück zu kreieren, das die Beziehungen zwischen Menschen, Objekten und Räumen spürbar macht, wie sie sich gegenseitig beeinflussen und vom Gleichgewicht ins Ungleichgewicht fallen können.” Langfristig sieht er seine berufliche Zukunft als Szenograf im Bereich Zeitgenössischer Zirkus, Theater, Performance und Tanz.
“Der Raum hat für mich immer etwas mit den Beziehungen zwischen den Objekten im Raum zu tun. Dazu kommt die Beziehung vom Objekt zum Subjekt. Die Konstellation der Gegenstände, sowie die Anordnung der Menschen wie auch deren Interaktion mit dem Raum sind für mich ein entscheidender Faktor für das Erleben eines Innenraumes. Dies sind die Punkte, die mich an der Auseinandersetzung mit Räumen am meisten faszinieren. Meine schriftliche Bachelorarbeit habe ich über die Transformation von Zirkusobjekten im Zeitgenössischen Zirkus geschrieben. Dabei konnte ich die Entstehung von den Transformationen in zwei Arten zusammenfassen, in die mentale und die materiell motivierte Entstehung. Bei der mentalen Transformation ist der Ausgangspunkt die Einstellung oder das Verhalten der Artist*innen zum Zirkusobjekt. Die materielle beginnt, wie es der Name schon sagt, beim Material selbst. Während des Transformationsprozesses lassen sich aber die mentale und die materielle Ebene oft nicht mehr klar auseinanderhalten. Transformationen von Objekten im Raum interessieren mich auch außerhalb des Zeitgenössischen Zirkus und bekommen meine Aufmerksamkeit.”
Die Zwischenwelt der Silhouetten
Stegreifentwurf Erläuterung
“Ich begab mich auf eine assoziative Recherche zu Ihrer Ausschreibung, bei der mich vor allem die Stichworte Dämmerung und Dunst ansprachen. Diese Formen zwischen Licht und Dunkelheit erzeugen für mich eine faszinierende Raumwahrnehmung, da sie gerade in der Natur in unserem Breitengrad nur von kurzer Dauer und schwer zu erfassen sind. Ich mag Arbeiten, die sich weiterentwickeln und nicht nach der ersten Inszenierung enden. Vor diesem Hintergrund traf ich bei meiner Suche auf ein Modell, das ich für ein Modul im Jahr 2019 kreiert hatte. Ich experimentierte damals mit Farben und Formen. Ein rechteckiger, vielfarbiger Block wurde zu einer einfarbigen Landschaft. Dies inszenierte ich in einem Raum mit schwarzer Umgebung und künstlichem Licht. Nun wollte ich wissen, was geschieht mit meinen Farben und Formen, wenn ich diese Kontrolle der natürlichen Dämmerung abgebe. Meinen ersten Versuch machte ich in der Stadt Zürich. Doch schnell merkte ich, dass die Stadtlichter meine natürliche Dämmerung zunichte machten. Deshalb unternahm ich einen Ausflug aufs Land, genaugenommen ins Berner Mittelland und versuchte es in der Natur. Die für mich treffendsten Bilder entstanden dann in der Zwischenwelt. Zwischen der Natur und dem nahe gelegenen Dorf sowie zwischen dem Tag und der Nacht. In der Gegenüberstellung der Arbeiten fasziniert mich, wie mein Auge von dem Hellen angezogen ist und wie schwierig es mir fällt, mich auf das Düstere zu konzentrieren. Dies obwohl mich eigentlich das aufgefaltete Modell in der Dämmerung mit den mysteriösen Flächen und der Farbdynamik mehr anzieht.”
Juryurteil:
Zur Schnittstelle von Architektur und Innenarchitektur gehören seit tausenden von Jahren auch das Bühnenbild und die Szenografie.
Genau hier entwickelt Niklaus Huber mit seinen Raumfantasien eine lustvolle Option zur konventionellen Lehre: Des deutschen liebstes Vehikel wird zur Postikone, Artistik zelebriert sich in Räumlichkeiten, Spektakel und Licht, die Landschaft geht mit Styropormodellen eine atmosphärische Synthese ein.
Ein würdiger Stipendiat.
Der Stegreif:
Atmosphärische Räume
Dunkelheit und Zwischenformen wie Nebel, Dunst und Dämmerung besitzen oft mystischen und geheimnisvollen Charakter. Sie wirken beschützend und verunsichernd zugleich. Phänomenologie, Poesie und Magie sind Indikatoren ihrer außergewöhnlichen Präsenz. Sie wirken narrativ, assoziativ und transzendent. Die Geometrie von Räumen interagierend, oszilliert die Raumwahrnehmung im Dunkeln zwischen Materialität und Immaterialität, Grenzen und Öffnungen, Nähe und Weite. Sie sind still und introvertiert und konträr dem gängigen architektonischen Streben nach lichtdurchfluteten Räumen.
Die Ästhetik des Dunkelns und ihre Qualitäten sind mehr und mehr in den Hintergrund gerückt. Fast könnte man auch von einem Verlust dunkler Räume sprechen. Vielleicht nimmt der dunkle Raum in der soziokulturellen Entwicklung zukünftig auch wieder eine bedeutendere Rolle ein. Im Vergleich zum Licht wirkt die Dunkelheit wie eine Masse, der man raumchoreographisch, gestaltend anders begegnen muss, um ihre Qualitäten zu inszenieren. Das ist herausfordernd und spannend zugleich. Auf der Suche nach außergewöhnlichen, qualitätsvollen „dunklen“ durch komponierte Lichteinfälle inszenierte Räume in neuen Kontexten und das Manifestieren auch in alltäglichen Situationen ist die Aufgabe.
In Form von individuell ausgewählten, das Konzept unterstützenden Darstellungstechniken, wie Visualisierungen, Modellfotos, Collagen, Zeichnungen, Skizzen oder Filmsequenzen soll ihre eigenständige, persönliche Idee veranschaulicht werden. Ergänzen Sie diese textlich.
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