Nachbericht Preisverleihung „GROWING VILLAGES – the future is not metropolitan“
Preisverleihung des ersten Architektur-Ideenwettbewerbs des deutsch-französischen Fonds PERSPEKTIVE für zeitgenössische Kunst und Architektur unter dem Motto “GROWING VILLAGES – the future is not metropolitan” mit Impulsvortrag und Ausstellung der Wettbewerbsbeiträge am Donnerstag, 23. November 2023 um 19 Uhr im AIT-ArchitekturSalon Hamburg
Berufseinsteiger*innen der Bereiche Architektur, Landschafts- und Stadtplanung, Design und bildende Künste waren aufgerufen, sich das Dorf von heute oder sogar der Zukunft vorzustellen und zu visualisieren. Die einzigen Grenzen dabei setzt die Vorstellungskraft der Wettbewerber*innen!
Ende November wurden die Preisträger*innen des Ideenwettbewerbs von den Juror*innen ausgezeichnet. Ausgehend von den inspirierenden Einreichungen setzte sich außerdem Olivier Gaudin (Professor Ecole Nationale Supérieure de la Nature et du Paysage, Blois), der Teil der Jury war, in seinem Impulsvortrag “RIGHT TO THE VILLAGE? UTOPIAS AND INQUIRIES” mit experimentellen Planungsformen, räumlichen Utopien und “territorialem” Denken auseinander. Die zehn besten zum Wettbewerb eingereichten Projekte wurden an diesem Abend in einer Ausstellung präsentiert und konnten von allen Gästen betrachtet werden.
Nach einer globalen Pandemie und inmitten der Klima- und Energiekrise werden die Grenzen bezüglich der Lebensqualität in Großstädten deutlich. Andere Lebensräume – wie Kleinstädte und Dörfer – gewinnen aufgrund des sich bietenden Raums, der Nähe zur Natur und des Lebensrhythmus an Attraktivität.
Wie kann man diese Gebiete gestalten, ohne ihr Qualitätsniveau zu senken? Wie können Arbeitnehmer*innen der digitalen Welt angezogen werden und welche Alternativen gibt es zu ihren Arbeitsplätzen in Hochhäusern aus Glas und Stahl? Wie kann man sich auf dem Land ohne öffentliches Verkehrsnetz fortbewegen und dabei das Klima schützen? Wie können Dörfer entwickelt werden, ohne die Baufehler der Großstädte zu wiederholen?
Die Gewinnerprojekte
1. Preis GAUDARD Cécile, “The caretakers – An exploration on a traumatized landscape”
2. Preis TSAROWSKY Kim und JOSE LANDETA VALENCIA Maria, “Transhumance: a model for growing villages”
3. Preis PENS Sarah, “Kooperatives Hinterland”
Besondere Erwähnung (in alphabetischer Reihenfolge)
– BENDLIN Johanna, VILLERET Laura und FSHAZI Falma, “Make Ines stay?”
– HARTL Benedikt, “Das Unbequeme Dorf”
Weitere Projekte in der engeren Auswahl (in alphabetischer Reihenfolge)
– GO Sunghoon, “Always there, very personal”
– KOSENKOV Pavel, “Achkarren – Growing and Sustainable village”
– MICHL Franziska, “Rethinking villages – Reinventing Reurbanism”
– SCHARTNER Alexandra, “Cross-Border Placemaking”
– WREDE Leonie, “Rutopie – rural, village, future.
Die deutsch-französische Jury, die über die Preisträger*innen entschied und diese bei der Preisverleihung auch auszeichnete, bestand aus:
– Olivier Gaudin (Professor Ecole Nationale Supérieure de la Nature et du Paysage, Blois)
– Djamel Klouche (Mitbegründer der AUC Agentur)
– Jan Liesegang (Mitbegründer des raumlabor Kollektivs)
– Antje Stokman (Landschaftsarchitektin und Professorin, HafenCity Universität Hamburg)
Erfahren Sie HIER mehr über die Juror*innen.
