Upcoming Architects Facing New Conditions – Interview mit Eva Hierzer von NOW Architekten
Upcoming Architects nehmen Stellung, wie sie den Herausforderungen des globalen Wandels begegnen und wie sie ihre Position als Ideengeber, Neuschöpfer und Qualitätssetzer behaupten. Lesen Sie dazu hier das Gespräch mit Eva Hierzer von NOW Architekten
„Die Arbeitswerkzeuge haben sich verändert. Früher hat man mit der Hand gezeichnet, heute modellieren wir das Ganze dreidimensional. Durch Maschinen wie die CNC-Fräse entwirft, plant und baut man in der Folge auch anders als voran gegangene Architektengenerationen. Neben der Digitalisierung ist die Ressourcenknappheit ein entscheidendes Thema. Wir haben nicht unbegrenzt Rohstoffe zur Verfügung und auch der Flächenversieglung muss Einhalt geboten werden. Wir müssen schauen, wie können wir verdichten und aufstocken, und mit welchen Materialien? Das sind Aspekte, die ich für viel gravierender halte als ein digitales Planungswerkzeug wie BIM.“ Eva Hierzer
GROHE: Sie kreieren – laut Ihrer Webseite – identitätsschöpfende Konzepte, verfolgen einfache kreative Lösungen und denken über den Bauplatz hinaus. Können Sie uns das anhand eines Ihrer Referenzen genauer erklären?
Hierzer: Am besten kann man das bei unserem größten Projekt, der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Graz, veranschaulichen. Das Bestandsgebäude steht in einer schönen Parklandschaft und sollte im Rahmen eines Wettbewerbes erweitert werden. Für uns ist der Kontext eines Projektes außerordentlich wichtig, deshalb haben wir eine Art Dorfstruktur konzipiert, die sich in die Parklandschaft einfügt und die Natur damit zum Bestandteil des Gebäudekomplexes macht. Mit diesem Ansatz haben wir uns von unseren Kollegen hervorgehoben. Wir denken das Gebäude eben nicht nur bis zur Außenhaut, sondern darüber. Denn ein Gebäude steht nie nur für sich.
Einfache kreative Lösungen sind für uns dabei Lösungen, die in der Entwicklung komplex sein können, in der Realisierung dann aber total logisch, wirkungsvoll und eben auch einfach verständlich sind. Wir wollen damit Gebäude schaffen, die zeitgemäß bleiben, die in ihrer Einfachheit verschiedene Nutzungen zulassen und dabei dennoch in einer Symbiose zu ihrer Nutzung stehen können. Alles in allem glaube ich, dass das ein ziemlich zeitgemäßer Ansatz ist, den viele unserer Kollegen genauso verfolgen. Ich würde diese Haltung also nicht allein für uns beanspruchen. Ich glaube, dass hier der Zeitgeist in der Architektur sichtbar wird. In den 1970er- und 1980er-Jahren sind viele skulpturale Architekturen entstanden. Die Grazer Schule zum Beispiel ist sehr ausufernd und besetzt die Orte gänzlich, sodass sich die Nutzung drumherum entwickeln muss. Die heutige Tendenz geht in die entgegengesetzte Richtung. Das Gebäude ist Teil des Ortes und nicht ortsbestimmend.
Finden Sie Gebäude wie das Kunsthaus in Graz ortentsprechend?
Das Kunsthaus hat zumindest die Aktivierung des Ortes bewirkt. Drumherum haben sich viele Nutzungen angesiedelt, die den Stadtteil beeinflusst haben. Das Kunsthaus selbst ist, würde ich sagen, eher ein Symbol, aber als Gebäude für die Funktion eines Kunsthauses nicht zu gebrauchen. Es stellt allerdings einen gewissen Anziehungspunkt dar und deshalb hat es auch seinen Platz im Stadtbild verdient.
Über NOW Architekten
Vier Partner – Stephan Brugger, Eva Maria Hierzer, Thomas Hörmann und Stephan Schmidt – deren Wege sich immer wieder (mal kürzer, mal länger) kreuzten, gründeten gemeinsam im Jahr 2021 NOW Architektur mit dem Ziel, Architektur als einen uns als Gesellschaft in gleichen Maßen betreffenden gebauten Raum gemeinsam und auf Augenhöhe für jetzt und die Zukunft (um-) zu gestalten. Architektur muss das Potenzial haben, sich langfristig den ständig verändernden Bedürfnissen der Menschen anzupassen. Ein bewusst gestalteter Dialog zwischen Mensch, gebautem Raum und der Umgebung schafft Identifikation und somit einen wesentlichen atmosphärischen wie auch sozial nachhaltigen Mehrwert. Architektur entsteht für uns immer in ihrem gebauten Kontext. Ist einfach, selbstbewusst und einfühlsam. Folgt einem konstruktiv ehrlichen, zweckmäßigen sowie ressourcenschonendem Materialeinsatz in einer hohen Ausführungsqualität und strebt nach räumlicher Flexibilität zugunsten einer langen Lebensdauer und zeitloser Gestaltung von bestehendem wie auch neuem gebauten Raum.
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