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WOHNEN • LIVING
WOHNHAUS JSR
IN WINNENDEN
Entwurf • Design rommel, wagenpfeil architekten, Winnenden
Ein schmales Grundstück am Stadtrand von Winnenden, zwischen
Streuobstwiesen und viergeschossigen Wohnhäusern. Darauf ein
zweigeschossiger Neubau, giebelseitig zur Straße positioniert.
Zurückhaltend im Maßstab, überraschend weit im Inneren. Es ist ein
Haus mit besonderer Stellung in Typologie und räumlicher Organisati-
on, das Jessica und Sebastian Rommel für sich gebaut haben.
von • by Stephan Faulhaber
D as „Wohnhaus JSR“ ist benannt nach den Initialen des Bauherrenpaares, das zugleich
Teil des verantwortlichen Architekturbüros ist. Jessica Rommel ist dort in der Verwal-
tung tätig, ihr Mann Sebastian – Architekt mit Erfahrung aus Büros wie LRO – arbeitet seit
2012 in der Bürogemeinschaft und leitet diese seit 2019 als Partner gemeinsam mit Die-
ter Rommel und Nicolas Wagenpfeil. Gegenüber den Nachbarbauten wirkt ihr Gebäude
bescheiden. Es prahlt nicht mit Größe, sondern nutzt den vorhandenen Raum effizient.
Dies macht sich bereits „auf den ersten Metern“ bemerkbar: Die Grundstücksgrenze ist
durch eine Sichtbetonwand markiert – ein eingeschossiger Querriegel entlang der südlich
verlaufenden Straße bildet eine bauliche Pufferzone und integriert zwei Räume, darunter
eine Außenküche. Zwischen Riegel und Haus entsteht so ein Innenhof, ein dem Hauptge-
bäude vorgelagerter Patio, der – anstelle der vielerorts üblichen Schottergärten – die Vorgar-
tenfläche als Ort mit hoher Aufenthaltsqualität gestaltet. Mehr als ein Kiesfilter zwischen
öffentlich und privat. Beim Betreten des Gebäudes überrascht eine unerwartete räumliche
Tiefe. Der offene Wohn-, Koch- und Essbereich ist zoniert durch Höhenversätze und Lufträu-
me. Über dem Essplatz reicht der Raum bis unter den First, eine Dachhälfte bleibt in voller
Höhe erlebbar. Zwei weitere Lufträume liegen über der Kochzeile und der Couchlandschaft.
Entlang der Außenwand führt eine einläufige Treppe in das Obergeschoss. Eine Galerie
führt hier in die Schlafzimmer und Bäder, gleichzeitig dient sie als Arbeitsplatz. Von diesem
aus lassen sich alle Lufträume einsehen. Die Materialwahl ist betont reduziert: Sichtbe-
tonwände, unifarbener Kautschukboden, Einbaumöbel in seidenmattem Schwarz, weiße
Geländerstangen und Fensterrahmen aus lasierter Lärche. Die Fassade besteht ebenfalls
aus heimischem Lärchenholz – karbonisiert nach der japanischen Holzkonservierungsme-
thode Yakisugi. Von der leicht erhöhten Küche führen drei Stufen hinab in den Wohnbe-
reich, der sich schwellenlos nach Norden zur Terrasse öffnet. Der Garten gibt den Blick auf
die angrenzenden Wiesen frei. Hier wird der Weg des Entwurfsgedankens sichtbar – über
den Bautypus der freistehenden Scheune: Von der Streusiedlung in die Streuobstwiese.
114 • AIT 7/8.2025