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VERKAUF UND PRÄSENTATION  •  RETAIL AND PRESENTATION

































           ZIIN SHOWROOM

           IN PEKING


           Entwurf • Design Atelier tao+c, CN-Shanghai



           Nach jahrzehntelangem Neubau in atemberaubendem Tempo sind
           in China auch Umnutzungen stillgelegter Industrieareale en vogue.
           In Peking wurde mit der Langyuan Station der einstige Standort der
           Textilindustrie zwischen Jiangfu Park, Liangma und Ba River für Retail,
           Freizeit und Kultur reanimiert. Atelier tao+c schuf in einem der Gebäu-
           de den Showroom der jungen Marke für Wohnmöbel ZIIN.



           von • by Annette Weckesser
           A   telier tao+c, das sind Tao Liu und Chunyan Cai. 2016 gründeten sie ihr gemeinsames
               Büro für Architektur, Innenarchitektur und Möbeldesign. Revitalisierungen gehören
           zu ihrem Schwerpunkt. Und wie gut sie dieses Thema beherrschen, konnten die beiden
           bei diesem Projekt in Peking beweisen. Der ZIIN-Showroom gehört zum Entwicklungs-
           projekt Langyuan Station und ist damit Teil der Transformation eines einst wichtigen
           Standorts der Textilindustrie. Die Backsteingebäude stammen aus den 1960er-Jahren.
           Schon lange wurden diese aufgegeben. Jüngst reanimiert, soll dieses Quartier in Peking
           den ökologisch-kulturellen Trend einer neuen Generation repräsentieren. Neri&Hu ver-
           wandelten dort eines der Lagerhäuser in den Laden der traditionsreichen Gebäckmarke
           Lao Ding Feng und waa (we architech anonymous), realisierten in diesem Industrie-Relikt
           „The playscape“, einen imposanten Indoor-Outdoor-Spielplatz für Kinder (AIT 5.2022,
           Seite 137). Das Areal besitzt, was alles Neue nicht hat: Charme und Historie. Und von
           diesem profitiert auch der neue Showroom für ZIIN. Mit Respekt vor dem historischen
           Erbe entwarf Atelier tao+c ein „Haus im Haus“ in Form zweier ineinandergreifender Rah-
           menkonstruktionen. Diese sind im Winkel von 45° zu den Außenmauern des Bestands
           verdreht, um als eigenständige Strukturen zu agieren. Die Grundrisse mit ihren Nischen
           und Winkeln zeigen, wie gut sie sich mit Möbeln bespielen lassen. Und sie demonstrieren
           auch, wie interessant man in diesem Showroom flanieren kann. Die aus Holz gefertigte
           Treppe wirkt selbst wie ein großes Möbelstück. Es gibt Lufträume zwischen Neu und
           Alt entlang der Backsteinfassaden. Halb innen und halb außen wähnt man sich hier.
           Plattformen sowie Klappläden im Obergeschoss schaffen interessante Blickbeziehungen
           von oben nach unten. Transparente Polycarbonatplatten, wohnlich-warme Holzpaneele,
           Stahlstützen, -träger und decken sowie matte, terracottafarbene Fliesenteppiche sorgen
           für eine in sich stimmige Materialität. Die Konstruktion macht sich quasi nackt: Verkleidet
           ist hier nichts, Roh- und Ausbau, Struktur und Finish sind identisch. Nicht zuletzt senkte
           Atelier tao+c mit dieser gewollten Übung in Verzicht auch deutlich die Kosten.

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