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WOHNEN • LIVING THEORIE • THEORY
Fotos: Miguel Ferraz Araújo
Nach dem Erdgeschoss-Umbau: Kücheninsel und Esstisch ermöglichen im Protoypen „Mit-Küche“ flexibles Kochen und Essen. • The kitchen island and dining table in the “Mit-Küche” prototype enable flexible cooking and dining.
EXTRA RÄUME
CHANCEN GEMEINSCHAFTLICHER ERGÄNZUNG PRIVATER WOHNPRAXIS IN HAMBURG
von • by Prof.in Ingrid Breckner, Hamburg
Wohnnutzung in städtischen Zentren und erhoffen sich dadurch P rivater Wohnraum ist für alle Menschen existenziell unverzichtbar. Er existiert
Fachwelt und Stadtpolitik fordern seit geraumer Zeit vermehrte
gewöhnlich in abschließbaren, eigentums- oder mietrechtlich abgesicherten Woh-
deren Belebung. Dazu bedarf es jedoch neben notwendigen Angebo- nungen für größere oder kleinere Haushalte. Privat gewohnt wird aber auch in Zelten,
ten zur Daseinsvorsorge auch „extra Räume“, in denen private Wohn- Hütten, Heimen, Hotels, Unterkünften oder sogar im öffentlichen Freiraum. Privates Woh-
praxis durch gemeinschaftliche Aktivitäten ergänzt werden kann. Der nen erfordert jedoch stets auch die Nutzung anderer Räume in der näheren und ent-
Beitrag erläutert deren Relevanz anhand aktueller Herausforderun- fernteren Umgebung: Die Versorgung mit Nahrung, Ausstattung, Informationen, Bildung,
gen sowie von historischen Vorbildern und informiert über die ersten unterschiedlichen Dienstleistungen, Erholung, Bewegung, Kultur und sozialen Kontak-
Schritte der Verwirklichung in der Hamburger Altstadt. ten erfolgt notwendigerweise auch jenseits der Privatsphäre. Welche Wohntätigkeiten
innerhalb sowie außerhalb der Privatsphäre in welcher Art und Weise stattfinden ist
Experts as well as city politics have been calling for increased resi- beeinflusst von kulturellen Prägungen, wirtschaftlichen Handlungsspielräumen, sozi-
dential use in urban centres for some time now, hoping that this will alen Bedürfnissen und räumlichen Möglichkeiten. Wohnforschung greift stets zu kurz,
revitalize them. However, in addition to the necessary public ser- wenn sie den gesellschaftsstrukturellen und räumlichen Kontext des privaten Wohnens
vices, this also requires “extra spaces” where private living can be unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen nicht angemessen berücksichtigt. Denn die
complemented by community activities. This article explains rele- Gestaltungsspielräume privaten Wohnens sind abhängig von der politischen und recht-
vance of such spaces on the basis of current challenges and histo- lichen Steuerung der Produktion, Instandhaltung und Vermarktung von Wohnraum, von
rical examples and provides information on the first steps towards Erwerbsmöglichkeiten, sozialen und kulturellen Praktiken der Wohnenden sowie vom
their realization in Hamburg’s old town. Angebotsspektrum der Waren, Dienstleistungen und Freiräume in der näheren und fer-
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