Architekturbarometer 30mal10 – Interview mit Ruprecht Melder (Chapman Taylor)
Viele beobachten einen Wertewandel in der Gesellschaft und behaupten, dass die Pandemie das New-Normal ist. Können Sie das bejahen?
Das würde ich verneinen, die Pandemie wird nicht das New-Normal werden. Vor einigen Wochen waren die Auswirkungen der Pandemie auf unser Leben deutlich zu spüren. Wenn man heute in die Städte geht, sieht man bereits eine Normalisierung, welche wöchentlich durch die Lockerungen zunimmt. Vorherige Krisen haben ebenfalls gezeigt, dass der Mensch relativ schnell wieder in alte Verhaltensmuster verfällt. In drei bis vier Monaten wird es zwar kein Back-to-normal geben, aber die Arbeitswelt wird sich auch weitestgehend wieder beruhigt haben und die angeschobenen Veränderungen werden, wie bereits erwähnt, nun beschleunigt.
Welche Anforderungen an den Architekten werden durch die Krise zunehmen? Was wird anders sein?
Wie in anderen Berufssparten wird die nun beschleunigte Digitalisierung innerhalb eines Büros auch beim Architekten zu veränderten Anforderungen führen. Die Art der Kommunikation wird sich ändern, da Videokonferenzen sich positiv durchgesetzt haben und eine Ergänzung zu externen Terminen werden.
Ansonsten werden sich die Anforderungen an den Architekten nicht ändern, da der Architekt für den Bauherrn immer der erste Ansprechpartner ist und demnach die Pflicht hat, den Bauherrn auf die geänderten Anforderungen zu beraten.
Die Immobilien werden schneller auf neue Anforderungen und Bedürfnisse der Mieter reagieren. Aus diesem Grund wird die Flexibilität der Mietflächen von großer Bedeutung sein, aber ebenso werden die Themen der Nachhaltigkeit, der Digitalisierung eines Gebäudes und das modulare Bauen im Planungsprozess eine größere Rolle spielen
Brauchen wir in den Städten mehr durchmischte Gebiete und durchmischte Immobilien? Noch haben wir vorwiegend monofunktionale Architekturen?
Ja, absolut. Die Innenstadt bleibt immer ein hochattraktiver Ort für eine Mischnutzung, die Stadtquartiersentwicklung wird zukünftig weiterhin eine sehr große Rolle spielen. In den Innenstädten hat sich gezeigt, dass reine monofunktionale Architekturen, wie zum Beispiel Kaufhäuser, zukünftig Schwierigkeiten haben werden. Es wird nach wie vor in der Innenstadt einen hohen Bedarf an Wohnungen und Büros geben, welche sich mit anderen Nutzungen, wie z.B. Nahversorgern und Gesundheitseinrichtungen ergänzen und mit Ihnen neue Quartieren bilden. In diesen Quartieren wird auch die Mobilität eine besondere Berücksichtigung finden, Mobility-Hubs werden ein Bestandteil der Entwicklung, in welchen Car-Sharing, E Bike und E-Auto Ladestationen angeboten werden, welche wiederum einen Beitrag leisten, um den PKW Verkehr bzw. die CO2 Emission in der Stadt zu reduzieren.
Die Coron-Krise hatte zumindest einen positiven Effekt, da sich die Belastungen auf unsere Umwelt reduziert haben. Der Anteil der PKWs in den Innenstädten ist stark gesunken und hat somit zu einer Verbesserung der Luft beigetragen. Es bleibt zu hoffen, dass sich der innerstädtische Verkehr auch in Zukunft reduziert.
In Städten wie zum Beispiel London wurden während der Corona Krise Teile des innerstädtischen öffentlichen Verkehrsnetzes zu Fahrrad und Fußwegen umgenutzt, da die Bevölkerung in der Corona Zeit auf die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln verzichten musste und die Anzahl der Fahrradfahrer und Fußgänger schlagartig stieg. Diese Entwicklung wird sich sicherlich nach der Corona Krise wieder einpendeln, dennoch wird mittelfristig der Anteil der Fahrradfahrer zunehmen. Notwendige Stellplätze für Fahrräder sind zukünftig in einer höheren Anzahl in Quartierentwicklungen zu berücksichtigen, zudem sind in Büros Räume
Lesen Sie das vollständige Interview mit Ruprecht Melder auf der Seite des Architekturbarometer 30mal10 – Grohe Digital Talks.
Über Ruprecht Melder
geboren 1969, studierte Architektur an der TUMünchen. Seit 1995 arbeitet er für das renommierte Büro Chapman Taylor in London. Die Zeit in England war prägend für die jetzige internationale Zusammenarbeit innerhalb der Chapman Taylor Gruppe. Im Vordergrund seiner Arbeiten standen Entwurfskonzepte für innerstädtische Entwicklungen und Architektenwettbewerbe. Mit der Übernahme des Düsseldorfer Architekturbüros von Walter Brune durch Chapman kehrte Ruprecht Melder nach Deutschland zurück, wo er seit 2013 als verantwortlicher Geschäftsführer tätig ist und den Prozess der heutigen Diversifizierung des Büros gemeinsam mit Herrn Siegfried maßgebend vorangetrieben hat. (www.chapmantaylor.com)
Fotos: © Chapman Taylor Architektur und Städtebau Planungsgesellschaft mbH