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Uwe Günter-von Pritzbuer
... ist Volljurist, Fachautor und Unternehmensberater. Seit mehr als 25 Jah-
ren ist er auf Coachings im Einzelhandelsbereich spezialisiert. Sein Lieb-
lingsthema ist die emotionale Kommunikation. www.verkaufenalacarte.de
Gelände, das Gebiet selbst erleben wir durch die Zeichnungen nicht. Der Vorteil des
stationären Handels gegenüber der Onlinewelt sind also echte Emotionen und Erleb-
nisse! Bei Onlinekäufen fallen drei von fünf Sinnen weg, es bleibt nur noch das Sehen
und Hören. Im stationären Handel hingegen können Architekten, Innenarchitekten und
Ladenbauer aus dem Vollen schöpfen. Die Losung heißt: Verkaufen Sie mit allen Sin-
nen! Faszination zu schaffen – das ist heute die Auf gabe im Ladenbau! Menschen
haben Story-Appetit. Eine gut erzählte Geschichte ist ideal, um Dinge zu veranschau-
lichen, um Sympathie aufzubauen und zu emotionalisieren. Also vermitteln Sie Infor-
mationen mit begeisternden Metaphern und fesselnden Story s. Geschichten sind
immer dann gut, wenn anstelle von trockenen Fakten Inhalts objekte transportiert wer-
den, die sich am bestehenden Erfahrungswissen der potenziellen Kunden orientieren.
Auf diese Weise weckt eine Geschichte die notwendigen Assoziationen und wird le-
bendig. Wird die Story zudem geschickt mit emotionalen Werten angereichert und er-
gänzt, ist der Weg frei, dass die Empfänger inhaltlich folgen und auch emotional in die
Geschichte eintauchen. Lassen Sie Ihr Gegenüber träumen und in Erinnerungen
schwelgen! Schaffen Sie ein positives Nutzererlebnis, indem Sie die Emotionen Ihrer
Kunden we cken. Denn wer Wirkung erzielen möchte, der benötigt Emotionalität.
Foto: Marina Denisova, IT-Florenz
Intelligente Inhalte brauchen emotionale Umsetzung
Dass Emotionen gewisse Kaufreize im Gehirn wecken, ist längst bekannt. Verkaufen
lässt sich nur durch Emotionen. Der Verstand ist dazu degradiert, die emotionale Ent-
scheidung mit vermeintlicher Vernunft zu rechtfertigen. Was keinen emotionalen Nut- Gerundete Formen und weiche Materialien verleihen der Florentiner Boutique gezielt einen taktilen Charakter.
zen verschafft, wird als nutzlos gestrichen. Mit einem Grundnutzen allein kann sich
heute kein Produkt und keine Dienstleistung mehr behaupten. Die Produktpräsenta-
tion muss daher positive Gefühle beisteuern, Spaß machen und zur Identifikation ein-
laden. Nutzen muss gezeigt und kommuniziert werden – rational und emotional und marsch beim Einkaufen – erst recht in digitalen Zeiten. Sinne verkaufen mehr! Aber
einmal quer durch alle Sinne. Merke: Nutzen zu artikulieren ist ebenso wichtig, wie wie verhält es sich mit der Haptik in Zeiten der Digitalisierung? Die Computertechno-
ihn zu schaffen. Schließen Sie die Lücke zwischen dem rational motivierten Einkauf logie fordert zwar die menschlichen Augen und Ohren, doch alle anderen Sinne liegen
und der Sehnsucht der Kunden nach Emotionen. Kurz: Verwandeln Sie den rationalen brach. Ein direkter haptischer Kontakt ist viel stärker als ein indirekter über den Maus-
Nutzen in eine emotionale Story! Nur dann gelingt es, dass Produkte und Dienstlei- zeiger. Als Goldene Regel für den Ladenbau muss deshalb gelten: Verstärken Sie die
