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BÜRO UND VERWALTUNG • OFFICE BUILDINGS

































            SILVERCURTAIN OFFICE

            IN MÜNCHEN



            Entwurf • Design Buero Wagner, München


            Das umgebaute Büro findet sich im Münchner Stadtteil Au, im Hinter-
            hof eines Gebäudes aus der Jahrhundertwende. Da die zur Verfügung
            stehende Fläche im Erdgeschoss nicht ausreichte, schlugen die Archi-
            tekten die darunter liegenden Kellerräume dazu. Sie erreichten nicht
            nur die notwendige Flächenerweiterung, sondern auch die zuneh-
            mend wichtiger gewordene Vereinbarkeit von Wohnen und Arbeiten.



            von • by Ulrike Nicholson, Tübingen
            D   as Potenzial von innerstädtischer Nachverdichtung mittels Dachausbauten und
                Aufstockungen ist vielerorts erschöpft oder behördlich begrenzt. Auf der Suche
            nach Alternativen rücken vermehrt die Kellergeschosse in den Fokus. So auch bei dem
            Büroumbau in München: Die Architekten Fabian Wagner und Louise Daussy vom
            Buero Wagner erschlossen sich zusätzliche Fläche im Untergeschoss, indem sie diese
            über einen Deckendurchbruch mit dem Erdgeschoss verbanden. Der so entstandene
            Luftraum mit einer offenen Treppe verbindet die Ebenen und lässt Tageslicht nach
            unten dringen. Außerdem wurde ein Fenster nach unten hin vergrößert. Über Gitterro-
            ste gelangt man vom Wohnhaus in die umgebaute Einheit. Dieser unmittelbare Zugang
            sowie diverse Blickbeziehungen zu den neu geschaffenen, gewerblichen Räumen ist
            erwünscht. Das Projekt wurde während der Corona-Pandemie realisiert und sollte ein
            Ineinandergreifen von Wohnen und Arbeiten an einem Ort möglich machen. Von der
            eigentlichen Nutzung lenken zunächst mehrere, silbern glänzende Vorhänge ab. Sie
            verhindern die Sicht auf die Küche, die Lagerregale sowie die Durchgänge zu WC und
            den Abstellkammern. Es handelt sich dabei um eine Aluminiumdampfsperre, die sonst
            bei Dachaufbauten die Konstruktion luftdicht macht und Feuchtigkeitsschäden im
            Dachtragwerk verhindert. Hier trägt ihre spiegelnde Oberfläche dazu bei, die schlich-
            ten Räume zu gestalten und die Situation heller wirken zu lassen. Auch die zweite Vor-
            hangschicht besteht aus zweckentfremdetem Material – als Luftpolsterfolie dient sie
            üblicherweise der Verpackung von zerbrechlichen Gegenständen. So eingesetzt bietet
            sie Sichtschutz und lässt gleichzeitig ausreichend Licht ins Innere. Bei den neuen Ein-
            bauten und Möbeln – aus verzinkten Gitterrosten entworfen und erstellt – wird der Sil-
            berlook fortgeführt. Im Kontext des Büroumbaus verleihen diese Materialien einen ab-
            strakten und auch etwas provisorischen Charakter. Ein Effekt, den die Architekten
            durchaus erreichen wollten – um damit die Frage nach der Aneignung und Abgeschlos-
            senheit ihrer Baumaßnahme gewissermaßen offen zu lassen.

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