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GESUNDHEIT UND WELLNESS • HEALTH AND SPA
KINDERHOSPIZ
IN BRÜNN
Entwurf • Design Ctyrsten, CZ-Brünn
„Zuerst prägt der Mensch den Raum, dann prägt der Raum den Men-
schen.“ Schon Winston Churchill begriff die Wechselwirkung zwi-
schen Architektur und Mensch. Es gibt Orte, an denen Kinder geboren
werden, aber auch Orte des traurigen Abschieds. Wie Architektur die
letzten Augenblicke des Lebens positiv mitgestalten kann, zeigt das
Planungsbüro Ctyrsten mit dem Entwurf für das Kinderhospiz in Brünn.
von • by Lisa Klasberg, Münster
I m Norden der Großstadt Brünn wurde 2024 das erste Kinderhospiz in Tschechien
gebaut. Ein Ort geprägt von Traurigkeit, Schicksal und Abschied, dessen Architektur die
Kinder und ihre Familien auf dem schweren Weg bestmöglich unterstützt. Ein natürliches
Amphitheater bestimmt die Topografie, die die PlanerInnen geschickt zu nutzen wissen.
So überträgt sich einerseits der beruhigende Charakter der Natur auf die Wirksamkeit
des Raumes, andererseits integriert sich der dreigeschossige Baukörper funktional in das
Gelände. Auch die alten Bäume bleiben erhalten und zeigen maßgeblich ihre Wirkung
im zentralen Innenhof, um den sich ein Großteil der Erdgeschossräume anordnet. Die-
ses gliedert sich in vier Bereiche. Konzipiert dafür, dass vielfältige Atmosphären entste-
hen, fördern sie mal das gemeinschaftliche Zusammenkommen, mal die nötige Ruhe
und Zurückgezogenheit. So gestaltet sich der Essbereich als geselliger Treffpunkt, aber
auch als privater Bereich mit Sitzgelegenheiten und Kamin. Der eingestellte Küchenkern
fungiert dabei in grüner Lamellenstruktur als Raumtrenner. Hinter dem Empfangstresen
– in ähnlich grüner Gestalt – befinden sich die Therapie- und Privaträume der Bewoh-
nerInnen. Viel Holz und sanfte Farbakzente sorgen für ein behagliches Raumgefühl. Die
Architektur nimmt sich zurück, ermöglicht über großformatige Fensteröffnungen weite
Blickachsen in die Natur – lässt natürliches Licht in den Innenraum und wirkt sich durch
eine warme Gestaltung positiv auf das Wohlbefinden der Kinder und Angehörigen aus.
Gestalterisch stammt das Kinderhospiz eindeutig aus der Feder von Ctyrsten: So konstru-
iert sich das Gebäude aus monolithischem Stahlbeton mit tragender Funktion – im Innen-
raum und in den Fassaden durch farbgleichen Putz und Lärchenholzverkleidung um eine
warme Materialität ergänzt. Auch die Elternräume im ersten Obergeschoss nehmen die
Gestaltungsparameter auf und kombinieren natürliche Materialien mit blassen Violett-
und Gelbtönen. Hier unterstützt die Topografie die Funktion und begünstigt eine separate
Erschließung über begrünte Dächer und Terrassen. Mit dem Kinderhospiz entsteht eine
bedarfsgerechte Architektur – für den Menschen, für das Leben und für den Tod.
086 • AIT 11.2025

