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Bei der durch Brenne Architekten aus Berlin verantworteten Restaurierung wurden auch mehrere Originalschalter von Berker gefunden. Heute strahlen die Dessauer Meisterhäuser wieder wie zu ihrer Eröffnung im Jahr 1926.
B erker und das Bauhaus haben bezeichnende Gemeinsamkeiten: Neben dem men orientierten Gestaltung auf. Heute überzeugen die Designschalter beider Linien
Gründungsjahr 1919 verbindet den traditionsreichen Schalterhersteller aus
aber nicht mehr nur durch ihren nostalgischen Charme und ihre ausdrucksstarken
Schalks mühle mit der Geburtsstätte der Klassischen Moderne vor allem die Vorliebe Formen, sondern auch durch modernste Elektrotechnik: Beide Schalterprogramme
für das Zusammenspiel von Form und Funktion. Zudem fokussierte Berker schon sind durch Drehdimmer sowie Steckdosen für Strom, Telefon oder Netzwerkkabel ab-
früh den auch am Bauhaus propagierten Ansatz, Produkte seriell zu fertigen, um gerundet und gehen damit auf zeitgenössische Ansprüche ein.
diese nach dem Baukasten-Prinzip zu erschwinglichen Preisen anbieten zu können.
Bauhaus-Gründer Walter Gropius setzte in seinen klaren, bis ins Detail durchdachten Zwei Schalterserien atmen noch heute den Geist des Bauhauses
Architekturen bereits in den 1920er-Jahren Berker-Schalter ein. In den mittlerweile
grundres taurierten Gebäuden des visionären Instituts in Dessau kommen heute die Mit einer Oberfläche aus schwarzem oder polarweißem Kunststoff fügt sich die Serie
Serie 1930 sowie die Serie Glas zum Einsatz. Beide Schalterlinien sind ganz im Sinne 1930 in renovierte Altbauten ebenso harmonisch ein wie in moderne, geradlinige Ar-
das Bauhauses funktional und schnörkellos: Durch die Reduzierung auf das Wesent- chitekturen. Dabei ist die vom originalen Bauhaus-Schalter inspirierte Linie, die in
liche erhalten sie eine zeitlose Ästhetik. enger Abstimmung mit der Dessauer Bauforschungsabteilung entwickelt wurde, mit
ihrer charakteristischen runden Form heute ein Klassiker unter den Schalterlösun-
Von Beginn an verbanden Berker und das Bauhaus ähnliche Ideen gen. Wie gestalterische Eleganz aus der Funktion heraus entstehen kann, zeigt auch
die Serie Glas in der Kombination von klaren oder von hinten polarweiß bedruckten
In seinen Entwürfen für das Weimarer Haus am Horn, für die Siedlung Dessau-Törten Glasrahmen mit schwarzen oder weißen Kunststoff-Drehknebeln. Diese Ende der
oder auch für das architektonische Epizentrum des Dessauer Bauhaus-Gebäudes 1970er-Jahre entwickelte, historisch inspirierte Linie verkörpert die Zeitlosigkeit tra-
setzte Walter Gropius runde Berker-Schalter ein. So erklang 1926 das bekannte „Klick“ ditioneller Drehschalter und komplettiert mit ihren runden Glasverblendungen und
der Berker-Drehknebelschalter auch im berühmten Direktorenzimmer des Dessauer der klassischen Form unterschiedlichste Interieurs.
Bauhauses immer dann, wenn das Licht angeschaltet wurde. In diesem Zimmer, von
dem aus die Klassische Moderne als bedeutendstes Kapitel der Architektur-, Design-
und Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts in die Welt hinaus zog, waren damals wie
heute elegant schlichte Schalter und Steckdosen aus Glas oder Kunststoff von Berker
installiert. „Mit ihren Rund-Elementen passten sie gestalterisch am besten in dieses
Haus“, sagt die Bauhaus-Forscherin Monika Markgraf heute. Die Berker-Serie 1930
sowie die Glas-Serie fügen sich dort heute ebenso ideal ein wie die historischen Mo-
delle damals: Sie verkörpern das Prinzip der reinen Funktionalität, dem sich das von
Robert und Hugo Berker gegründete Schalksmühler Unternehmen ebenso verpflichtet
fühlte wie das 1919 gegründete Bauhaus selbst. Doch nicht nur in ihrer Funktionalität
und Materialität, auch in ihrer Formensprache spiegeln die Glas-Serie und die Mo-
delle der Serie 1930 den Zeitgeist des Bauhauses wider: Die kreisrunde Form der bei-
den Schalterprogramme referenziert auf eines der ältesten und bedeutungsträchtig-
sten Elemente der Geometrie. Damit greift das Schalterdesign eine zentrale Kompo-
nente des programmatischen Bauhaus-Anspruchs einer an geometrischen Grundfor-