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Entwurf • Design Wieland Egger, Stuttgart
                Wieland Egger                                                                     Bauherr • Client Ute und Wolfgang Mez ger, Eislingen
                                                                                                  Standort • Location Olga straße 12, Göppingen
                1962 geboren in Oberstdorf 1986-1988 Schreinerlehre in Sonthofen 1988-1989 Fachoberschule für Gestaltung in Augsburg 1992-1996 Architektur -  Nutzfläche • Floor space 1.200 m 2
                studium an der FH Stuttgart bis 1998 Mitarbeiter im Architekturbüro Bloss + Keinath in Winterbach bis 2001 Freier Architekt 2001-2016 Partner im  Fotos • Photos Andreas Körner, Stuttgart
                Büro K+H Architekten in Stuttgart seit 2016 Egger Kolb Architekten zusammen mit Peter Kolb und Hans Hagmann in Stuttgart  Mehr Information ab Seite • More information on page 146

































                Das behutsam sanierte Kaminzimmer dient als Entree. • Renovated fireplace room serves as the entrancehall.  Durch Wandabbrüche entstand eine Gemeinschaftsküche. • Tearing down walls produced a shared kitchen.


                D   ie frei stehende Villa mit verputztem Sockel und Ziegelwänden stammt aus dem Jahr  sen. Dafür musste zunächst eine großzügige Deckenöffnung geschaffen werden. Sie ermög-
                    1910. Seit her hatten mehrere Umbauten stattgefunden. Zuletzt befanden sich im Haus
                                                                              licht heute eine offene und attraktive Verbindung der beiden Geschosse. Ein Highlight ist
                fünf Wohnungen. Im Erdgeschoss war zudem ein Zahntechniklabor untergebracht. Als Ute  die freitragende Sichtbetontreppe, die aus einzelnen U-Elementen in beachtlichen Dimen -
                und Wolf gang Mezger das Haus übernahmen, sollte eine großzügige Gewerbeeinheit –  sio nen zusammengesetzt wurde. Der Beton ist anthrazit eingefärbt, die Oberfläche ge -
                bestehend aus Büros im Erdgeschoss und einer Modellbauwerkstatt im Untergeschoss –  wachst. Die Treppe bildet eine der wenigen dezidiert modernen Ergänzungen im Haus.
                als neue Heimat des Designbüros Wolfgang C. R. Mezger entstehen. Im Untergeschoss
                wur de zudem eine kleine Einliegerwohnung geplant. Im Ober- und Dachgeschoss wieder-  Symbiose aus historischem Bestand und moderner Nutzung
                um entstanden zwei großzügige Wohnungen, die jeweils die gesamte Geschoss fläche ein-
                nehmen. Die neuen Nutzungen machten in allen Geschossen größere Grundriss änderun -  Im Erdgeschoss blieb die vorgefundene Raumaufteilung weitestgehend erhalten. Aller -
                gen not  wen dig. Am umfangreichsten waren dabei die Eingriffe in die tragenden Wand -  dings wurden einige Zwischenwände zugunsten einer größeren Gemeinschaftsküche und
                struk   tu ren des Untergeschosses. Hier mussten Wände versetzt, neue Türdurch brüche ge -  zur  Schaffung  eines  großzügigen  Präsentationraumes  entfernt.  Zur  Verbesserung  der
                schaffen und Fensteröffnungen vergrößert werden. Auch ins Dachtragwerk wurde einge-  Belichtungssituation wurde in beiden Räumen zudem jeweils eine zusätzliche Fens ter -
                griffen, etwa um Stützen im Dachgeschoss rückzubauen und neue Dachfenster zu inte-  öffnung geschaffen. Die Ausführung erfolgte in Form der daneben liegenden Bestands -
                grieren. Darüber hinaus wurde das Dach neu gedämmt und eingedeckt. Alle Wände,  fenster – inklusive der aufwendigen Steineinfassungen der Außenfassade. Dazu wurde
