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r STOCKHOLM


                   bis 13.01.19 Public Luxury – Wer denkt bei diesem Titel nicht an Prestigeobjekte
                   im öffentlichen Raum? An ästhetische, mit öffentlichen Geldern finanzierte                         PURE            IS3
                   Museen, Opernhäuser, Bibliotheken und Plätze, die hervorragende Postkarten -
                   motive  abgeben.  Genau  darum  geht  es  der  Ausstellung  im  Stockholmer
                   Architektur- und Designmuseum ArkDes aber nicht, sondern um die sozialen         READY. SIT. GO!
                   Heraus forderungen und Interessenkonflikte rund um den öffentlichen Raum.
                   Gezeigt  werden 28 Projekte schwedischer Architekten und Designer – 27 in
                   Schweden, eines in Norwegen. Vorgestellt wird der erste über Crowdfunding finan -
                   zierte schwedische Mietwohnungsbau, der 2019 in Västerås bezogen werden soll.
                   Der energieeffiziente, von den Architekten Kjellgren Kaminsky und Hans Eek ent-
                   worfene Holzbau soll rund 15 Prozent günstigere Mieten anbieten als vergleichba-
                   re, frei finanzierte Neubauten und stellt damit ein Novum im Kampf um bezahl-
                   baren städtischen Wohnraum dar. Welche Folgen der wirtschaftliche Motor einer
                   Region, nämlich der Erzabbau, für eine ganze Stadt haben kann, zeigt „Kiruna
                   Syndrome“. Bis 2040 wird die nördlichste Stadt Schwedens rund fünf Kilometer
                   nach Osten verlegt. Bau historisch betrachtet bleibt dabei einiges auf der Strecke,
                   zumindest der Rathausturm  wird gerettet und transferiert. Dem allmählichen
                   Verschwinden einst omnipräsenter Stadtmöbel spürt „Collective Memory/Dead
                   ringer“ nach. Das Architekturteam Norell/Rodhe thematisiert darin das Aussterben
                   der schwedischen Telefon häuschen. Einst erlaubten diese mitten im Public Space
                   intime Gespräche auf kleinstem Raum – im Zeitalter der Handy-Mithörkultur kaum
                   mehr bekannte, private Inseln im öffentlichen Raum! Karin Ekbergs Film über
                   einen Imbiss in Oskarshamn, Småland, demonstriert hingegen, wie wichtig für
                   das soziale Leben eine architektonisch zwar nicht eben attraktive, doch alteinge-
                   sessene Snackbar sein kann. Zugunsten von mehr Parkplätzen und politischen
                   Profit-Ambitionen soll Mustafa Türkkans Existenz grundlage weichen. Es ist nicht
                   das erste Mal, dass Kämpfe um den Fortbestand scheinbar belangloser Hotdog-
                   und Eisstände in Schweden in den sozialen Medien ausgefochten werden. Zu ver-
                   hindern wussten 22 Anwohner auch Jonas Dahlbergs Denkmal für die Opfer des
                   Attentats auf der norwegischen Insel Utøya (Bild unten). Der vom schwedischen
                   Künstler vorgeschlagene  öffentliche  (Gedenk-)Raum  „Memorial wound“ wird
                   Makulatur bleiben. Public  Luxury beleuchtet ein breites Spektrum sozialer
                   Themen und ist absolut sehenswert! Der Ausstellungsort – Stockholms Insel
                   Skeppsholmen, eine Insel der Ruhe im öffentlichen Raum – ist es sowieso.

                   ArkDes – The Swedish Centre for Architecture and Design
                   Skeppsholmen, Stockholm
                   www.arkdes.se











                Illustration Memory Wound: Jonas Dahlberg                         Design: B4K Andreas Krob + Joachim Brüske











                                                                                 INTERSTUHL.COM/PURE
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