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Entwurf • Design K+H Architekten und Generalplaner GmbH, Stuttgart
                Wieland Egger                                                                     Bauherr • Client Stadt Köln, Gebäudewirtschaft
                                                                                                  Standort • Location Am Botanischen Garten 1a, Köln
                1962 geboren in Oberstdorf 1986–1988 Schreinerlehre Sonthofen 1988–1989 Fachoberschule für Gestaltung Augsburg 1992–1996 Architekturstudium  Fertigstellung • Completion Juni 2014
                an der FH Stuttgart bis 1998 Mitarbeiter im Architekturbüro Bloss + Keinath, Winterbach bis 2001 Freier Architekt seit 2001 Partner im Büro   Nutzfläche • Floor space 7213 m 2
                K+H Architekten GbR, Stuttgart; Projektleitender Partner Kontakt: www.kh-architekten.de  Fotos • Photos Jens Willebrand, Köln





































                Großer Saal: aufgearbeitete Gussstützen und Lüster • Large hall: Reconstructed cast-iron supports and lusters  Annex: LED-beleuchtete Blüten in der Decke • Annex: LED-illuminated flowers at the ceiling



                R   und 70 Jahre hat es gedauert. Im Juni 2014 war es so weit. Die Kölner Flora hatte  Beleuchtung sowie sämtliche Oberflächen visualisiert und schließlich vor Ort im Maß-
                    ihr Tonnendach wieder – wenn auch in modifizierter Form. Das ursprüngliche halb-
                                                                              stab 1:1 bemustert und überprüft. Die restaurierten und überarbeiteten Kronleuchter aus
                runde Glasdach war im Zweiten Weltkrieg zerstört und in den 1950er-Jahren durch ein  den 1950er-Jahren beschwören in nostalgischer Weise die Stimmung vergangener Zeiten.
                Flachdach ersetzt worden. Anstelle des Glasdachs thront nun ein mit Zinkblech gedeck-  Darüber hinaus sorgt modernste Lichttechnik dafür, dass der weiß getünchte Saal mit
                tes Halbrund über dem denkmalgeschützten Baukörper. Ener getische und schall -  den Rundbogenfenstern in unterschiedliche Farb- und Lichtstimmungen getaucht wer-
                schutztechnische Gründe sprachen aus heutiger Sicht für diese  Variante. Das neue  den kann. Massives Eichen parkett –  wie im Salon mit quadratischen Intarsien aus
                Tonnengewölbe krönt den lang gestreckten repräsentativen Kuppelsaal. Rosettenartige  Räuchereiche aufgewertet – bereitet im wahrsten Sinne des Wortes einen stabilen, par-
                Fenster in den Stirnseiten entfalten in der Fassade und im Salon ihren besonderen  tytauglichen Boden für Feste, Banketts oder Preisverleihungen mit zahlreichen Gästen.
                atmosphärischen Reiz. Im Kopfkino werden Glanz und Glamour der Gründerzeit leben-  In innenarchitektonischen Fragen stand den Architekten, Denk malschützern und Bau -
                dig. Nostalgischer Charme, den kein Neubau  zu erzielen  vermag – es sei denn,  herren die Kölner Innenarchitektin Dorothee Spitz beratend zur Seite. Eng war auch die
                Jahrzehnte später! Die Geometrie des gekreuzten Tonnendaches lässt einen feierlichen,  Zusammen arbeit zwischen Wieland Egger und dem Denkmalschutz. Gemeinsam mit
                kathedralenartigen Raumeindruck entstehen. 250 von der Decke abgehängte Leucht -  dem Bauherrn und dem Betreiber KölnKongress – einer Tochtergesellschaft der Stadt
                kugeln tun ein Übriges. Die  wie überdimensionale Regentropfen  wirkenden Bocci-  Köln und der Koelnmesse – wurde entschieden, dass die ehemalige Orangerie von sämt-
                Leuchten inszenieren ein märchenhaftes Lichtspiel. Eichenparkettböden mit Intarsien  lichen im Laufe der Jahrzehnte angesammelten Anbauten befreit werden sollte. Diese
                aus Räuchereiche, hochwertige Textiltapeten, Steinfliesen und nicht zuletzt ein pracht-  Annexe wurden durch ein einziges neues Gebäude ersetzt. Selbiges erstreckt sich in
                voller Blick auf den Botanischen Garten verleihen dem Dachsalon sein erhabenes Flair.   Form eines zweigeschossigen Riegels mit bedruckten Glasfassaden parallel zur histori-
                                                                              schen Flora. Untergebracht sind  darin neue Saal- und Foyerflächen, die dank ihrer
                Feierlicher Auftakt                                           geschosshohen Verglasung von einem schönen Blick in die Natur profitieren. In die
                                                                              abgehängten Decken wurden – in Anspielung auf die einstige Orangerie und analog zum
                Bereits das Entree  versetzt die Gäste in Feststimmung. Über dem Eingang liegt ein   Namen Flora – Reliefs aus Blüten und Blättern integriert. LED-Lichtbänder unterstreichen
                großes, ovales, illuminiertes  Glasdach. Geschwungene  Treppenläufe führen auf die  diese Motive. Eichenparkett – hier im Schiffs verband verlegt –, hochwertiger Steinboden
                Terrasse. Solnhofener Bodenplatten, holzverkleidete Garderoben und eine illuminierte  sowie Textiltapeten bestimmen darüber hinaus die Atmosphäre. Aus (innen-)architekto-
                Glasperlendecke  zeugen  von einer edlen, durchdachten Materialauswahl im Innen -  nischer Sicht hatte das Ambiente oberste Priorität. Denn dieses entscheidet, abgesehen
                raum. Skulpturale Treppenläufe geleiten die Gäste sodann über 23 Meter in die Höhe.  von Lage und Service,  wesentlich über den Erfolg einer  Veranstaltungslocation.
                Bei der Fahrt mit den Panoramaaufzügen genießen die Besucher einen Blick in den  KölnKongress muss es wissen. Die GmbH ist mit acht außergewöhnlichen Locations der
                Botanischen Garten und seine Umgebung. Dabei ziehen vor dem Auge des Betrachters  größte Anbieter von Veranstaltungsräumen in Köln. Mit der Flora kam Platz für 2000
                auch die historischen Fassaden mit ihren großen Glaselementen vorüber – eine Zeitreise  Personen in gründerzeitlichem Flair hinzu. Fünf Räume für 50 bis 850 Personen stehen
                in die Vergangenheit. Wie aus dem 19. Jahrhundert mutet auch das Erdgeschoss an. Dort  hier zur Verfügung, ausgestattet mit neuester Haus- und Veranstaltungstechnik. Dazu
                wurde der hohe Ballsaal wieder zum Leben erweckt. Dazu ließen K+H Architekten als  addieren sich die über dem Sockelgeschoss liegenden großzügigen Terrassen, die sich
                Reverenz an das ursprüngliche Palmenhaus die historischen Glasstützen wiederherstel-  gastronomisch nutzen lassen. Vor allem in der nun kommenden warmen Jahreszeit
                len und durch Licht in Szene setzen. Um ein optimales Ergebnis zu erzielen, wurden die  begehrte Freiflächen mit Blick ins Grüne ...



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