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WOHNEN  •  LIVING

































           SIEDLUNGSHAUS-UMBAU

           IN BRÜSSOW


           Entwurf • Design Klöpfel Zeimer Architekten, Berlin



           Die Uckermark, im Nordosten Brandenburgs, ist geprägt durch ihre
           sanft hügelige Landschaft mit vielen Seen, Wäldern und Mooren.
           Inmitten dieser in sich ruhenden Idylle, am Rand einer kleinen Ort-
           schaft, steht ein frisch umgebautes Siedlerhaus aus den 1950er-Jahren.
           Während von außen kaum Veränderungen sichtbar sind, fand im Inne-
           ren eine bemerkenswerte Transformation statt.



           von • by Ulrike Nicholson, Tübingen
           D   as zweigeschossige Siedlerhaus hatte im Laufe der Jahrzehnte durch verschiedene
               bauliche Anpassungen allmählich an architektonischer Klarheit verloren. Als Klöp-
           fel Zeimer Architekten mit der Planung des Umbaus beauftragt wurden, ergriffen sie
           die Chance, Verstecktes freizulegen und neue räumliche und ästhetische Qualitäten zu
           schaffen. Zentraler Gedanke ihres Entwurfs war die Verlegung der Treppe, die die beiden
           Wohngeschosse verbindet. Ein folgenreicher Eingriff: Während die Treppe früher an der
           Außenwand positioniert war und wertvolle Aussichten ins Freie verschenkte, befindet sie
           sich heute im Zentrum des Hauses. Die Fassade konnte dadurch großzügig geöffnet wer-
           den, was den Wohnraum noch intensiver als zuvor mit der umgebenden Landschaft ver-
           knüpft. Und die Verlegung der Treppe zog noch mehr nach sich: Sie veränderte Grundriss
           und Raumwirkung grundlegend. Der Einbau aus Sichtmauerwerk ist nun das skulpturale
           Herzstück in einem entrümpelten, von festen Trennwänden befreiten Haus. Er integriert
           nicht nur eine präzise zum Mauerwerk konstruierte Holztreppe, sondern auch einen
           Kaminofen und Schiebetüren. Der Gebäudekern erschließt die beiden Stockwerke aus der
           Mitte heraus, darum herum entwickelt sich ein offenes Gefüge ineinander übergehender
           Wohnbereiche mit unregelmäßigen Grundrissen. Für Abwechslung sorgt auch das Zusam-
           menspiel von bestehenden und hinzugefügten Materialien und Oberflächen. Neue und
           alte Holzkonstruktionen – mit und ohne Farbanstrich – treffen auf Sichtmauerwerk, einen
           glatten hellgrauen Zementboden im Erdgeschoss und lehmverputzte, naturbraune Wände.
           Weiße Kücheneinbauten, filigran in Edelstahl gerahmt, fügen sich in das Materialspiel
           ein. Ebenso die perforierten Faltläden aus pulverbeschichtetem Stahl, die mit reizvollem
           Licht- und Schattenspiel den Raum beleben. Die jungen Berliner Architekten verliehen
           dem von außen weiterhin nüchtern in Erscheinung tretenden Bau aus den 1950er-Jahren
           ein kraftvolles Inneres. Diese gestärkte, neue Ausstrahlung passt zum Selbstverständnis
           der Uckermark und dem besonderen Lebensgefühl inmitten einer der einsamsten und
           schönsten Gegenden Deutschlands, ohne die ursprüngliche Identität zu verlieren.

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