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Anne Engels [1] Empfehlungen für maximale Nachhallzeiten
1970 geboren, Ausbildung zur Tischlerin und Studium der Innenarchi- Ein- und Zweipersonenbüro 0,8 Sekunden
tektur in Detmold 2006 Fortbildungen zur Arbeitsplatzexpertin, danach Mehrpersonen- und Großraumbüro 0,6 Sekunden
Vertiefung im Bereich Akustik seit 2010 Kinnarps Interior Design Team Callcenter 0,5 Sekunden
Besprechungsraum* für 6 Personen 0,4 Sekunden
Besprechungsraum* für 10 Personen 0,45 Sekunden
Besprechungsraum* für 20 Personen 0,5 Sekunden
die Nachhallzeit sein! Das bedeutet zum Beispiel für Besprechungsräume – je nach * Zugrunde gelegt wurden die jeweiligen Mindestraumflächen und eine Raumhöhe von 2,75 Metern.
Größe – 0,4 bis 0,5 Sekunden. In Büros, in denen konzentrierte Einzelarbeit im Vor-
dergrund steht, ist Sprachverständlichkeit eher störend. Deshalb werden hier 0,5 bis
0,8 Sekunden Nachhall angestrebt. Im Idealfall gehen dann Sprachinhalte in einem [2] Empfohlene Absorberverteilung für Büros und Schulungsräume
diffusen Geräuschpegel unter. Auch die Anordnung der Absorber im Raum spielt eine
Rolle für die Raumakustik. Daher halten die Richtlinien auch hierfür Tipps bereit: In
Büros und Aufenthaltsräumen werden die Absorptionsflächen gleichmäßig verteilt,
während in Schulungsräumen die Wand hinter dem Vortragenden und die Mitte der
Decke von Absorbern frei bleiben sollten (siehe [2]). Diese Bereiche fungieren dann
als Reflexionsflächen. Dadurch kann man auch in mittelgroßen Räumen auf eine
Lautsprecheranlage verzichten. Ist die Sprache in einem Raum schlecht zu verstehen
und verwaschen, ist das ein Hinweis auf eine zu lange Nachhallzeit. Ist Sprache um-
gekehrt sehr klar zu verstehen, deutet es auf eine zu kurze Nachhallzeit hin. Ziel ist
es, Raumvolumen und Absorptionsflächen in ein ausgewogenes Verhältnis zueinan-
der zu bringen (siehe [3] und [4]).
Akustisch wirksame Decken und Böden bilden die Grundlage
Als mögliche Absorber kommen zunächst Decke und Boden infrage. Üblicherweise Die Absorptionsflächen sind grün dargestellt.
werden akustisch wirksame Produkte nach ISO 354 geprüft. In den Prüfzeugnissen
sind ihre schallschluckenden Eigenschaften als sogenannte Schallabsorptionsgrade
aufgelistet, für jede Frequenz einzeln (siehe [5]). Ein Schallabsorptionsgrad von 0 be-
deutet, dass ein Produkt den Schall komplett reflektiert; ein Schallabsorptionsgrad
von 1 heißt, dass das Produkt den Schall komplett absorbiert. Meist liegen die Werte wichtig zu wissen, dass sich der Schall kugelförmig um den Kopf ausbreitet, also auch
dazwischen. Die Schallabsorp tionsfläche eines Produktes entspricht damit seiner seitlich und nach hinten. Optimalerweise werden die Arbeitsplätze deshalb hinterein-
Fläche, multipliziert mit seinem Schallabsorptionsgrad (siehe [6]). Die Schallabsorp- ander angeordnet. Auf diese Weise kann eine Wand den Schall von zwei Personen ab-
tionsflächen aller Produkte werden dann addiert und bilden das Gesamtergebnis für fangen. Bei klassischen Doppelarbeitsplätzen, bei denen sich Mitarbeiter gegenüber-
den Raum. Diese Berechnung muss für jede Frequenz durchgeführt werden! Welche sitzen, empfiehlt sich im Rücken eine Stellwand oder ein Schrank. Teamarbeitsplätze
Absorber sind am effektivsten? Es zeigt sich, dass Akustikdecken über alle Frequen- sollen die Abstimmung der Mitarbeiter untereinander ermöglichen. Dies mit Zwischen-
zen hinweg viel Schall schlucken. Dazu bietet eine Decke die größtmögliche Fläche wänden zu unterbinden, macht also keinen Sinn. Hier können in großen Räumen kom-
zur Installation von Akustikelementen im Raum. Wände werden häufig gebraucht, plette Teams besser durch Schränke oder Raumteiler voneinander getrennt werden. In
