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Raum(denken) – Florian Berger, Stipendiat 2022/2023

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Dezember 2022
Blogger: Florian Berger

1. Blogbeitrag

Ist es der Anspruch unserer derzeitigen Architektur, Räume zu erzeugen mit einer Höhe laut Norm, weißen Wänden, einer gleichbleibenden Raumebene und einem Laminatboden, bestenfalls einem Parkettboden? Ist es unser Anspruch, in diesen Räumen zu leben? Räume, die nicht auf unsere persönlichen Bedürfnisse eingehen? Räume, die keine Raumreize erzeugen, sondern aufbauend auf Vorgaben, Normen und Gesetze gewisse Kriterien abhaken?

Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Raum(denken) in meinem Entwurfsprojekt im vergangenen Semester möchte ich mit diesem Beitrag diese Entwurfsmethode erklären und darstellen, wie durch den Fokus auf räumliche Fragen Situationen auftauchen, die durch einen pragmatischen Ansatz nicht erreicht werden – wodurch der Entwurf eine neue gestalterische Ebene erhalten kann.

Das oben genannte Projekt ist ein Therapiezentrum für Jugendliche und besitzt durch die Aspekte, welche mit der Nutzung einhergehen, einen sensiblen Umgang mit Themenstellungen wie Zugänglichkeit, Schwellen und Abtrennungen.

Das Raum(denken) beginnt durch Überlegungen bezogen auf einzelne Nutzungen. Statt Räume durch ihre ideale Lage und Funktion im Grundriss zu ordnen, ist der Ansatz im Raum(denken), den Räumen (da es im Folgenden nicht immer um abgeschlossene Räume geht möchte ich gerne über Nutzungen sprechen) also den Nutzungen die Aufmerksamkeit auf einer anderen Ebene zuzuwenden. Hierbei entstanden Überlegungen und Skizzen zum Betreten der Nutzung, zu Öffnungen und deren Laibung, zur Positionierung von Möbeln, zu Farben und Oberflächen bis hin zur Abtrennung der Nutzung.

Konkret möchte ich nun eine Nutzung beschreiben und aufzeigen, wodurch Raum(denken) auf einer gezielten Ebene den Entwurf formen kann.

Beispielhalft dafür widmen wir uns nun der Nutzung einer Notaufnahme. Diese Nutzung ist die erste Anlaufstelle für Jugendliche, die das Therapiezentrum besuchen, er liefert dabei einen Ort für erste Gespräche mit Fachpersonal. Die Überlegungen starten mit dem Zugang, welcher über eine einzige Türe stattfinden soll und somit eine Gleichwertigkeit zwischen dem Betreuer und dem zu betreuenden Jugendlichen schafft. Dieser Zugang soll nicht in Wandmitte, sondern bewusst außermittig in den Raum führen, dadurch soll dem Raum die Wertigkeit genommen und diese auf die Personen gelenkt werden. Bei diesem Zugang soll die Laibung so schmal wie möglich ausfallen, um keine Schwellenwirkung zu produzieren und somit den Raum „schnell“ betreten zu können und außerdem die Hürde einer Therapie so gering wie möglich erscheinen zu lassen. Am Ende des Raumes wird eine halbrunde Erkerausbuchtung ausformuliert, wodurch der Fokus auf einem runden außermittig stehenden Tisch liegt. Um das Gefühl der Sicherheit zu verstärken, wird der halbkreisförmige Erker durch einen Vorhang verlängert und somit eine kleinere und intimere Therapiezone geformt.

Durch diese Überlegungen werden oberflächliche und grafische Fragen beiseitegeschoben und der Fokus auf Gedanken über den Raum, dessen Gewichtung und den Körpern, welche in diesem Raum agieren, gelenkt. Das Raum(denken) lenkt also entwurfstechnische Fragen bewusst zu Fragen über das Benutzen des Raumes. Daraus resultieren dann Überlegungen zu den Themen Proportion, Lichteinfall, Möbel aber auch Material, Oberflächen und Atmosphären.

 

Interior Scholarship – das AIT-Stipendium der Sto-Stiftung

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