Upcoming Architects Facing New Conditions – Interview mit Christian Olufemi und Jörg Moser, Olufemi Moser Architekten
Upcoming Architects nehmen Stellung, wie sie den Herausforderungen des globalen Wandels begegnen und wie sie ihre Position als Ideengeber, Neuschöpfer und Qualitätssetzer behaupten. Lesen Sie dazu hier das Gespräch mit Christian Olufemi und Jörg Moser von Olufemi Moser Architekten.
„Wir bräuchten ein breiteres kulturelles Bewusstsein für die Bedeutung von Architektur, von Stadt, von Haus und von Wohnung. Wir haben viel zu viel Baugeschehen und viel zu wenig Baukultur. Der Markt ist an einer schnellen Entwicklung orientiert, weil er nach schnellem Profit strebt. Eine Baukultur fordert etwas anderes.“ Christian Olufemi und Jörg Moser
GROHE: Sie leiten als Architekten ab heute das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Was würden Sie tun?
Christian Olufemi und Jörg Moser: Wir würden uns gar nicht in die Rolle des Politikers begeben wollen. Die Frage ist doch viel eher, wie wollen wir als Architekt*innen die Baukultur beeinflussen? Wenn wir jetzt den Begriff des Heimatministeriums nehmen: Wie gehen wir mit gewachsenen kulturellen Strukturen um? Grundsätzlich würden wir durchsetzen wollen, dass nicht noch mehr Fläche versiegelt wird, sondern die bereits zugebauten Flächen verdichtet werden. Das nächste wichtige Thema ist die Infrastruktur. Wie ist eine zukünftige Infrastruktur in Hinsicht auf Mobilität und Energieversorgung aufgebaut? Wir denken in Deutschland immer noch in einer Flächenentwicklung, also dass quasi jedes Dorf an allen Möglichkeiten unserer Gesellschaft teilnimmt – was aber de Facto nicht der Fall ist. Die Idee heute ist, auch für den kleinsten Ort eine Autoabfahrt und einen High-End-Internetzugang zu bekommen. Vielmehr sollten wir damit umgehen, dass wir nicht an jedem Ort, an dem wir uns befinden, immer die gleichen, vergleichbaren Möglichkeiten haben.
Mit welchen Bauaufgaben und Themen befassen Sie sich bei Ihrer Arbeit im Schwerpunkt?
Wir beschäftigen uns mit öffentlichen Bauten, Kindergärten und Gemeindezentren, sowohl für die Kirche als auch für kommunale Träger. Des Weiteren sind wir im Wohnungsbau und im Hotelbau tätig. Unser Spektrum ist also breit und geht von der Architektur über die Innenarchitektur bis ins Produktdesign und in die Sanierung denkmalgeschützter Kirchen. Investoren, im Besonderen beim Hotelbau, sehen Gebäude häufig als Produkt, das an verschiedenen Orten umgesetzt, trotzdem als Marke funktioniert. Hier ist es wichtig, dass sich das geforderte Qualitätsniveau in der Gestaltung und Nutzung reproduzieren lässt. Wohingegen die Zusammenarbeit mit sozialen Trägern eher ein demokratischer Prozess ist, bei dem man sich mit unterschiedlichsten Meinungen konfrontiert sieht. Häufig haben wir es hier mit Gruppen von acht bis neun ganz unterschiedlichen Menschen zu tun, die letztendlich gar nichts mit Bauen zu tun haben – da ist der Prozess einfach anders. Man nimmt die Position eines Mittlers ein und muss alle Themen jonglieren, um am Ende zu einer konsistenten Architektur zu kommen. Eine unserer Stärken dabei ist empathisch zu sein, den anderen zu sehen; ihm das Gefühl zu geben, man versteht ihn, man holt ihn ab und man integriert ihn in den Prozess. Das gelingt, weil wir nicht mit einem vorgefertigten Bild auf die Aufgaben und die Menschen zugehen. Wir stellen lediglich unsere Fähigkeiten als Architekten zur Verfügung. Das lässt manchmal das Ikonenhafte an unserer Architektur vermissen. Dafür arbeiten wir an vielschichtig gedachter Architektur.
