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VERKAUF UND PRÄSENTATION  •  RETAIL AND PRESENTATION LITERATUR •  LITERATURE


































            bdia Handbuch 2021/22                    Architektinnen · BDA                     Sorge um den Bestand


            Ein Jahr ist seit der Veröffentlichung des letzten Hand-  Begleitend zur gleichnamigen Werkschau in der BDA  Für ein weiteres brandaktuelles Thema macht sich auch
            buchs des bdia vergangen. Ein Jahr, in dem wir – und si-  Galerie in Berlin erscheint die Publikation Architektin-  diese Publikation des BDA stark: Ergänzend zur gleichna-
            cher  nicht  nur  InnenarchitektInnen  –  erneut  gemerkt  nen · BDA. Der Beitrag zum Festival „Women in Archi-  migen Ausstellung im Deutschen Architekturzentrum DAZ
            haben, welch enorme Wichtigkeit die Gestaltung von  tecture Berlin 2021“ präsentierte die geballte Kompe-  Berlin und an der TU München trugen die Kuratoren Olaf
            Räumen hat. Wir erfuhren abermals, was für ein Luxus si-  tenz des Berliner Landesverbandes. Rund 50 Architek-  Bahner, Matthias Böttger und Laura Holzberg diverse Fa-
            cherer Wohnraum ist, was wir vermissen, wenn öffentli-  tinnen folgten dem Aufruf des Kuratorinnen-Teams und  cetten einer durchaus brennenden „Sorge um den Be-
            che Orte nicht mehr zugänglich sind und sich das Leben  stellten ihre Arbeit in der Galerie aus, welche nun in  stand“ in Buchform zusammen. Anhand dieser können –
            auf die eigenen, plötzlich sehr engen vier Wände be-  einem Buch zusammengefasst und veröffentlicht wurde.  und sollten! – ArchitektInnen und StadtplanerInnen (vor
            schränkt. Es scheint, als hätte die Gestaltung von Innen-  Präsenz zeigen und die Bedeutung von Architektinnen  allem, wenn sie die Ausstellung verpasst haben) zehn
            räumen eine neue Dringlichkeit bekommen. Das zeigt  für die zeitgenössische Baukultur sichtbar machen – das  Strategien  für  einen  sorgsamen,  verantwortungsvollen
            auch die hohe Anzahl der Einreichungen für die jährliche  ist nicht nur das Anliegen des BDA Berlin, sondern auch  und zukunftsfähigen Umgang mit dem Bestand nachvoll-
            Leistungsschau der Mitglieder des bdia: Aus 153 Einrei-  des Festivals, initiiert vom Netzwerk n-ails.ev. Hinsicht-  ziehen. Die Handlungsempfehlungen – in zehn Kapiteln
            chungen wählte die vierköpfige Fachjury 25 herausra-  lich der Geschlechtergleichheit in der Architekturbran-  von unterschiedlichen Teams aus ArchitektInnen und Ur-
            gende Projekte für die Veröffentlichung in dem vorliegen-  che gibt es durchaus Entwicklungspotenzial: Die Anzahl  banistInnen vorgetragen – bieten einen erhellenden per-
            den Band aus. Unterteilt in sechs Bauaufgaben zeigt sich  der Frauen, die sich mit einem eigenem Architekturbüro  spektivischen Blick auf Gebautes und Gewachsenes. Und
            ein breites und diverses Bild. Eines haben jedoch alle ge-  selbstständig machen, ist trotz der seit Jahren hohen  der BDA manifestiert in diesem Zuge die klare Überzeu-
            zeigten Entwürfe gemein – die baulichen Lösungen schaf-  Quote an Architekturstudentinnen gering. Die Gründe  gung, dass betriebswirtschaftlich begründete Lebensdau-
            fen Lebens- und Aufenthaltsqualitäten, beantworten Be-  hierfür sind sehr vielfältig, waren für die im Buch abge-  ern von 30 Jahren bei Gebäuden – vor allem in Anbetracht