Die Jury würdigte die Bewerberinnen und Bewerber für ihre neue Herangehensweise an das sehr aktuelle Thema und ihre vielfältigen Vorschläge zu dessen Interpretation. Häufig wurde Umwelt Wirtschafts- und auch Mobilitätsfragen die meiste Aufmerksamkeit geschenkt, wohingegen die als am relevantesten eingestuften Projekte die identitätsstiftenden heimischen Traditionen und Verfahren eines Dorfes in den Mittelpunkt stellten. Die überbordende, zum Utopismus neigende Vorstellungskraft der Bewerberinnen und Bewerber wurde von allen Jurymitgliedern positiv hervorgehoben. Zu den Auswahlkriterien gehörten auch die Qualität der schriftlichen Ausarbeitung des Projekts und die Sorgfalt bei den Illustrationen.
Der erste Preis geht an das Projekt “The caretakers – An exploration on a traumatized landscape” von Cécile Gaudard (geb. 1998 in Orcines, Frankreich), die gerade erst ihr Studium an der ENSA Paris Malaquais abgeschlossen hat. Die Bewerbung umfasst sechs Schwarz-Weiß-Zeichnungen mit Filzstift und Tinte und wurde aufgrund ihrer ästhetischen und erzählerischen Qualitäten ausgewählt. Cécile Gaudard befasst sich in ihrem Projekt, das in den Bergen des Forez angesiedelt ist, mit der Wiederaneignung einer Gebirgslandschaft des Anthropozäns, indem sie eine Skistation in eine Produktionsstätte für Käse umfunktioniert. In der Bewerbung wird durch den Blick auf die negativen Auswirkungen der Forstwirtschaft auf die Landschaften die Frage nach einem Gleichgewicht zwischen der Erhaltung der Umwelt und der Fortsetzung der derzeit herrschenden Wirtschafts- und Lebensweisen aufgeworfen.
Mit dem zweiten Preis wird das Projekt “Transhumance: a model for growing villages” von Kim Tsarowsky (Berlin) und Maria José Landeta Valencia, Absolventin der École d’architecture de la ville & des territoires Paris Est und Absolventin der Pontificia Universidad Católica del Ecuador in Quito, ausgezeichnet. Das „Manifest“-Konzept widmet sich den zeitlichen und sozialen Aspekten eines Weltdorfes. Es verleiht dem Dorfbegriff eine einzigartige Identität, die sich aus den Wanderbewegungen der Transhumanz als in ihre Umwelt eingebettete Formen menschlicher Mobilität und Solidarität speist. Davon ausgehend steht dieses Dorf der Zukunft für den Ansatz einer Vernetzung und eines Miteinander-Teilens der verschiedenen Gemeinschaften, der eine Lösung für die Probleme im Umwelt-, Energie- und Sozialbereich bieten kann.
Den dritten Preis erhält das Projekt “Kooperatives Hinterland” von Sarah Pens (geb. 1997 in Hannover), Studentin an der Leibniz Universität. Es handelt sich um ein realistisches und konkretes Projekt, angesiedelt im Hinterland der Ostseeinsel Usedom, die sozioökonomisch schwach entwickelt ist und nicht über ausreichende Mittel zur Bewältigung der ökologischen und demografischen Herausforderungen verfügt. Sarah Pens möchte mit ihrem Projekt Plattenbauten als Orte des gemeinschaftlichen Wohnens und gegenseitigen Helfens einer neuen, generationenübergreifenden Nutzung zuführen. Darüber hinaus plädiert sie für die Einrichtung eines Winterspeichers, der schon ab der Erntezeit im Sommer vorbereitet werden kann. So zeigt das Projekt, wie sich die Vorzüge der städtischen Lebensweise auf einfache Art auch in den ländlichen Raum und die Inselumgebung integrieren lassen.
Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, des Goethe-Instituts e.V., des Kulturministerium Frankreichs und des Institut français Paris; organisiert durch das Büros für bildende Kunst des Institut français Deutschland.