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Entwurf • Design Arnau estudi d’arquitectura, ES-Olot
Bauherr • Client Olot City Council
Standort • Location C. Dr. Fàbregas 6, ES-Olot
Nutzfläche • Floor space 343 m 2
Fotos • Photos Marc Torra, ES-Olot
Mehr Information ab Seite 144 • More information on page 144
von • by Christine Schröder
D ie spanische Stadt Olot liegt im Pyrenäenvorland mitten in der Region Katalonien
und ist sowohl kunst- und kulturhistorisch als auch landschaftlich bedeutend.
Touristen besichtigen hier Kirchen, Klöster, Herrenhäuser, Galerien und Museen oder
genießen beim Wandern im Naturschutzpark die imposante Vulkanlandschaft von der
Olot umgeben ist. Über Land und Leute können sich die Besucher des Ortes seit Neue-
stem in historischem Gemäuer informieren. Im Zuge der Umnutzung des vormaligen
Krankenhauses Hospital de Sant Jaume in ein Altersheim sind die straßenseitig gelege-
nen Lagerräume der ehemaligen Küche frei geworden. Hier, inmitten der Alt stadt, hat das
ortsansässige Architekturbüro Arnau estudi d’arquitectura eine neue Anlaufstelle für
Touristen geschaffen. Zahlreiche Um- und Anbauten haben das, um 1550 erbaute Ge -
bäude im Laufe der Jahrhunderte verändert. So wurde beispielsweise einer der Zu gänge
zum Innenhof während einer Erweiterung des Krankenhauses in den 1960er-Jahren
geschlossen. Architekt Arnau Vergés i Tejero hat mit seinem Ent wurf gleich zwei neue
Zugänge zu dem, von kreuzgangähnlichen Arkaden umgebenen Hof mit viel Aufenthalts -
qualität geschaffen. Um die, für eine der Öffnungen vorgesehene Wand durchbrechen zu
können, musste sogar eine Marienstatue versetzt werden. Sie lächelt den Vorbeigehen-
den nun, dem Rhythmus der Fenster eine Ecke weiter folgend, milde zu. Die vormals
heruntergekommene Fassade erstrahlt heute ab dem ersten Ober geschoss in elegantem
Hell grau. Im Erdgeschoss dagegen wird die neue Funktion von einer offenen Struktur aus
vertikal angebrachten Metallstäben betont. Die nun dahinterliegende Fassade wurde im
Zuge der Bauarbeiten von ihren Farbschichten befreit, zum Vorschein kam ein histori-
sches Bruch stein mauerwerk, das in direktem Gegensatz zu dem glatten Metall steht, von
dem auch sämtliche Öffnungen gerahmt sind.
Tor zur Landschaft – den Flair nach innen geholt
Bevor die einzelnen Funktionen der Tourist-Information in ihrer neuen Niederlassung
angeordnet werden konnten, musste der Bereich zunächst komplett entkernt und von
Hinterlassenschaften befreit werden. Zum Vorschein gekommen ist ein lang gezogener
Gewölberaum mit allerhand Zeitschichten. Eine besonders spannende Schicht wurde am
Boden unter einer dicken Glasscheibe erhalten. Neue wie bestehende Öffnungen sind
großformatig mit Glas geschlossen, das von einem schmalen Metallrahmen gehalten
wird. Lediglich Zugänge sind durch edle Holzrahmen kenntlich gemacht. Die dicken Nachdem man sich im Merchandising-Shop mit Souvenirs ... • After stocking up on souvenirs in the shop …
Wände wurden ebenso wie die Gewölbedecken weiß gestrichen, am Boden kam mit
... eingedeckt hat, lädt der ruhige Innenhof zum Verweilen. • ... the peaceful inner courtyard invites to linger.
Vulkangestein versetzter Beton zum Einsatz. Lose eingestreute Vulkankiesel füllen die
Dehnungsfuge zur Wand, ersetzen funktional die Sockelleiste und bringen zudem
Atmosphäre mit Lokalbezug. Vorgefundene Höhensprünge, die heute über in Metall
gefasste Treppenstufen überwunden werden, machte sich der Architekt zunutze, um den
lang gezogenen Raum zu zonieren. Sämtliche Möbel wie Regale, Tresen und Ablagen sind
aus Eichenholz in Kombination mit dunklem Metall gefertigt. Zu beiden Seiten flankieren
Tresen, Sitzbänke, Ablagen und Regale den Raum. Der Besucher wird ganz selbstver-
ständlich durch die Sequenz an Angeboten geleitet. Im Zentrum des Geschehens befindet
sich die klassische Beratung. Die Stühle und Leuchten mit Korbgeflecht wurden von
einem lokalen Designer entworfen und gefertigt. Daneben wird der Besucher eingeladen,
die Gegend interaktiv zu erleben. Auf einem Bildschirm oberhalb des, im Boden einge-
lassenen Zeitfensters erscheinen Kurzfilme und Impressionen, daneben kann an Tablets
auf eigene Faust recherchiert werden. Auf der gegenüberliegenden Seite hält der hausei-
gene Shop allerhand Merchandise-Artikel aus Olot bereit – vom Souvenir über die Kaffee-
tasse bis hin zum Wanderstock ist alles erhältlich. Mit dem Bezug zu lokalen Materialien
und der Konzentration auf die behutsame Einbindung des historischen Gebäudes ist ein
authentischer Ort gelungen, der dem vom Architekten gewählten Namen „Tor zur
Landschaft“ durchaus gerecht wird. Und neben den Informationen zur Gegend erhält der
Besucher im angeschlossenen Café mit Bestuhlung im öffentlich zugänglichen Innenhof
ganz nebenbei auch Einblicke in das Leben der Bewohner von Olot.
AIT 1/2.2017 • 127