Architekturpreis Farbe•Struktur•Oberfläche 2018 – die Preisträger
Die Preisträger
Nach der Vorprüfung wurden insgesamt 93 Nominierungen zum Wettbewerb zugelassen. Seit dem Jahr 2014 wird der Preis deutschlandweit auch in der Kategorie „Studenten“ verliehen. Prämiert werden Masterarbeiten der letzten zwei Jahre. Hierbei übernehmen die Architekturfakultäten der teilnehmenden Universitäten und Hochschulen die Funktion einer Nominierungsjury.
Im zweiten Schritt entschied am 4. und 5. Juli 2018 eine Bewertungsjury unter dem Juryvorsitz von Per Pedersen (Staab Architekten, Berlin) im Gutshof Murjahn in Forst an der Weinstraße über die Auswahl der Preisträger und Lobend Erwähnten. Unter den kritischen Blicken von Mathias Heinz (pool Architekten, Zürich), Joachim Faust (HPP Architekten, Düsseldorf), Chris Middleton (KINZO, Berlin), Herwig Spiegl (AllesWirdGut, Wien), Petra Stephan (AIT, Leinfelden-Echterdingen) und Maic Auschrat (DAW, Ober-Ramstadt) wurden auch die 24 nominierten Studentenarbeiten beurteilt. Insgesamt vergab die Jury im Hauptwettbewerb drei Preise (1., 2, und 3. Preis) sowie vier Lobende Erwähnungen. In der Kategorie der Studierenden wählten die Experten einen 1., 2. und einen 3. Preis. Die genauen Platzierungen wurden im Rahmen der feierlichen Preisverleihung bekannt gegeben, die am 19. September 2018 in der Union Halle in Frankfurt am Main stattfand. Nach der Keynote des international renommierten Architekten Jacob von Rijs (MVRDV, Rotterdam) erläuterten Per Pedersen (Vorsitzender Preisgericht) und Joachim Faust (stellvertretender Vorsitzender Preisgericht) das Verfahren und prämierten die diesjährigen Preisträger. Im Anschluss luden die Auslober zu einer Colour-Party mit Food & Sound.
Alle Nominierungen und Ergebnisse werden im Nachgang des Wettbewerbs in einer aufwändigen Buchpublikation (Erscheinungstermin 1. Dezember 2018) veröffentlicht. Zusätzlich werden sämtliche eingereichten Arbeiten ab dem 20. September 2018 in einer Online-Ausstellung auf der Caparol-Website, zusammen mit den Ergebnissen der ersten sieben Auslobungen, präsentiert.
„Die Teilnahme am Architekturpreis hängt nicht davon ab, ob Produkte unserer Unternehmensgruppe verwendet wurden“, erklärte Firmenchef Dr. Ralf Murjahn. „So können wir das ganze kreative Spektrum aufgreifen und völlig unterschiedliche Oberflächenideen zeigen. Als einer der führenden Produzenten von Bautenfarben und Fassadensystemen bekennen wir uns mit dem Preis zu unserer Verantwortung für die Baukultur und wollen den Reichtum des Bauens fördern.“ Als positiver Nebeneffekt sieht Dr. Murjahn auch, dass „wir durch den Dialog mit Architekten, Planern und Gestaltern stetig unseren Blickwinkel verändern können, um so neue Produkte, neue Verfahren oder Designs zu initiieren.“
93 Nominierungen
„Die eingereichten Arbeiten umfassen ein breites Spektrum an Themen und Material. Bei der Bewertung der Arbeiten legte die Jury vor allem Wert auf klar ablesbare Konzepte, Materialeinsatz und Umsetzung. Die prämierten Arbeiten überzeugten durch ihre konzeptionelle und poetische Detaillierung, wobei der feinfühlige Umgang mit Material, egal ob Farbe, Struktur und/oder Oberfläche, besonders hervorzuheben ist, “ so der Vorsitzende des Preisgerichts, Per Pedersen (Staab Architekten, Berlin).
