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Architektur • Architecture Oliver Menzi & Philippe Bürgler, CH-Zürich
                                               Ausstellungsarchitektur • Exhibition Design Remo Derungs & Carmen Gasser, CH-Zürich
                                               Bauherr • Client Zentralbib liothek Zürich, CH-Zürich
                                               Standort • Location Predigerplatz 33, CH-Zürich
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                                               Nutzfläche • Floor space 900 m (davon 200 m Ausstellung)
                                               Fotos • Photos Ben jamin Hofer, CH-Zürich









































                Im Ausbau kamen Materialien zum Einsatz, die mit der Zeit patinieren und sich damit dem Bestand anpassen. • For the furnishing, materials were used which patinate over time and thus match the existing fabric.

                von • by Uwe Bresan
                U   nterhalb des Zürcher Universitätsberges ragt die mittelalterliche Predigerkirche  Zeit patinieren und sich damit an die Materialität des Predigerchores angleichen und
                                                                              Teil eines neuen Ganzen werden. Das gewünschte Resultat beschreiben die Architek -
                    mit ihrem mächtigen Chorbau aus dem engen Gewirr der Altstadt gas sen deutlich
                her aus. Einst als Gotteshaus des be nachbarten Dominikanerklosters errichtet, erlebte  ten als eine Art Puzzle, „bei dem die unterschiedlichen Einzelteile ineinander greifen,
                die Kir che seit der Schließung des Konvents während der Zürcher Re for mation 1524  ohne sich gegeneinander abzugrenzen.“ – Alt und Neu sollen „beinahe nahtlos zu
                eine be weg te Geschichte. Vor allem der hochgotische Chor, der in der Mitte des 16. Jahr -  einer Einheit  verschmelzen.“ Für den Umbau  waren aufwendige Abgrabungen im
                hun derts  vom Hauptschiff abgetrennt und durch den Einzug  von  Zwi schenböden   archäo logisch bedeutenden Untergrund und im Bereich der Fundamente sowie Ein -
                un  ter teilt wurde, diente im Lauf der Jahrhun derte schon als Kelterei, Kornspeicher und  grif fe in die denkmalgeschützte, aufgehende Bausubs tanz notwendig. Diese Arbei ten
                Lager  haus, be vor um 1800 schließlich die Kantons-, Stadt- und Universitäts bib lio -  erfolgten in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden.
                theken in den Bau einzogen. Vor knapp 100 Jahren wiederum wurde das historische
                Holz gerüst der Zwi schen decken durch die erste – heute unter Denkmalschutz stehen-  Enge Abstimmung mit den Behörden und der Bauherrenschaft
                de – Stahlbeton skelett konstruktion der Stadt Zürich ersetzt. Seither lagert in den obe-
                ren Geschossen die Musikalien sammlung der vereinigten Zent ral biblio thek, während  Auch die Bauherrenschaft war eng in die Projektentwicklung involviert. Denn es galt,
                das Erd  ge schoss als Ausstellungs raum für seltene Bücher und Manuskripte fungiert.    in einem konti nuier lichen Dialog aller Beteiligten die tech nischen und funktionalen An -
                                                                                for de run gen immer wieder auf die vielfach erst im Bauprozess sichtbar werdenden
                Alt und Neu verschmelzen nahtlos zu einer Einheit             Gege ben hei ten des historischen Be stands abzustimmen und anzupassen. Für die Neu -
                                                                              ge stal tung der Ausstellungsebene, der sogenannten Schatzkammer, sicherten sich
                Für den in den vergangenen Jahren erfolgten Umbau des Predigerchors war das Zür -  Men zi und Bürgler darüber hin aus den Beistand der Innenarchitekten und Ausstel -
                cher Architekturbüro von Oliver Menzi und Philippe Bürgler verantwortlich. Die Archi -  lungs gestalter Remo Derungs und Carmen Gasser vom Zürcher Büro Gasser, Derungs.
                tek ten schufen innen wie außen vollkommen neue Erschließungssituationen, die den  Zusammen entschied man sich dafür, die Stützen und Deckenträger der Betonstruktur
                geänderten Anforderungen an die Barrierefreiheit öffentlicher Gebäude ebenso Rech -  freizulegen und als eigenständiges, historisches Gestaltungselement zu betonen. In die
                nung tragen wie dem Wunsch der Bauherren nach einem repräsentativen Entrée, das  vorhandenen,  tiefen Wand nischen  wurden mit breiten Messing rahmen eingefasste
                der Institution eine neue Wahrnehmung im Stadtraum verleiht. So gelangen die Be -  Vi tri nen integriert während in der Raummitte modular aufgebaute und aus Zürcher
                sucher heute über eine repräsentative Außentreppe direkt aus dem Bibliothekshof in  Ei che gefertigte Ausstellungsinseln entstanden. Sie bestehen aus Tisch- oder Ganzglas -
                das neu gestaltete Fo yer und den Empfangsbereich. Ein renoviertes und von verun -  vitrinen, Audio- und Videostationen sowie Sitzpolstern oder einfachen Ausstellungs -
                klärenden Ein bauten be freites Treppenhaus sowie ein behindertengerechter Perso -  sockeln. Je nach Ausstellungskonzept lassen sich diese Inseln individuell platzieren.
                nen  aufzug erschließen wiederum die oberen Geschosse. Bei der Wahl der eingesetz-  Er gänzend dazu  wurden modulare Stellwände für  Text- und Bildtafeln entworfen.
                ten Materialien achteten die Architekten auf eine harmonische Einfügung in den be -  Entlang der Außenmauern schließt  wiederum eine aus Eichenstäben geschichtete
                stehenden baulichen Kontext: Eichenholz, Edelputz, Beton und Messing sollen mit der  Brüstung als Verkleidung der Radiatoren den einzigartigen Raum ab.



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