Was uns bei unserer Arbeit zusätzlich beschäftigt, ist der Begriff des Produktes in der Architektur. Wenn wir uns zum Beispiel für einen Kindergarten bewerben, gibt es inzwischen bestimmte Bilder, die bauherrenseits gesucht werden und die sich dann immer wiederholen. Der Unterschied zwischen den Architekturbüros ist oft gar nicht mehr so groß, weil eben alle ein ähnliches Produkt anbieten. Hier führt somit der Produktbegriff zu weniger individueller Lösung und damit zu einem Verlust an Reichhaltigkeit in den räumlichen Lösungen und in der Gestalt. Auf der anderen Seite kann die Suche nach einem Produkt auch den Gestaltungsprozess und unser Aufgabenfeld als Architekten bereichern, weil er nicht bei einzelnen Aspekten der Architektur aufhört, sondern weil er die Gesamtheit des sozialen Raumes umfasst. Für die Erarbeitung einer Architekturidee arbeiten viele Investoren nicht mehr mit Architekten, sondern mit einer Werbeagentur zusammen. Um diesen Markt zu bedienen, müssen wir wieder viel früher in die Entwicklung eines Projekts einsteigen. Wir als Architekten erfassen all diese Dinge oft gar nicht mehr und werden in der Folge zu Dienstleistern gemacht, die das Teil nur noch bauen, aber nicht mehr die Idee dazu liefern dürfen. Wir als Architekten sind hier aufgefordert, unsere Rolle in einem solchen Projektentwicklungsprozess wieder stärker wahrzunehmen und Inhalte in diesen Prozess zu tragen, für den wir diesen Beruf ergriffen haben, jedes Bauwerk als einen sozialen Raum zu begreifen, der gut gestaltet zum Gefäß unsers Lebens werden kann. Wir denken, die Trennung von Architektur, Innenarchitektur und Design, die jeder als selbstverständlich hinnimmt, verhindert eine ganzheitliche Betrachtungsweise, die wir versuchen, für uns wieder zusammenzubringen.
Positionierung
Für die Umgebung ist Architektur immer ein Geben und Nehmen, da sich die Identität des Ortes mit jedem Strich verändert. Die Anforderungen an ein Gebäude müssen mit dem kulturellen Kontext im Einklang stehen. Hier zählt nicht nur das Bauwerk selbst, sondern ebenfalls der Einfluss auf das urbane Umfeld. Die Kubatur eines Gebäudes schafft immer ein Innen- und Aussenraum der mit einbezogen werden muss. Die Gestaltung und Materialiät des Gebäudes setzt dann einen entwerferischen Schwerpunkt, der sich trotz aller künstlerischen Freiheiten im Detail mit den gesetzlichen Vorgaben der Bauordnung vereinbaren lassen muss. Am Modell lassen sich das Volumen und die Proportionen am Besten erarbeiten. Die Zeichenarbeiten, sowie Skizzen und grafische Darstellungen dokumentieren den Werdegang eines Projektes und erläutern den Arbeitsprozess visuell.
Über Christian Olufemi und Jörg Moser
Bevor Christian Olufemi an der RWTH Aachen und TU München sein Architekturstudium erfolgreich abschloß, studierte er an der RWTH Aachen Physik. Nach dem Studium war Christian Olufemi in verschiedenen Architekturbüros sowie selbstständig als Architekt tätig.
Jörg Moser ist seit 2013 Mitglied im Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA). Zuvor war er sowohl selbstständig als Architekt tätig als auch Teil in zahlreichen Architekturbüros sowie im wissenschaftlichen Rat der TU München. Sein Architekturstudium absolvierte er an der RWTH Aachen. Olufemi Moser Architekten wurde 2019 von Christian Olufemi und Jörg Moser gegründet.
olufemimoser.de
Lesen Sie mehr aus der Reihe Upcoming Architects Facing New Conditions auf der Seite der GROHE Digital Talks