stungen nicht wegen des Preises, sondern wegen ihres hohen Mehrwertes nachgefragt Möglichkeit zur Haptik! Es macht einen großen Unterschied, über welche Schnittstelle
werden. Ein Bad ist zum Beispiel immer mit dem Element Wasser verbunden: Wasser Kunden mit Produkten und Marken in Kontakt treten und welche haptischen Erfahrun-
in Form von Regen, Wasser als klarer, kraftvoller Schwall, Wasser als großflächiger gen dabei gemacht werden. Denn bei der Haptik läuft vieles unterbewusst ab: Wir er-
oder kräftig pulsierender Strahl. Wasser gilt als Quelle spiritueller Kraft, fungiert als schließen uns den ästhetischen Wert von Einrichtungs- und Alltagsgegenständen
Energiespender. Unterschiedlicher kann die Begegnung mit dem Element kaum sein. durch Anfassen, so auch die Qualität von Textilien oder Materialien, um nur einige
Oder denken Sie an eine Küche: Rein rational betrachtet kauft ein Kunde eine Küche, Beispiele zu nennen. Gerade die Wirkung haptischer Reize verstärkt sich in Verbin-
also Hängeschränke und einen Kühlschrank, vielleicht einen Küchenblock in der Mitte dung mit der visuellen Wahrnehmung. Wirken beide Sinne miteinander, folgen hier-
und einen modernen Gasherd. Doch schauen wir einmal genauer hin: Kunden wollen aus bessere Wahrnehmungsleistungen. Das gilt insbesondere, wenn das Auge eine Be-
keine Küche kaufen, sondern den Ort, an dem mit Liebe gebacken wird. Den Platz, an rührung der Hand verfolgt. Stellt man sich etwa vor, wie rau sich ein natürlicher, un-
dem die Kinder laufen lernen und später die Hausaufgaben machen. Sie kaufen den behandelter Stein anfühlt, erleben wir neben haptischen auch optische Vorstellungen.
Raum, wo die Partys abgehen und enden. Die Stelle, an der Rezepte verfeinert und
neue kreiert werden. Sie kaufen den Ausdruck ihrer Persönlichkeit. Für die Gestalter In der Haptik von heute liegen die Chancen von morgen
und Planer von Ladenflächen heißt das: Kommunizieren Sie rationale Fakten emotio-
nal! Üben Sie sich in der Kunst, Funktion in Faszination zu verwandeln! Ihr Vorteil ist, Die Erlebniswirkung, das Wohlbefinden und die Sinnlichkeit nehmen zu, wenn ein
dass viele Kunden Waren erfühlen und untersuchen wollen. Material, Größe, Form angenehmer Duft zusätzlich von passenden Farben und Formen untermauert wird!
und Gewicht werden so besser wahrgenommen und bleiben im Gedächtnis. Die hap- Wenn Handelsexperten in ihrer Fachsprache vom „Kundenerlebnis“ sprechen, steht
tische Wahrnehmung kann die Begeis terung für ein Produkt steigern und dem Kunden das Wort eher theoretisch für die Abwicklung des Kaufvorgangs. Doch ein Kunden-
die Kaufentscheidung erleichtern. Kaufen ist im Optimalfall ein sinnliches Erlebnis – erlebnis ist kein trockener Vorgang, es ist die Verführung zum Kauf. In den vergan-
im wahrsten Sinne des Wortes: Alle Sinne basieren auf dem Tastsinn. Alles was man genen Jahren hat der stationäre Handel verlernt, den Kunden in Versuchung zu brin-
anfassen kann, spricht die rechte Gehirnhälfte an, die für Gefühle verantwortlich ist. gen! Möbel haben längst nicht mehr die primäre Aufgabe, Stauraum zu bieten, son-
In der Haptik liegen die großen Chancen von morgen. Sie ist eindeutig auf dem Vor- dern die Wohnräume zu schmücken und den individuellen Geschmack zu präsen-
AIT 9.2019 • 125