um Schränke aufzustellen, und sind daher besser frei zu halten. Teppichböden hin- kleinen Büroräumen und in Besprechungsräumen rücken die Wandflächen in den
gegen wirken erst ab 2.000 Hz nennenswert. Sie sind damit weniger für die Absorp- Fokus. Um Flatterechos zwischen parallelen Wänden zu vermeiden, kommen Wand-
tion des Sprachschalls als für die Trittschalldämpfung interessant. Dies hängt mit absorber zum Einsatz. Sie können gleichzeitig zur dekorativen Raumgestaltung genutzt
ihrer Aufbauhöhe zusammen. Ein dünnes Produkt wie ein Teppich kann nur die kur- werden oder auch als Pinnwände, sofern genügend andere Absorptionsflächen vorhan-
zen, hohen Frequenzen absorbieren, während eine abgehängte Decke auch lange, den sind. Für Innenarchitekten ist es dabei immer eine Freude, wenn die Absorber aus
tiefe Frequenzen schafft. Die Kombination dieser beiden Maßnahmen kann zu einer einer Produktfamilie stammen, eine große Stoffauswahl zur Verfügung steht und die
guten akustischen Grundausstattung von Räumen führen. Zur groben Einordnung flä- Flächen formal und farblich aufeinander abgestimmt werden können. Abschließend
chenhafter Absorber wurde alternativ auch eine Bewertung akustischer Produkte noch eine Info zu Stellwänden: Da es sich um Produkte mit festen Abmessungen han-
nach den sogenannten Absorberklassen A bis E eingeführt. Da hier jedoch ein einzi- delt, werden in den Prüfzeugnissen bereits die entsprechenden Schallabsorptionsflä-
ger Wert das gesamte Produkt klassifiziert, handelt es sich um eine starke Vereinfa- chen pro Frequenz ausgewiesen. Dieser Berechnungsschritt entfällt also. Das Beispiel
chung, in der Abweichungen einzelner Frequenzen nicht klar erkennbar sind. Für einer Stellwand zeigt den typischen Absorptionsschwerpunkt solcher Produkte im Be-
akustische Gesamtkonzepte eignen sie sich deshalb nicht! reich von 500 bis 2.000 Hz (siehe [7]). Hieraus erklärt sich, dass ein Raum mit solchen
Elementen allein akustisch nicht in den Griff zu kriegen ist. Diese Produkte bieten keine
Wand- und Stellwandabsorber dienen der Optimierung Dämpfung der tiefen Frequenzen. Auch absorbieren sie in der Regel weniger Schall als
eine Decke. Man müsste schon sehr viele Stellwände einsetzen, um auf einen ver-
Neben der Nachhallzeit untersuchen Akustiker bei großen Büroräumen zusätzlich die gleichbaren Wert zu kommen. Ihre maßgebliche Bedeutung bei der Raumakustik liegt
Lautstärkeabnahme über die Entfernung im Raum. Stellwände, Schränke und Raum- daher in der Abschirmung und Schall-Lenkung. Akustik ist ein wichtiger Faktor der
teiler helfen dabei, Arbeitsplätze oder Zonen in größeren Räumen abzuschirmen. Da- Raumgestaltung. Ähnlich wie bei der Gestaltung einer Konzerthalle sollte künftig auch
durch verringert sich die Schallausbreitung. Ziel ist, die Sprachverständlichkeit auf das in Bürogebäuden bereits bei der Bauplanung die Raumakustik verstärkt berücksichtigt
direkte Umfeld zu begrenzen, um andere Personen nicht zu stören. Stellwände oder werden. Dann wäre auch hier Musik drin beziehungsweise der Grundstein für zufrie-
Tischaufsätze auf Arbeitsplätze sind dort empfehlenswert, wo in einer größeren Büro- dene Nutzer gelegt. Es lohnt sich also immer, mit dem Bauherrn eine Grundausstattung
fläche konzentriert gearbeitet werden soll. Ein Teil des Schalls kann damit schon an des Gebäudes mit akustisch wirksamen Decken und Bodenbelägen zu vereinbaren.
der Quelle eingefangen werden, während der reflektierte Restschall dann von der Weitere akustische Maßnahmen in Form von Wandabsorbern, Stellwänden und Raum-
Decke absorbiert wird. Bei der Einrichtung der Arbeitsplätze ist es darüber hinaus teilern können dann im Zuge der Nutzerplanung gezielt zum Einsatz kommen.
AIT 12.2019 • 151