            dürfnisse und zeugen von der Raffinesse der ausführen-  bildeten Frauen aber kein Hindernis! Auf jeweils vier  zunehmender Ressourcenknappheit und Klimakrisen –
            den Innenarchitekten. Neben den gezeigten Projekten  Seiten wird jede Architektin mit einem Lebenslauf und  absolut nicht mehr tragbar sind. Wie also lernen wir Be-
            widmen sich drei Fachbeiträge einer weiteren Thematik:  einem kompakten porträtiert, ergänzt durch fotografi-  stand lesen? Wie können wir in bestehenden Strukturen
            Frauen in der Innenarchitektur! Der bdia stellt die Frage,  sche  Abbildungen  ihrer  Arbeiten.  Gemeinschaftlich  weiterbauen? Wie finden wir städtebauliche Ansätze und
            warum die Mehrheit der Büroinhaber weiterhin männ-  zeichnen sie ein diverses und vielfältiges Bild der Archi-  gemeinwohlorientierte  Kooperationen  für  Bestandsge-
            lich ist, wo doch die Zahlen der Studierenden eine andere  tektur. Ob stadtbildprägende Bauten und Stadtplanung,  bäude? Und welche Potenziale liegen im Leerstand? Das
            Sprache sprechen. Sabine Keggendorf, Monika Lepel und  Kunst  und  Experiment,  lange  Berufserfahrung  oder  handliche Lesebuch, mit anschaulichen Skizzen und Bil-
            Peggy Kastl beleuchten stellvertretend die Frage, versu-  frisch  in  der  Selbstständigkeit  –  hier  werden  unter-  dern versehen und im Anhang um eine Auflistung bereits
            chen Antworten zu geben und positionieren sich sehr un-  schiedliche Lebensrealitäten repräsentiert. Eine Vorbild-  realisierter Praxisbeispiele ergänzt, bietet Antworten auf
            terschiedlich in ihren Beiträgen. Spannend wäre an die-  funktion haben die abgebildeten Persönlichkeiten nicht  diese Fragen. Gleichzeitig finden wir darin einen deutli-
            ser Stelle die Perspektive einer frischen Selbständigkeit  nur für junge Frauen, sondern für alle, die eine facetten-  chen Appell an den Berufsstand der ArchitektInnen: Die
            gewesen, da die nachrückenden Generationen wiederum  reiche Architektur und Baukultur voranbringen und för-  müssen vorangehen, müssen noch nachdenklicher wer-
            zu ganz anderen Antworten und Lösungen neigen. Jedoch  dern möchten! Und es zeigt vor allen Dingen eines: Hier  den und eine viel deutlichere „Haltung des Sorgetragens“
            hilft vor allen Dingen eines: das Bewusstsein um die Dis-  tritt geballtes Wissen, Haltung und Können auf! Gekom-  gegenüber  der  Gemeinschaft,  bestehenden  Strukturen
            krepanz und der nicht abebbende Diskurs!   th  men, um zu bleiben!             th  und Gebäuden einnehmen, vortragen und vertreten.   kk


            bdia Handbuch Innenarchitektur 2021/22   Architektinnen · BDA                     Sorge um den Bestand. Zehn Strategien für die Architektur
            Herausgegeben vom Bund deutscher Innenarchitekten e.V., Berlin  Herausgegeben vom Bund Deutscher Architektinnen und Architekten, Berlin  Von Olaf Bahner, Matthias Böttger und Laura Holzberg, hrsg. für den BDA.
            Erschienen 2021 bei Callway GmbH, München.   Erschienen 2021 im jovis Verlag GmbH, Berlin  Erschienen 2020 im Verlag Jovis, Berlin.
            Deutsch. 216 Seiten. Softcover. Format: 23 x 23,8 cm. 39.95 EUR.  Deutsch. 120 Seiten. Softcover. Format: 21 x 21 cm. 29 EUR.  Deutsch. 208 Seiten. Softcover. Format: 17 x 24 cm. 28 EUR.
            ISBN 978-3-7667-2516-5                   ISBN 978-3-86859-715-8                   ISBN 978-3-86859-659-5


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