Max Otto Zitzelsberger, Architekt München
Warum haben Sie sich entschieden Architektur zu studieren?
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.
Was gab den Anstoß zur Bürogründung?
Weil ich unbedingt bauen wollte und zwar anders als das, was man üblicherweise als „Architektur“ bezeichnet.
Was macht ihr Büro besonders?
Ich baue wenig, lasse mir viel Zeit und versuche nach Möglichkeit einen gesellschaftlichen Mehrwert mit den Projekten zu erreichen.
Wodurch wird Ihre Arbeit inspiriert?
Vom Banalen und vom Opulenten, vom Widerspruch.
Wen sehen Sie als Mentor und warum?
Ich habe keinen speziellen Mentor. Es gibt aber Personen, ohne deren Unterstützung ich nicht dastände, wo ich heute bin.
Welche Philosophie verfolgen Sie bei Ihrem Tun?
„Philosophie“ ist ein großes Wort. Ich versuche das Alte neu und das Gewohnte ungewohnt zu denken.
Was bedeutet gute Architektur für Sie?
Was „Architektur“ ist weiß ich nicht. Gutes Bauen kann im Moment nur unkonventionell sein.*
Welches bestehende Gebäude hätten Sie selbst gerne entworfen?
Auch wenn es nicht mehr steht: Der Münchner Glaspalast von Voit und Werder. Es ist ein Gebäude, das im Widerstreit zwischen industrieller Produktion und Architektur entstand.
Was war das erste Projekt, das Sie mit Ihrem Büro umgesetzt haben?
Ein Hühnerstall.
Was denken Sie darüber, wenn Sie es heute betrachten?
Es ist ein einfaches Projekt und doch auch ein komplexes. Und das finde ich immer noch gut.
*Über Architektur – eine Momentaufnahme
Oder wie wir im Moment denken
Den Begriff „Architektur“, so wie er derzeit von vielen verstanden wird, mögen wir nicht. Allein sein Aussprechen verursacht schon eine übermäßige, besser falsche Erwartung. „Architektur“ ist in der kollektiven Vorstellung viel mehr „Star-Architektur“ als einfach nur „Gebautes“.
Zwischen „Gebautem“ und „Architektur“ klafft eine unüberbrückbare Schlucht. Das Gros der Gesellschaft impliziert mit dem Begriff der „Architektur“ zu gerne das Unerreichbare. Dabei sollte doch das hochwertige Bauen Teil unserer Alltagskultur werden. Sicherlich kann nicht alles Gebaute Architektur sein, sowie auch nicht alles Geschriebene Literatur sein kann. Wenn aber fast nichts vom tatsächlich Gebauten wirklich „Architektur“ ist, wird ihr gesellschaftlicher Mehrwert zunehmend elitär, ja ausgrenzend.
Es fehlt der Vorstellung, die man derzeit von „Architektur“ hat, die Faszination des Gewöhnlichen, des Alltags.
Alltägliches Bauen, Realisierbares, mit einfachen Mitteln umsetzbares, für jeden verwendbares, kurz gewöhnliches Bauen, liegt uns viel mehr, als im beschriebenen Sinne „Architektur“. Es gibt de facto einen Unterschied zwischen dem einfach nur „Hingebauten“ und der Art des Bauens, die einen Mehrwert hat. Dies meinen wir mit dem „Gebauten“.
Wenn man fragt was genau Gebautes vom Hingebauten unterscheidet, würden wir sagen, dass Gebautes über die reine Erfüllung eines Zwecks auch noch berührt. Dabei ist uns klar, dass dieses „Berühren“ keinesfalls eine Form der Unterhaltung im Sinne des zeitgemäßen „Entertainments“ sein darf, sondern eine Form der sinnlichen Erfahrung sein muss, die man unbewusst wahrnimmt und die sich nicht aufdrängt.
Am Beginn einer Bauaufgabe stehen Anforderungen, die der Bau bewältigen muss, und am Ende soll aber das Ziel mehr sein, als nur eine zur Materie erstarrte Zweckerfüllung. Im übertragenen Sinne stellen wir die Frage, ob die Kombination ungiftiger Substanzen, zu einem giftigen Gemisch werden kann. Ist es also möglich, dass durch ein rein funktionales Abarbeiten realer Anforderungen ein Gebilde entsteht, das selber mehr ist als nur Funktion?
An dieser Stelle sollte man zunächst fragen, was berühren könnte. Die Modernen hätten gesagt, wenn man nur die Funktion erfüllt, berührt es schon. Das glauben wir nicht. Mancher der als „Star-Architekten“ bekannten ist wohl der Ansicht, dass die aufgeregte Form berührt. Doch diese Art der „Unterhaltungs-Architektur“ ist leer.
Was berührt, löst eine Emotion aus, als würde man aus tiefem Schlaf von einer vertrauten Stimme geweckt werden, an die man sich mit einem mal wieder erinnert. Dies ist der Kern dessen, was wir unter dem „Berühren“ verstehen: das Erinnern.
Die Erinnerung darf aber nicht glasklar vor Augen treten, sie soll einen nicht mit aller Wucht erschlagen. Sie soll einen nur behutsam dazu bringen, einen Moment lang inne zu halten und etwas vor Augen führen, das man scheinbar lange nicht mehr gesehen hat, das aber nicht gänzlich rekonstruierbar ist, als würde die vertraute Stimme ein Geheimnis verraten, von dem die entscheidenden letzten Worte verhallen.
Diese Art der „Berührung“ fehlt dem „Hingebauten“, ist dem „Gebauten“ aber zu eigen. Wenn man eben das auch unter „Architektur“ verstünde, sind wir gern Architekten.