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Meike Hammer                             Tine Teiml


                2009 –2016 Studium Architektur und Stadt planung, Universität Stutt gart  2009–2016 Studium Architektur und Stadt planung, Universität Stutt gart
                2016 Masterarbeit „Flucht | Ankunft | Integration“ mit Aus zeichnung, diverse  2016 Masterarbeit „Flucht | Ankunft | Integration“ mit Aus zeichnung, diverse
                Preise 2017 Realisierung www.begegnungsraum-stuttgart.de, Stuttgart  Preise 2017 Realisierung www.begegnungsraum-stuttgart.de, Stuttgart

































                Fotos: Hanna Müller




                Ob zur geselligen Chai-Zeit, zur Hausaufgabenhilfe oder einfach so: Der Begegnungsraum ist immer gut besucht. • Whether for social chai time, for homework assistance or just like that; the meeting room is always well-visited.



                von • by Meike Hammer und Tine Teiml
                D   as Konzept zum „Begegnungsraum für Geflüchtete und Stuttgarter BürgerInnen“ ha -  Die neue Gemeinschaft  wird sowohl durch die  Zusammenarbeit  von Stuttgarter
                    ben wir von Oktober 2015 bis April 2016 im Rahmen unserer Masterarbeit an der
                                                                              BürgerInnen und Geflüchteten während der Bauphase als auch durch die gemeinsame
                Architekturfakultät der Universität Stuttgart entwickelt. Ab April 2016 waren Theresa Hölz,  Nutzung des Gebäudes seit der Fertigstellung im Oktober 2017 gestärkt. Das Besondere
                Hanna Müller, Mathias Kreutz und viele anderen StudentInnen an der Entwurfs-, Aus -  ist sicherlich, dass der „Begegnungsraum“ ab September 2016 durch ehrenamtliches
                führungs-, Genehmigungs- und Detailplanung sowie der praktischen Realisierung auf der  Engagement zusammen mit Geflüchteten, BürgerInnen, Fachexperten und StudentInnen
                Baustelle und der Dokumentation des studentischen Selbstbauprojektes beteiligt. Die  im Selbstbau realisiert und nur durch Materialspenden sowie Privat- und Stiftungsgelder
                Inspiration für den „Begegnungsraum“ kam zum einen aus der Überlegung, welche so -  finanziert wurde. In Workshops sowie während der gemeinsamen Planungs- und Bauzeit
                ziale Rolle wir als angehende/r ArchitektIn innerhalb der Zuwanderungsdebatte spielen.  haben wir versucht, Geflüchtete aus ihrer passiven in eine aktive Rolle zu bringen und
                Zum anderen beschäftigte uns die Frage, ob durch partizipative Prozesse innerhalb der  ihnen ein Stück Verantwortung und Selbstbestimmung ihres Alltags zurückzugeben.
                Architektur schon da gewesene und neue Nachbarn miteinander verknüpft werden kön-
                nen und dadurch die Integration von Geflüchteten gestärkt werden kann. Das gemein-  Vom Selbstbauprojekt zum gelebten Stadtbaustein
                nützige Projekt „Begegnungsraum“ konnte ab April 2016 auf unsere Initiative hin und
                unter der Leitung von Professor Peter Cheret in Kooperation mit den beiden Universitäts-  Das Gebäude umfasst zwei Räume: Der Begegnungsraum wird von den Bewohnern der
                Plattformen e1nszue1ns und Stuttgarter Change Labs an der Fakultät für Architektur und  Unterkunft als erweiterte Wohnfläche, aber auch von den Organisatoren und Ehren -
                Stadtplanung der Universität Stuttgart als praktische Lehrveranstaltung stattfinden.   amtlichen für kulturelle  Veranstaltungen ähnlich dem  Weltcafé-Format genutzt. Der
                                                                              Lernraum steht Geflüchteten gemeinsam mit Sozialarbeitern und Ehrenamtlichen zur
                Entstehung eines gemeinsamen Treffpunktes                     Hausaufgabenhilfe,  für Deutschkurse und kleine  Vorlesungen  zur  Verfügung. Dieser
                                                                              Raum dient den stillen Tätigkeiten und ist im Gegensatz zum Begegnungsraum nicht von
                Der  „Begegnungsraum  für  Geflüchtete  und  Stuttgarter  BürgerInnen“  ist  auf  dem  der Straße aus  zugänglich. Ein funktionaler Kern in der Mitte trennt die beiden
                Grundstück  von  zwei Systemunterkünften für Geflüchtete in der Breitscheidstraße in  Nutzungen voneinander. Er hat neben einer Teeküche auch ein WC. Der Bau schafft an
                Stuttgart Mitte entstanden. Im August 2016 wurden diese von 147 Geflüchteten bezogen,  der Schnittstelle zwischen Flucht und Ankunft Integration für die neuen NachbarInnen.
                darunter 70 Kinder und Jugendliche. Eine eingehende Analyse der Unterbringung von  Der kleine Stadtbaustein soll eine wohnliche, warme Atmosphäre ausstrahlen, was durch
                Geflüchteten in Stuttgart und die Beschäftigung mit den räumlichen Situationen haben  die Nutzung natürlicher Baumaterialien geschaffen wird. Mit der Fertigstellung ist der
                gezeigt, dass es wenig Orte mit Aufenthaltsqualität gibt, an denen sich Geflüchtete und  Grundstein für Begegnung, Austausch und Bildung gelegt. Im Rahmen des Bauprojektes
                Stuttgarter BürgerInnen auf neutralem Boden aktiv begegnen können. Unser Raum ist als  geknüpfte Kontakte zwischen den Geflüchteten aus den Unterkünften, studieninteressier-
                Treffpunkt zum Kulturaustausch gedacht, der neben Begegnungs flächen auch ruhige Orte  ten Geflüchteten, Studierenden sowie den Stutt garter  BürgernInnen  ermöglichen  das
                zum Lernen und Durchatmen bietet. Wir sehen das Projekt als eine Möglichkeit, soziale  Gebäude innerhalb der Stadtgesellschaft und im besten Falle darüber hinaus als
                Verantwortung zu übernehmen und etwas zur Nachbarschafts vernetzung beizutragen.  Institution zu etablieren und zu festigen.

                                                                                                                             AIT 7/8.2018  •  035
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