Erster Preis: Ein Wohnhaus
Umbau Wohnhaus Obstalden (CH-Obstalden)
lilitt bollinger studio (CH-Basel)
Die Arbeit von lilitt bollinger studio aus Basel überzeugt mit der Idee des Weiterbauens und schöpft die Potentiale dieser Idee mit dem Einsatz von Farbe, Struktur und Oberfläche hervorragend aus. Es entsteht ein klares, teilweise zweigeschossiges Volumen mit eigenständigem Wohnszenario. Unter Verwendung der bautypischen Holzkonstruktion in Kombination mit dem Material Glas wird auf einfache und sensible Weise ein großzügiger Lebens- und Wohnraum geschaffen. Die Holztragstruktur des früheren Stalls ist durch ein eingestelltes, rundes Funktionselement im Erdgeschoss und nur einer Stütze statisch gehalten. Das Funktionselement enthält Nebenräume und die Treppe zum Obergeschoss. Die raumhohe Fassadenverglasung bildet einen feinen Oberflächenkontrast zu den rauen Holzverkleidungen der Außen- und Innenwände. Insgesamt entsteht der Eindruck eines materialbewussten, preisgünstigen Hauses mit einem fließenden, differenzierten Raumerlebnis auf einer insgesamt geringen Fläche.
Zweiter Preis: Eine Bergkapelle
Bergkapelle Wirmboden (AT-Schnepfau)
Innauer-Matt Architekten ZT GmbH (AT-Bezau)
Mit dem Wiederaufbau der Bergkapelle Wirmboden (Schnepfau, Vorarlberg, Österreich) schufen Innauer-Matt Architekten nicht nur ein architektonisches Kleinod, sie haben vor allem die Gemeinschaftsproduktion von unterschiedlichsten Mitgliedern der Vorsäßgenossenschaft in dreijähriger Planungs- und Bauzeit fachlich angeleitet und zusammengehalten. Die traditionell aufgemauerten Außenwände aus gesammelten Steinen und Stampfbeton bilden einen gelungenen Kontrast zum hölzernen Zugang und dem steil aufragenden Dachstuhl, der mit grob gespaltenen Schindeln bedeckt ist und durch einen geöffneten Dachfirst aus gestrahltem Edelstahl eine angemessene Lichtstimmung erzeugt. Raffiniert wird der Klang der oberhalb des Eingangs verborgenen Glocke wie durch einen Lautsprecher aus einem für den Geigenbau verwendeten Haselholz nach außen geleitet. Der durchdachte Umgang mit Material, Oberfläche und Struktur, aber auch die architektonische Setzung und herausragende Ausarbeitung bis ins Detail, haben die Jury überzeugt, diesen neuen Ort von und für die Gemeinschaft als eindeutig preiswürdig zu bewerten.
Dritter Preis: Ein Tankturm
Tankturm (DE-Heidelberg)
AAg LoebnerSchäferWeber Freie Architekten BDA (DE-Heidelberg)
Der ehemalige Bahnwasserturm in Heidelberg, ein Industriedenkmal von 1928, wird als Landmarke eines neuen Stadtteils zu einem Kultur- und Veranstaltungszentrum umgenutzt. Gleichzeitig erschaffen sich die Architekten von AAg LoebnerSchäferWeber einen neuen Standort für ihr Büro. Die einzelnen Interventionen wurden kongenial in das Bestandsgebäude eingepasst. Von außen wird der Umbau an drei Orten ablesbar: Mit dem Schaufenster im Erdgeschoss beim Veranstaltungssaal, durch die neu eingeschobenen Fluchtbalkone im Turm und dem umlaufenden Fensterband im Dachstuhl. Im Inneren werden die einzelnen Nutzungen formal umgesetzt. Die Wände in der Kellerbar verbleiben unverputzt in erdigen Tönen. Eine geschwärzte Stahltreppe führt hoch zur Lounge, dem umgewidmeten ehemaligen Wasserkessel. Der Veranstaltungsaal und die Räume des täglichen Gebrauchs hingegen sind durch neutrales Weiß homogenisiert und erhalten so eine frische Wirkung, die man dem behäbigen Klinkerbau nicht zugetraut hätte.