                Decken und Böden des Hauses erfuhren eine umfassende Überarbeitung. Zudem wurden  eigens  ein  schon  in  Rente  befindlicher  Rohbaumeister  beauftragt,  der  die  historische
                sämtliche Fenster saniert und – falls notwendig – ausgetauscht. Bei allen Arbeiten wurde  Beton scharriertechnik der Erbauungszeit noch beherrschte und die Steingewände original-
                dabei auf eine sensible, denkmalgerechte Ausführung bis ins Detail größter Wert gelegt.  getreu nachbilden konnte. Auch die Flurwand zum Kaminzimmer wurde abgebrochen,
                Verloren  gegangene Fensterbeschläge wurden etwa durch  originalgetreue  Nachbauten  um hier eine großzügige Dielensituation im Zusammenhang mit dem Eingangsbereich zu
                ersetzt. Im Zuge der Arbeiten konnten auch die komplette Haustechnik erneuert und der  schaffen. Das offene historische Treppen haus zum Kaminzimmer musste wiederum aus
                Bestand den aktuellen Brandschutzvorschriften angepasst werden.   Brandschutzgründen geschlossen werden. Realisiert wurde die Abtrennung in Form einer
                                                                              passend zur Wandvertäfelung des Zimmers gestalteten Holzkonstruktion. Alle anderen
                Repräsentatives Designbüro in denkmalgeschützter Substanz     historischen Einbauten des Raumes wie Trennwände und diverse Einbau schränke blieben
                                                                              erhalten und wurden lediglich überarbeitet. Die eingehauste Bestandstreppe erlaubt über
                Die neue Werkstatt im Untergeschoss ist in zwei Bereiche getrennt. In der Gebäudetiefe  einen Nebenzugang die separate Erschließung der beiden oberen Wohnetagen. Im Zuge
                stehen die lärmintensiven Maschinen, die für die Modellerstellung notwendig sind – zum  der Sanierung wurde auch sie aufwendig gereinigt und Fehlstellen werden ergänzt. Die
                Beispiel Sägen und Fräsen, während sich der manuelle Modellbaubereich entlang der  vorgefundenen Parkett böden ließen sich hingegen nicht reparieren, erhielten jedoch einen
                Fassade erstreckt. Eine Glaswand schirmt die beiden Bereiche akustisch voneinander ab,  gleichwertigen Ersatz. Außer im WC sowie im Windfang wurde in allen Räumen Eichen-
                fasst sie jedoch optisch zusammen. Um ausreichend Licht in das Werkstattgeschoss zu lei-  parkett im Schiffsverband verlegt. Der original erhaltene Fliesenbelag im Eingangsbereich
                ten, wurden die bestehenden Fensteröffnungen vergrößert. Damit entstand eine attraktive  wurde hingegen aus gebaut, gereinigt und wieder eingebaut. Betrachtet man heute den
                und helle Werkstatt, die eine gute Arbeitsatmosphäre und ausreichend Licht bietet. Vor  Nutzen solch kleiner, feiner Details für die  Gesamtwirkung des Ensembles, findet der
                allem der Arbeitsbereich innerhalb des halbrund vorspringenden Gebäudeerkers eignet  damit verbundene Auf wand seine volle Rechtfertigung. Ausgeführt wurden Sanierung und
                sich durch seine gute Belichtung für filigrane Handarbeiten. Das vorhandene, große Stahl -  Umbau in enger Absprache mit dem Denkmalamt. So konnte – fast schon exemplarisch –
                fenster mit gebogenem Glas wurde dafür erneuert. Neben einem eigenen, ebenerdigen  ein gelungener Bogen zwischen denkmalgeschützter Substanz und einer zeitgemäßen Nut -
                Zugang wird die Werkstatt durch eine neue Treppe aus dem Erdgeschoss heraus erschlos-  zung als repräsentativem Designbüro mit Werkstatttrakt geschlagen werden.



                                                                                                                              AIT 10.2017  •  131
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