Architekturbarometer 30mal10 – Interview mit Corinna Kretschmar-Joehnk und Peter Joehnk (JOI-Design)
Wie trifft die Pandemie die Hotelbranche ganz im Allgemeinen?
Wir sind davon überzeugt, dass die Gäste zeitnah in die Hotels zurückkehren werden. Wir vermuten, dass Geschäftsreisen und somit Geschäftsübernachtungen sinken werden, dafür aber Erlebnisreisen relativ stabil bleiben. Hotels als Trendspot der Stadt, als beliebte Treffpunkte und Hub mit ihrer Gastronomie werden weiter sehr begehrt sein. Ebenso die Destinationen zum Reisen. Grundsätzlich ist aber damit zu rechnen, dass wir die Wachstumsraten der vergangenen 10 – 15 Jahre nicht mehr so schnell erreichen werden. Ein anderer Aspekt ist der Blick auf die Banken: Für sie ist es ja kein Geschäft mehr, ein Hotel zu finanzieren, in das zu wenige Gäste kommen. Bis das Vertrauen wieder geschaffen ist, dass es sich lohnt, für einen Investor in ein Hotel zu investieren, wird es lange dauern. Denn den Anstoß, neue Hotels zu bauen, müssen die Hotels erst einmal wieder liefern, indem sie gute Zahlen präsentieren. Und das dauert.
Die Pandemie hat bei vielen Bautypologien deren Schwächen zum Vorschein gebracht. Welche Verbesserungspotenziale kamen in der Hotellerie zutage?
Hygiene wird sicherlich ein Faktor werden, den wir zukünftig stärker in den Fokus setzen müssen, speziell in unserem Gewerbe Gastronomie und Hotellerie. Langfristig wird es hier ein Umdenken geben. Berührungslose Türen, Türöffnungsmechanismen, berührungslose Lichtschalter und berührungslose Armaturen etc. werden sicherlich zum Trend werden. Wir glauben nicht, dass wir zukünftig in der Gastronomie und Hotellerie überall Plexiglasscheiben rumstehen haben. Dennoch wird man versuchen, überall mehr Individualität und Schutz einzubauen, wobei wir noch keine richtige Vorstellung von der Umsetzung haben. Die Konferenzräume in den Hotels, deren Nachfrage durch die Videokonferenzen abnehmen wird, müssen zukünftig sicherlich mehr multifunktional genutzt werden, beispielsweise für Meditation, Yoga oder andere Dinge. Oder sie sollten mit einer besonders professionellen Technik ausgestattet werden, die nicht alle im Büro haben, um so für nationale und internationale Konferenzen angemietet zu werden. Über große Screens, guten Sound und eventuell schallgeschützte Nischen können diese Konferenzräume effizient genutzt werden, und über eine Bedienung im Service und ein leckeres Catering wird der Aufenthalt zu einem besonderen Erlebnis in einem schönen Ambiente. Das ist ja genau das, wofür wir zuständig sind.
Was sind neben der multifunktionalen Einrichtung und Flexibilität weitere Wettbewerbsvorteile für das Hotel der Zukunft?
Aus der Krise heraus betrachtet sicherlich das Thema Sicherheit im Allgemeinen. Das ist nicht nur Sicherheit vor Ansteckung, das ist grundsätzlich Geborgenheit. Und die hat natürlich auch einen gestalterischen Ausdruck. Also sich geborgen zu fühlen, wird ein großes Thema in der Hotellerie werden, was es ja schon immer war. Nur müssen wir in Zeiten von Distancing eine andere Geborgenheit schaffen, indem wir in größeren Räumen, wie der Lobby beispielsweise, Nischen schaffen, Raumteiler und Regale aufstellen, einfach etwas Halbhohes platzieren, das die Räume aufgeteilter wirken lässt. Das Zauberwort Community, einst der Modebegriff in der Hotellerie, muss neu gedacht werden. Community ist halt nicht mehr ‚nah zusammen‘, sie verschiebt sich gerade in Richtung der virtuellen Welt, so wie wir es jetzt auch schon von zu Hause erlebt haben, am Screen zusammen ein Bier trinken. Das ist mit Sicherheit keine schöne Vorstellung von Zukunft. Aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir viel mehr in Kontakt mit allen möglichen Freunden oder Familienmitgliedern sind. Jeder, der möchte, kann sich dazuschalten. Das könnte der Vorteil eines Hotels sein, dass es den Gästen professionelle Technik und Screens für solche virtuellen Zusammenkünfte zur Verfügung stellt. Mit Abstand den anderen doch ganz nah sein!
Lesen Sie das vollständige Interview mit JOI-Design auf der Seite des Architekturbarometer 30mal10 – Grohe Digital Talks.
Über JOI-Design
JOI-Design ist ein führendes europäisches Innenarchitektur- und Designstudio mit mehr als 35 Jahren Erfahrung im Hospitality Design und über 500 Hotelprojekten im In- und Ausland. Der Fokus liegt auf der Entwicklung von exklusiven und Design-orientierten Konzepten für die internationale Hotellerie, Serviced Apartments, designaffine Offices mit New Work-Charakter und Konzeptdesign für die Cruise Ship Industrie. Die kreativen und multidisziplinären Teams des Designstudios in Deutschland und Indien gestalten mit erfahrenen Innenarchitekten, Architekten, Ingenieuren, Grafikern und Produktdesignern einzigartige und für die heutige Gesellschaft relevante Lebensräume für die unterschiedlichen Zielgruppen als Antwort auf sich ständig ändernde Bedürfnisse unseres Alltags. (www.joi-design.com)