Kontextuelles Bauen in all seinen Facetten
Vier weiteren Objekten sprach die Jury jeweils eine lobende Anerkennung aus: der Erweiterung des Kunstmuseums Basel (Christ & Gantenbein, Basel), dem „Wohnhaus Steinwies-/Irisstraße“ in Zürich (Edelaar Mosayebi Inderbitzin Architekten, Zürich), der „Regeneration of the Arzo Quarries“ im schweizerischen Ticino (enrico sassi architetto, Lugano) und dem „Kreativwirtschaftszentrum C-HUB“ in Mannheim (hartwig schneider architekten, Gabriele Schneider, Hartwig Schneider, Stuttgart).
Kunstmuseum Basel Extension (CH-Basel)
Christ & Gantenbein (CH-Basel)
Mit der Möglichkeit, eine zusätzliche Parzelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu erwerben, nutzte das Kunstmuseum Basel die Chance, in einem neuen Erweiterungsbau mehr Platz für seine Sammlung und Wechselausstellungen zu schaffen.
BU: Selbsttragende Fassade aus handgefertigten länglichen Ziegeln und LED-Lichtfries
Wohnhaus Steinwies-/Irisstrasse (CH-Zürich)
Edelaar Mosayebi Inderbitzin Architekten (CH-Zürich)
Das Projekt für das Mehrfamilienhaus entzieht sich einer typologischen und stilistischen Zuordnung: Es verspannt sich mehrdimensional im Grundstück und kann von keiner Seite als Ganzes erfasst werden.
BU: Wohnhaus an der Steinwiesstrasse mit geschütztem Baumbestand
Regeneration of the Arzo quarries (CH-Ticino)
enrico sassi architetto (CH-Lugano)
Das Projekt für die Neugestaltung des Gebietes und für die Wiederverwendung der Gebäude konzentrierte sich auf drei Bereiche: Steinbruchwerkstatt, Lehrpfad und natürliches Amphitheater.
BU: Wiederbelebung des Gebiets und Wiederverwendung der bestehenden Gebäude
Kreativwirtschaftszentrum C-HUB (DE-Mannheim)
hartwig schneider architekten, Gabriele Schneider, Hartwig Schneider (DE-Stuttgart)
Mit dem neuen Kreativwirtschaftszentrum wird ein weiterer Meilenstein zur nachhaltigen Bewältigung des Strukturwandels von einem von Brachflächen geprägten Industrieort zu einem aufstrebenden Standort der Kreativwirtschaft gesetzt.
BU: Das Ensemble, bestehend aus dem Neubau „C-HUB“ und dem Umbau der ehemaligen Lagerhalle mit denkmalgeschützten Ziegelfassaden
Auch beim diesjährigen „Architekturpreis Farbe – Struktur – Oberfläche“ bekommt der Nachwuchs eine eigene Plattform. Die studentischen Konzepte, in den meisten Fällen Abschlussarbeiten, werden zunächst innerhalb einer hochschulinternen Vorauswahl bewertet und dann zum Wettbewerb eingereicht. Die Arbeiten repräsentieren auf diese Weise auch immer die Hochschule. Dieses Jahr nahmen insgesamt 24 nominierte Studentenarbeiten am anonymisierten Bewertungsverfahren teil. Davon wurden drei Arbeiten mit Preisen geehrt. Mit dem Architekturpreis fördert Caparol bereits während der Ausbildung die Sensibilität der angehenden Architekten und Gestalter für Strukturen, Farben, Oberflächen – also für die sinnlichen Dimensionen des Bauens.
