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Henriette Sofia Steuer


                                     1988 geboren in Bremen 2009–2013 Studium der Innenarchitektur an der Hochschule in Rosenheim
                                     2014–2015 Mitarbeit bei Ranger Design in Stutt gart 2015–2017 Redaktionsvolontariat bei AIT seit 2018
                                     Freie Architekturjournalistin
                                                                                                              Parlament und neues Stadttor (10)









































                Leckeres Teatime-Frühstück: Café Sunday in Scotland (1)  Aufwändige Marmorintarsien in der St. John’s Co-Kathedrale (2)  National Centre for Creativity (8) von • by Richard England



                Einen Steinwurf entfernt liegt die St. John’s Co-Kathedrale (2), die mit ihren aufwen-  Senglea im klaren Wasser des großen Hafens baden.
                digen Steinreliefs und Marmorintarsien von der Herrschaftszeit des Johanniterordens –  r 12.00 Uhr – Seit 1992 erklingt täglich die Glocke des Siege Bell Memorial in Geden-
                später nach dem Inselarchipel in Malteserorden umbenannt – erzählt.   ken an die im Zweiten Weltkrieg gestorbenen Malteser. Danach ist Zeit für einen Stopp
                r 10.00 Uhr - Über die Republic Street gelangen wir zum 1575 durch Gerolamo Cassar  in den Lower-Barrakka-Gärten, wo wir die zum Mittagessen bei Caffe Cordina (7) er-
                erbauten Palast des Großmeisters (3), der zunächst als Regierungssitz des Ordens-  worbenen Pastizzi (gefüllte Blätterteigtaschen) und das an Tonicwater erinnernde Er-
                oberhaupts, später als Parlamentsgebäude und heute als Amtssitz des Staatspräsiden-  frischungsgetränk Kinnie genießen können. Unmittelbar hinter dem Park befand sich
                ten dient. Auffallender Bestandteil der Renaissance-Fassade ist ein 200 Jahre später  bis zur Invasion Napoleons 1787 das Sklavengefängnis, in dem alle Sklaven der Stadt
                angefügter, 70 Meter langer Galerie-Erker aus lackiertem Holz. Die sogenannte Galla-  leben mussten. Der Gebäudekomplex wurde nach 1945 nicht wieder aufgebaut. Wir
                rija ist ein Zeugnis muslimischer Kultureinflüsse und wurde ab 1800 durch den einset-  schlendern entlang der St. Paul’s Street bis zum Castille Place und besuchen das Na-
                zenden Holzimport unter britischer Herrschaft zu einem landesweiten Bautrend. Was  tional Centre for Creativity (8), das seit 1996 im St. James Kavalier untergebracht ist.
                für einen Blick man von einer solchen Gallarija haben kann, lässt sich in der 1580 fer-  Den Umbau der historischen Geschützstellung von einem britischen Offizierskasino in
                tiggestellten Casa Rocca Piccola (4) in Erfahrung bringen. Besonders sehenswert: das  einen Kulturraum samt Kunstgalerie, Theatersaal und Kino im postmodernen Stil lei-
                Jugendstil-Esszimmer und die Bunkeranlage. Der Marquis De Piro ließ die unterirdi-  tete Richard England. Seine spannungsreichen, mit Farbe, Form und Licht spielenden
                sche Schutzanlage bereits in den 1930er-Jahren bauen und stellte diese während des  Räume und Architekturen sind bei den Maltesern umstritten – dennoch gilt England bis
                Zweiten Weltkrieges den Anwohnern zur Verfügung. Neben weiteren privaten Bunkern  heute als einer der prägendsten zeitgenössischen Architekten Maltas.
                dienten auch historische Tunnelsysteme und eine 1931 stillgelegte U-Bahn-Linie als  r 15.30 Uhr – An der Auberge de Castille (dem Sitz des Prime Minister of Malta) vorbei
                Schutzräume, die zu Teilen über das Malta at War Museum zu besichtigen sind.  geht es zur Auberge d’Italie. Der ursprüngliche Wohn-Palazzo der italienischen Mitglie-
                r 11.00 Uhr - Ebenfalls an der Republic Street findet sich der Palazzo der Malta Society  der des Johanniterordens beherbergt seit Kurzem wieder das National Museum of
                of Arts (5), die seit 1852 maltesische Künstler mit Stipendien, Ausstellungen und kul-  Fine Arts MUZA (9), das unter anderem das Lebenswerk des realistischen bis futuri-
                turellen Events unterstützt. Weiter geht es am Fort St. Elmo vorbei zum Mediterranean  stischen Bildhauers Antonino Sciortino zeigt. Die Rückkehr des Museums an seinen
                Conference Centre. Die ehemalige Sacra Infermeria (6) des Johanniterordens war mit  Gründungsort von 1924 wurde durch die Förderung Vallettas als Kulturhauptstadt 2018
                einer 480 Meter langen Krankenhalle, zahlreichen WC-Nischen und einem natürlichen  möglich. Eine Arbeitsgemeinschaft dreier maltesischer Planungsbüros: Design and
                Belüftungssystem eines der modernsten Krankenhäuser des Mittelalters. Eintritt erhält  Technical Resources DTR, CYAN Engineering und Martello Media, war für Sanierung
                man nur mit einer geführten Tour über den Zugangspavillon von The Malta Experience.  und Neugestaltung verantwortlich. Am Freedom Square stoßen wir auf das 2015 fertig-
                Direkt daneben führt eine Treppe zum Meer hinunter. Zu Füßen der Festungsstadt am  gestellte Parlamentsgebäude (10) samt Stadttor von Renzo Piano, dessen eindrucks-
                Saint Lazarus Curtain liegt die schönste Badestelle Vallettas. Zwischen den Boots-  volle Relieffassade in Anlehnung an die Strukturen natürlicher Kalksandstein-Auswa-
                schuppen der Einwohner kann man mit Blick auf die Städtchen Kalkara, Vittoriosa und  schungen entstand. Ebenfalls von Renzo Piano ist das benachbarte Pjazza Teatru Rjal.

                                                                                                                              AIT 5.2019  •  041.2019  •  041
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