Stipendiat*innen 2022/2023
Florian Berger | Technische Universität Graz, AT-Graz
Pauline Gondek | Burg Giebichenstein Kunsthochschule, DE-Halle
Niklaus Huber | Zürcher Hochschule für Künste, CH-Zürich
Maike Kößler | Hochschule für Technik, DE-Stuttgart
Während der Jurysitzung am 5. Juli 2022 im AIT-ArchitekturSalon Hamburg bewerteten und diskutierten Prof. Ralf Pasel (pasel.künzel architects / CODE | Construction + Design / Technische Universität Berlin, DE-Berlin), Thomas Huth (Parat, DE-Hamburg), Prof. Sabine Keggenhoff (KEGGENHOFF | PARTNER / TH OWL Detmold, DE-Arnsberg-Neheim/Detmold), Eva Marguerre (Studio Besau-Marguerre, DE-Hamburg), Prof. Hartmut Raiser (Technische Hochschule Rosenheim, DE-Rosenheim / RAISERLOPES Architekten + Innenarchitekten, DE-Stuttgart) und Kristina Bacht (Kuratorin AIT-ArchitekturSalon und Verlagsleiterin, DE-Hamburg) sowohl die Qualität der eingereichten Studienarbeiten als auch die kreativen Entwürfe zur diesjährigen Stegreifaufgabe, die zum achten Mal ein Kriterium der Bewerbung darstellte.
In diesem Jahr sollten die Studierenden sich mit dem Thema „Atmosphärische Räume“ auseinandersetzen: Dunkelheit und Zwischenformen wie Nebel, Dunst und Dämmerung besitzen oft mystischen und geheimnisvollen Charakter. Sie wirken beschützend und verunsichernd zugleich. Phänomenologie, Poesie und Magie sind Indikatoren ihrer außergewöhnlichen Präsenz. Sie wirken narrativ, assoziativ und transzendent. Die Geometrie von Räumen interagierend, oszilliert die Raumwahrnehmung im Dunkeln zwischen Materialität und Immaterialität, Grenzen und Öffnungen, Nähe und Weite. Sie sind still und introvertiert und konträr dem gängigen architektonischen Streben nach lichtdurchfluteten Räumen. Die Ästhetik des Dunkelns und ihre Qualitäten sind mehr und mehr in den Hintergrund gerückt. Fast könnte man auch von einem Verlust dunkler Räume sprechen. Vielleicht nimmt der dunkle Raum in der soziokulturellen Entwicklung zukünftig auch wieder eine bedeutendere Rolle ein. Im Vergleich zum Licht wirkt die Dunkelheit wie eine Masse, der man raumchoreographisch, gestaltend anders begegnen muss, um ihre Qualitäten zu inszenieren. Das ist herausfordernd und spannend zugleich. Auf der Suche nach außergewöhnlichen, qualitätsvollen „dunklen“ durch komponierte Lichteinfälle inszenierte Räume in neuen Kontexten und das Manifestieren auch in alltäglichen Situationen ist die Aufgabe.
Es galt Ideen und Objekte sowie Interventionen zur temporären partiellen Aneignung von Dingen und Orten im öffentlichen Raum zu entwickeln, die zur Belebung der Stadt und zur gesellschaftlichen Identitätsbildung beitragen. Diese sollten in Form von individuell ausgewählten, das Konzept unterstützenden Darstellungstechniken wie Visualisierungen, Modellfotos, Collagen, Zeichnungen, Skizzen oder Filmsequenzen veranschaulicht und textlich ergänzt werden.
Nach einem Verfahren aus drei Runden und ausgiebiger Diskussion entschied sich die Jury einstimmig für die Gewinner*innen, die vor allem durch eine eigene Haltung und kreative Denkweise herausstachen. Das zur Verfügung stehende Preisgeld von 24.000 Euro wurde auf vier Studierende aus Deutschland, Österreich und der Schweiz aufgeteilt, die sich nun über einen monatlichen Zuschuss von je 500 Euro freuen dürfen. Finanziert werden die Stipendien von der Sto-Stiftung, die die „Ausbildung der jungen Generation […] als eine Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft“ versteht und den Gewinnern ein Jahr lang ein sorgenfreies Studieren ermöglichen möchte. Aus diesem Grund unterstützt die Sto-Stiftung junge Menschen in ihrer akademischen Ausbildung. Als übergeordneten Zweck greift sie das Leitmotiv „Bewusst bauen“ der Sto SE & Co. KGaA auf und hat sich weltweite Technologieführerschaft in der Branche für eine menschliche und nachhaltige Gestaltung gebauter Lebensräume zum Ziel gesetzt.
