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VERKAUF UND PRÄSENTATION • RETAIL AND PRESENTATION THEORIE • THEORY
künstlich wie eine Mall, aber mit der offenen Wegeführung wirkt es wie eine Fußgän -
gerzone. Eingebettet ins Grün verlieren die fachmarktgroßen Läden ihre Wucht. Und
auch wenn der Konsum dominiert, fühlt man sich spätestens nachts, wenn die Fontänen
zu Licht und Musik tanzen, so ergriffen wie beim Feuerwerk in Disneyworld: der krö-
nende Abschluss eines erlebnisreichen Tages!“ Rund 23 Projekte dieser Art hat der
Pariser Entwickler in Frankreich bereits realisiert oder in seiner Pipeline. Die rasante
Ausbrei tung der Open Sky Center spricht für zweierlei: Kommunalverantwortliche sind
den Wildwuchs leid, der ihre Stadteingänge verschandelt. Mancherorts sind es sogar sie,
die von den Entwicklern Aufräumhilfe erbitten. Und es zeigt, dass urbane Aufent -
haltsqualität nicht länger Privileg der Kerngebiete ist, sondern kooperative Formen der
Stadtentwicklung entstehen. „Egal wo, jedes Viertel sollte eine ganz eige ne Qualität aus-
bilden, die es attraktiv macht“, beschreibt Waves-Architekt Ranaulo seine Idealstadt mit
Veddeln für Studenten, Künstler, Luxus- oder Naherholer, die sich in seinen Retor -
tenlandschaften vergnügen.
Park statt Parkplatz: In Sainte-Geneviève-des-Bois entsteht ... • Park instead of car park: the Valvert ...
Noch fehlt den deutschen Stadträndern die urbane Qualität
... das Valvert nach Plänen von Parreira und Virga mit Philippe Starck. • ... in Sainte-Geneviève-des-Bois.
Dass die Gestaltungsansprüche an Stadtanfahrten auch in deutschen Kommunen wach -
sen, bestätigt Architekt Maas aus seiner Praxis. Aber vergleichbar sind die Fach markt -
entwicklungen nicht: Hierzulande dominiert die Modernisierung gewachsener
Strukturen. Dazu kommen ein Baurecht, das der Handelsentwicklung notorisch hinter-
herhinkt, und Stadtplaner, die den New Urbanism gern per se als künstliche Retor tenwelt
verteufeln. „Wer Aufenthaltsqualität jenseits der City einfordert, wird erst einmal unter
Generalverdacht gestellt, die Ortsmitte zu schädigen“, beschreibt Stadt planer und Pro -
fessor Wolfgang Christ die typische Kommunalattitude. „Aber in Deutsch land muss man
endlich akzeptieren, dass in vielen Klein- und Mittelstädten Fachmarktkonzepte die
Marktfunktion übernehmen, weil die gewachsene City den Händlern keine Flächen von
ökonomischer Überlebensfähigkeit bieten kann.“ Was Bürger hier vorfinden, nennt
Christ: „Fachmärkte in der Leere und Leere in der Mitte!“ – „Kommune und Handel sind
in der Bringschuld, für Atmosphäre in der neuen und Leben in der alten Mitte zu sorgen“,
taxiert er den Handlungsbedarf. Der digitale Wandel begünstige ein Umdenken, aber die
Furcht vorm stadtvernichtenden Umland sitzt tief. Sein Rat an engagierte Planer: Lernen
vom Supermarkt! Die Strategien der Supermärkte demonstrieren, wie man Kunden
über Atmosphäre und Aktionen statt nur über Ware bindet. Jüngstes Beispiel ist der
3.000-Quadratmeter-Rewe in Heidelberg. Baulich sind Ästhetik und Eventflächen, aber
auch Radwege und ÖPNV-Anbindung gefordert. Denn dass Fachmärkte reine
Autofahrerorte sind, ist nachweislich ein Mythos. Märkte zu Marken machen! Zwar tritt
die pure Einkaufsfunktion immer mehr hinter der räumlichen Gestaltung zurück. Aber
nicht Schönheit allein, sondern das Besondere sichert Wettbewerbsfähigkeit. Das Waves
identifiziert man mit Wasser, Herz und Grün – was es deutlich von anderen Orten abhebt.
Gestaltungshoheit zurückerobern! Die Digitalisierung hat eine analoge Seite. Je vir -
tueller die Welten, umso wichtiger werden Authentizität, Ambiente und Ästhetik in der
Realen. Architekten sind heute in der komfortablen Situation, sich Gestaltungs hoheiten
zurückerobern zu können. Die waren mit der Entwicklung von Läden zu effi zien ten
Verkaufsmaschinen verlorengegangen.
I n the past, it was all about: where things are cheap, it also looks cheap. Discounters
looked correspondingly scruffy. Today, one cheap supplier after the other shakes off
Ein bisschen Disneyland: das Sophia Antipolis in Valbonne ... • A little bit of Disneyland: Sophia Antipolis ... the rummage image: in 2009, Kodi started the trading-up series, and Aldi-Süd was the
last big chain to present its design offensive last May. Clearing up and making room is
.... von Ranaulo und das Pace in Rennes von Parreira und Virga. • ... in Valbonne and the Pace in Rennes.
the motto of redesign: shelves are getting lower, aisle wider and ceilings higher. Pale
neon spots make way for real or artificial daylight and unpleasant bargain counters are
banished in favour of well-ordered displays. Where ceiling banners ones caused irrita-
tion, catchy signs and symbols above the goods now point the way. Clearly ordered by
shape, colour or theme, goods are presented more desirously and shop floors more invi-
tingly than ever. Discounters are the most important renters of retail parks. So it does
not come as a surprise that the new pleasure in design also affects these functional
boxes, at least those that are confronted with decreasing numbers of visitors or with
long-term rental contracts expiring in the foreseeable future. And where space and the
Abbildungen: Compagnie de Phalsbourg half retail market, half shopping centre. Architect Michael Maas explains how this is
approval situation permit it, functional sales machines turn into so-called hybrid malls:
done. His office modernised the ‘Weser- und Ruhrpark’ and is currently working on the
‘Havelpark’ and ‘Kaufpark Eiche’, where glass lifts, playground and ice parlours will
turn the entrance area from a distribution zone into an inviting gesture. Inside, food
court, event area and cosy seating areas loosen up the staccato of stores.
124 • AIT 1/2.2017