„Die 24 studentischen Einreichungen zeugen von einer großen thematischen Streuung: Von Städtebau, architektonischen Räumen und Transformation bis hin zur persönlichen Abrechnung mit der Architektur, mit teilweise fast fließenden Übergängen zur Kunst. Die Preisträger wurden in zwei Jury-Rundgängen bestimmt und spiegeln das große Themenspektrum der Einreichungen wider. Prämiert wurden drei stark konzeptionelle Arbeiten: Ein klar strukturiertes Projekt mit Materialaffinität, ein räumliches, stark in die Landschaft eingebettetes sowie ein experimentelles Projekt, das einen Duft in den Raum transformiert“, so der Vorsitzende des Preisgerichts, Per Pedersen (Staab Architekten, Berlin).
Preisträger Studentenwettbwerb
1. Preis
Keramik – Entwurf einer Fabrik
Franziska Käuferle und Sina Pauline Riedlinger
Universität Berlin
Prof. Donatella Fioretti
Die Arbeit „Keramik – Entwurf einer Fabrik“ zeichnet sich zum einen durch eine intensive typologische Recherche aus, zum anderen durch die praktische Entwicklung von keramischen Oberflächen durch unterschiedliche Behandlung des Materials und der Anwendungstechniken.
Das Erscheinungsbild besticht durch die konsequente Umsetzung der industriellen Nutzung in Symbiose mit der gewählten Thematik der räumlichen Tiefe und der Plastizität des Werkstoffs.
Die intensive praktische Auseinandersetzung der Verfasserin des Entwurfs führte von der Materialstudie der klassischen und ornamentalen Anwendung der Baukeramik zur Anwendung plastischer Oberflächen und unterschiedlicher Glasurtechniken.
2. Preis
Meditationszentrum | Ningbo, Zeijang, China
Ruofan Wang
Universität Stuttgart
Prof. Peter Schürmann
Der Verfasser entwickelt Raum durch die Wahrnehmungsfähigkeit der menschlichen Sinne – Riechen, Hören, Sehen, Spüren – und verweist dabei auf die Deutungsvielfalt als Raumerlebnis in abstrakter Form. Dabei bedient er sich des Parfums „L’Aventurier“ und übersetzt dieses in einzelne Wahrnehmungsphasen, welche er in Form von Oberflächen, Strukturen und Farben dem Betrachter zur Verfügung stellt. Dazu experimentiert er mit selbst produziertem Papierwerkstoff und unterstreicht somit die Beziehung von Haptik und Raum. Auf diese Weise löst er das Erlebnis Raum als konkrete Beschreibung auf und überträgt es in eine subjektive Erfahrung. Weit über die grafische Darstellung hinaus ergänzt der begleitende Erläuterungstext diese Thematik. Insbesondere gibt er einen Hinweis auf die Notwendigkeit von Zeit, die der Mensch braucht, um eine ganzheitliche Raumbeziehung, vergleichbar mit einem Dufterlebnis, eingehen zu können. Durch ihren abstrakten Ansatz schafft es die Arbeit, erstaunlich konkret auf menschliche Wahrnehmungsprozesse zu verweisen. Die Jury würdigt die hohe Sensibilität, mit welcher der Verfasser traditionelle Instrumente der Raumgestaltung auf die menschlichen Wahrnehmungsfähigkeiten bezieht. Letztendlich entsteht Raum immer im Kopf.
3. Preis
L’Aventurier
Herr Cengiz Hartmann
Hochschule Ostwestfalen-Lippe
Prof. Eva Filter
Harmonisch fügt sich der Gebäudekomplex des Meditationszentrums im chinesischen Ningbo in die vorhandene Topografie und in die umgebende Natur ein – ganz im Sinne des Zen-Buddhismus.
Die Raumproportionen, die bewusst dunkel gehaltenen Räume sowie das Spiel mit Licht und Schatten zeugen von einem gelungenen Umgang mit den Themen Stille und Konzentration.
Der sinnliche Umgang mit einigen wenigen, bewusst ausgesuchten Materialien ergänzt die Architektur perfekt. Einfach und ruhig in Bezug auf Städtebau, Architektur und Materialität – das ist gebaute Harmonie. Die Jury findet: Der Entwurf übersetzt den Zen-Buddhismus angemessen und authentisch!