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Entwurf • Design phalt Architekten, CH-Zürich
Bauherr • Client Solothurner Ruderclub, CH-Solothurn
Standort • Location Römerstrasse 29, CH-Solothurn
Nutzfläche • Floor space 600 m 2
Fotos • Photos Roger Frei, CH-Zürich (1-7), phalt (8)
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Der helle Clubraum mit vorgelagertem Freisitz bietet ... • The bright club room with a terrace in front provides ... ... ausreichend Platz für Pausen und geselliges Beisammensein. • ... ample space for breaks and social gatherings.
von • by Christine Schröder
D er Solothurner Ruderclub blickt auf eine lange Tradition zurück. 1910 gegründet, dem Fluss abgewandten Seite des Bootshallentrakts sorgen heute im Dachraum für aus-
reichend Frischluftzufuhr und Tageslicht. Dem Raster der Konstruktion folgende, boden-
errichtete er bereits 1911 ein eigenes Bootshauses, das 1919 einem größeren Neubau
wich und im Laufe der Jahrzehnte entsprechend aktueller Bedürfnisse immer wieder tiefe Öffnungen in beiden Längsfassaden der Halle bringen Tageslicht auch ins ebenerdig
erweitert wurde. Das äußere Erscheinungsbild des im Heimatstil errichteten Holzbaus liegende Bootslager und gewähren durch das vorgesetzte perforierte Blech hindurch Aus-
am Ufer der Aare blieb dabei weitestgehend erhalten. Nach fast 100 Jahren im Betrieb und Einblicke. Hell ge strichene, auf der dunklen Holzschalung der Fassade aufgebrachte
hatte das baufällige Gebäude ausgedient. Erfolglose Versuche, die Bau geneh m i gung für Deckleisten laufen da rüber hinweg, wodurch die Öffnungen von außen subtil erlebbar
eine Erweiterung zu erhalten, führten den Vorstand schließlich zu phalt Archi tekten aus sind. Kupferfarbenes Stahl blech, mit dem die Gauben gefasst und Elemente wie Regen -
Zürich, die mit der Erneuerung des Bootshauses betraut wurden. Der projekt ver ant wort - rinnen und Fallrohre geformt wurden, runden das harmonische Bild elegant ab.
liche Partner Mike Mattiello hat den architektonischen Wert der historischen Immo bilie
mit einem lang gezogenen Bootslager entlang des Ufers, einem steilen Walm dach und Reduzierter Materialeinsatz im Innenraum
einem weit über das Wasser ragenden Altan erkannt und die Kubatur im Entwurf fortge-
führt. Darüber hinaus war dem Architekten bewusst, dass die Bauge nehmigung aufgrund Der Innenausbau erfolgte bis auf den Umkleide- und Nassbereich konsequent mit Drei -
der Lage in einer Freihaltezone mit vorherrschendem Ufer schutz dadurch gute Chancen schichtplatten aus hellem Fichtenholz. Ein Anstrich aus Nadelholzlauge hält den Ver -
haben würde. Das Baurecht schreibt in diesem Bereich vor, dass bestehende Bauten gilbungsprozess auf natürliche Weise auf, wodurch das helle Aussehen des Holzes be -
lediglich erneuert, teilweise geändert oder angemessen erweitert werden dürfen. Die wahrt bleibt. Die anschließende Behandlung mit einer Holzbodenseife bringt wider-
Strategie ging auf, der Neubau wurde bewilligt und dient den Mitglie dern seit Mai dieses standsfähige, diffusionsoffene, schmutz- und wasserabweisende Oberflächen und ver-
Jahres als komfortabler Treffpunkt und zeitgemäße Trainingsstätte. spricht eine lange Lebens dauer. Ein bis unter das Dach offenes Treppen haus – zwischen
dem ins Wasser ragenden Kopfbau und der Halle – verbindet sämtliche Ebenen mitein-
Respektvoll fortgeführt und intelligent erweitert ander. Der gemütliche Clubraum im Kopfbau wird durch einen Freisitz mit Blick auf die
Aare erweitert. Im Dachgeschoss direkt darüber ist ein Fitness raum entstanden, so kann
Erhalten werden konnte das Stahltragwerk in der Aare, über dem der Altan thront. auch bei schlechtem Wetter mit vollem Einsatz für den nächsten Wettkampf trainiert wer-
Während das Untergeschoss in Stahlbeton ausgeführt wurde, sind sämtliche Bauteile den. Die Fläche über der Halle stellt nun getrennte Um kleide- und Duschräume bereit.
darüber aus Fichtenholz konstruiert. Im Gegensatz zur Fassade, wo der Heimatstil von Frauen sind erst seit 1981 als Mitglied zugelassen und so mussten die weiblichen Mit glie -
1919 adaptiert und verfeinert umgesetzt wurde, erlebte das Innere eine komplette Neu - der bis dato mit einer nachträglich eingebauten, unbeheizten Garderobe unter dem Dach
organisation, zugeschnitten auf die heutigen Bedürfnisse des Ruderclubs. Die große auskommen. Ein fugenlos ein gebrachter PU-Belag in frischem Blau bringt in der an son -
Herausforderung war dabei, dem gestiegenen Raumbedarf für mehr als 200 aktive Mit - sten hölzernen Um gebung Farbe an den Boden und im Duschraum sogar an Wän de und
glieder gerecht zu werden. Diesen galt es innerhalb des vorgefundenen Volumens zu Decke. Wenngleich vielfach diskutiert wird, ob die Übernahme des historisierenden Bau -
schaffen. Dafür wurden die Bodenplatte der 40 Meter langen Bootshalle um 60 stils die richtige Lösung für einen Neubau ist, haben die Architekten an dieser Stelle nicht
Zentimeter abgesenkt und der Aufbau der Konstruktion optimiert, um auch das Dach - nur dem gestalterisch wertvollen Vorgängerbau, sondern auch der Umgebung mit dieser
geschoss effektiv nutzen zu können, denn die Höhe des Dachgiebels musste laut Entscheidung Respekt gezollt. Aus ihrer neuen Basis heraus können die großen und klei-
Verordnung ebenfalls beibehalten bleiben. Fünf Schleppdachgauben an der nördlichen, nen Ruderer ihren dynamischen Team sport inmitten der Natur noch lange genießen.
AIT 11.2017 • 125