„Die Wettbewerbsjury zum Interior Scholarship, dem AIT-Stipendium der Sto-Stiftung, prämierte 2022 vier Gewinnerprojekte aus über 40 Einsendungen. Mit dem Stipendium werden junge Talente in der Innenarchitektur gefördert, um deren eigene Entwurfshaltung zu festigen. Auch in diesem Jahr deckten die eingereichten Arbeiten wieder eine enorme Vielfalt an unterschiedlichen Positionen der Innenarchitektur ab. Auffällig dabei war, dass sich ein Paradigmenwechsel abzeichnete, der sich weg vom reinen „Designobjekt“ hin zu einem gesellschaftlich verankerten Gestaltungsansatz entwickelt. Dabei übernehmen die Innenarchitekt*innen eine aktive und komplexe Verantwortung in akteursbasierten Gestaltungsprozessen.
Besonders hervorzuheben ist der gesellschaftliche Anspruch vieler Arbeiten, der über die reine Objektbezogenheit hinausgeht und eine Relevanz im Sozialen sucht oder durch ein hohes Maß an ökologischer Nachhaltigkeit motiviert ist. Vor allem bei den prämierten Arbeiten wurde dabei eine Experimentierfreude spürbar, aus der heraus nicht nur einzigartige Projekte entstanden, sondern die darüber hinaus tiefe Einblicke in ihre kreativen Entstehungsprozesse erlaubte. Die Bandbreite reichte von architektonischen Raumerfahrungen innovativ konzipierter Typologien bis zu raffinierten materialbezogenen Entwurfsansätzen, die sich mit der Sinnlichkeit spezifischer Materialen und ihren taktilen Eigenschaften auseinandersetzen.
Insgesamt überzeugten die eingereichten Arbeiten durch ihre vielseitigen konzeptionellen Ansätze, die sich über jeglichen Maßstab hinweg abbildeten. Bei der Bewertung legte die Jury besonderen Wert auf eine ganzheitliche Betrachtung der Projekte und eine Eigenständigkeit der jeweiligen Position, die die Komplexität von gesellschaftlichem Anspruch und individuellem Gestaltungswillen vereint. Wir freuen uns, mit den Stipendien vier junge und vielversprechende Talente fördern zu können und blicken voller Erwartung auf das kommende Jahr!“
Prof. Ralf Pasel
Florian Berger
Technische Universität, AT-Graz
Juryurteil
Mit großer Freude und ebensolcher Übereinstimmung stand für uns fest, dass wir in der Bewerbung von Florian Berger etwas Besonders erkennen können: das große Interesse an und der Blick für ganzheitliches Agieren und Entwerfen im Raum. Es lohnt sich, die bereits vorhandenen Ansätze im strukturellen und konzeptionellen Denken zu fördern und zu stützten.
Pauline Gondek
Burg Giebichenstein Kunsthochschule, DE-Halle
Juryurteil
Die Arbeiten von Pauline Gondek zeichnen sich durch ein hohes Maß an Sensibilität aus. Ihre Methode, Innenarchitektur, Kunst und Design miteinander zu verbinden, gibt ihrer Arbeit Tiefe und lässt sie spannende Ansätze entwickeln. Das interdisziplinäre Wirken führt zu besonderen Gedanken, Herangehensweisen, Fragestellungen und Lösungen, die Paulines Arbeiten ausstrahlen.
Niklaus Huber
Zürcher Hochschule der Künste, CH-Zürich
Juryurteil
Zur Schnittstelle von Architektur und Innenarchitektur gehören seit tausenden von Jahren auch das Bühnenbild und die Szenografie.
Maike Kößler
Hochschule für Technik, DE-Stuttgart
Juryurteil
Maike Kößler beweist beim Entwurf von Innenräumen ein Feingefühl für Atmosphäre und Materialität. Dabei arbeitet sie in allen Maßstäben und entwickelt sowohl funktionierende Grundrisse als auch Detaillösungen für Möbel.