Page 11 - AIT0918_Leseprobe
P. 11

Laura Zalenga


                                     1990 in Ulm geboren 2009 Abitur am Wieland-Gymnasium in Biberach 2010–2014 Architekturstudium an der TU München
                                     10/2014–03/2015  Praktikum bei AIT  seit 2014  freischaffende Fotokünstlerin Kunden  Sony, Adobe, Lufthansa, Fiat, FinnAir,
                                     Artemide, Disney, MaxMara, ... Kontakt laurazalenga.com, laurazalenga@yahoo.de






























                „Grimm Compact“: Laura Zalengas reduzierte Interpretationen märchenhafter Schlüsselszenen • “Grimm Compact”: Laura Zalenga’s minimalist interpretation of fairy-tale key scenes



                F   rau Zalenga, Sie haben Architektur studiert, arbeiten aber als Selbstporträt-  r Viele Betrachter fragen sich, wie Ihre Fotos entstehen. Was sind Ihre wichtigsten
                    und Porträtkünstlerin. Erklären Sie uns, was Sie tun und wie es dazu kam.
                                                                              Arbeitsinstrumente? Wie viel „reine Fotografie“ beziehungsweise wie viel Technik
                Ich liebe Architektur! Im Museum sehe ich oft keines der Kunstwerke, weil ich das  und digitale Bildbearbeitung oder Photoshop steckt in Ihren Bildern?
                Gebäude bestaunen muss. Auf Autofahrten bin ich besser Beifahrerin, weil ich schöner  Das ist tatsächlich ganz unterschiedlich. Immer mehr merke ich, dass das wichtigste
                Architektur nachschaue.  Wenn es um Architektur geht, bin ich Konsumentin. Ich  Instrument meine Augen sind und natürlich das,  was mein  Verstand aus den
                bestaune sie, untersuche sie, genieße sie, aber ich hatte nie das Gefühl, dass die aktive  Eindrücken macht. Selbstverständlich ist meine Kamera auch immer ein  Teil des
                Rolle der Architektin für mich passt. Ich hätte sicherlich eine mittelmäßig gute, mit-  Prozesses. Die Bildbearbeitung nimmt speziell dann einen sehr großen Part ein, wenn
                telmäßig glückliche Architektin werden können, aber ich brenne einfach für Foto grafie.  es in der Realität nicht – oder nur mit sehr großem, auch finanziell großem – Aufwand
                Schon  während meines Studiums habe ich an freien  Tagen – es  waren  wohl eher  möglich wäre, eine Idee umzusetzen.
                Stunden – fotografiert, auf sozialen Netzwerken Inspirationen gefunden, mich vernetzt
                und erste fotografische Erfolge erzielt. Deshalb war der Einstieg in die Selbstständigkeit  r Sie gehören zu den Digital Natives. Durch das Internet haben Sie eine ideale
                vor vier Jahren kein Schritt ins vollkommen Ungewisse. Dennoch war der Tag, an dem  Plattform zur Verbreitung Ihrer Fotos gefunden. Wäre Ihre künstlerische Laufbahn
                ich mir selbst erlaubte, selbstständige Fotokünstlerin zu sein, einer meiner besten und  ohne Flickr, Facebook, Instagram und Co. so denkbar gewesen?
                aufregendsten. Fotografie gibt mir eine unglaubliche Freiheit. Nie zuvor hatte ich ein  Auf keinen Fall! Ich verdanke dem Internet so viel. Ganz am Anfang habe ich meine
                Medium, mit dem ich mich so direkt und uneingeschränkt ausdrücken konnte.   ersten fotografischen Gehversuche auf Flickr hochgeladen und dort nicht nur
                                                                              unglaubliche Inspirationen gefunden, sondern auch Menschen, die heute meine inter-
                r Sie sind Autodidaktin, haben keine Ausbildung zur Fotografin gemacht und nie  nationale „Foto-Familie“ sind. Wir haben uns schon an verschiedensten Orten der Welt
                Fotografie studiert. Ist Fotografie für Sie Beruf und Berufung zugleich?  in angemieteten Hütten getroffen, nachdem wir uns anfangs nur aus dem Internet kann-
                Definitiv! Und vielleicht sogar etwas mehr Berufung. Es war nie so geplant, sondern ist  ten. Es ist ein unglaublicher  Zusammenhalt entstanden. Gemeinsame Fotoprojekte,
                eher passiert, weil es sich richtig angefühlt hat. Mein Leben ist Fotografie geworden.  innige Freund schaften und ein internes Hilfsnetzwerk – in dem zum Beispiel alle zusam-
                Meine Augen sind Scanner, die meine Umwelt –  jedes  Gesicht,  jeden  Ort,  jede  menlegen,  wenn eine Kamera geklaut  wird. Außerdem habe ich durch die  vielen
                Lichtstimmung, jede Geschichte – in Fotografien denken. Und ich liebe es! Was gibt es  Follower, die meinen Arbeiten folgen und sie teilen, auch das Glück, dass immer mehr
                Schöneres, als selbst in einem riesigen Müllberg eine ästhetische Foto-Idee zu sehen,  Menschen und potenzielle Auftraggeber auf meine Fotografien aufmerksam werden.
                mit der man vielleicht noch eine kritische Botschaft transportieren kann?   Das ist eine Chance, die ich ohne das Internet nie gehabt hätte.

                r Die Natur spielt als Sets für Ihre Selbstporträts eine entscheidende Rolle. Wie ent-  r Neben freien Projekten arbeiten Sie auch im Auftrag von Firmen und Magazinen.
                decken Sie diese Orte, und wie sehr gehört das Reisen zu Ihrem Beruf?  Sie halten  Vorträge, nehmen an Diskus sionsrunden teil, sind Jurymitglied bei
                Ich suche meine Reiseziele tatsächlich oft danach aus, ob sie  zu meinem Foto-Stil  Fotowettbewerben. Wie international und vernetzt ist Ihr Leben?
                passen. Aber selbst an all den Orten, die ich mir nicht aussuchen konnte, habe ich bis -  Dank des Internets sind Aufträge und Veröffentlichungen aus der ganzen Welt zusam-
                her immer geeignete Locations entdeckt. Man muss sich seine kleinen Ecken suchen  mengekommen. Eine Serie über Träume für Disney, eine Publikation in einem chinesi -
                und gute Lichtstimmungen abpassen. Es kann auch mal ein Hinterhof oder ein  schen Foto-Magazin, Bühnen-Vorträge für Sony,  Workshops in Süditalien, eine
                Kinderspielplatz sein. Oft entdecke ich neue Orte zum Fotografieren auch dann, wenn  Reisereportage für Lufthansa in Florida, das Cover für das Opernmagazin eines Theaters
                ich gar nicht suche. Zum Beispiel, wenn der Zug an einem großen Kohleberg vorbeizieht,  in Brisbane oder Interviews für Adobe in San Diego. Natürlich entstehen viele Projekte
                oder  wenn ich mit dem Hund im  Wald bin und eine Lichtung mit schöner Licht-  auch aus persönlichen Kontakten, beispielsweise, wenn ich auf Messen immer wieder
                stimmung entdecke.                                            Menschen vorgestellt werde. Aber der Großteil meiner Auftraggeber findet mich online.


                                                                                                                              AIT 9.2018 •  049
   6   7   8   9   10   11   12   13   14   15   16