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ÖFFENTLICHE BAUTEN • PUBLIC BUILDINGS

































            KIRCHE TIKKURILA

            IN VANTAA



            Entwurf • Design OOPEAA Office for Peripheral Architecture, FI-Helsinki


            Im Inneren des bei Helsinki entstandenen Sakralbaus ist Anssi Las-
            silas Liebe zu Le Corbusier spürbar: Mit den Kirchenfenstern spielt
            der finnische Architekt auf die ikonische Ronchamp-Kapelle an. Das
            geforderte Raumprogramm unterscheidet sich von dieser jedoch ge-
            waltig: Lassilas Bau umfasst neben der Kirche noch einen multifunk-
            tionalen Komplex mit Gemeindezentrum und Sozialwohnungen.



            von • by Ulrike Nicholson, Tübingen
            E  s ist nicht der erste Kirchenbau des Finnen Anssi Lassila. Schon mit 26 Jahren ge-
               wann er – damals noch als Architekturstudent – den Wettbewerb für den Neubau der
            Kärsämäki-Kirche in der Provinz Oulu. Die Kirche wurde realisiert, ebenso wie die später
            von ihm entworfenen Sakralbauten in Klaukkala, Espoo und Jyväskylä. Seit 2014 führt
            Anssi Lassila das Studio OOPEAA – Office for Peripheral Architecture – mit Hauptsitz in
            Seinäjoki. Wie es der Büroname bereits anklingen lässt, sieht er sein Wirkungsfeld vor
            allem in der Peripherie Mittelfinnlands. Sein neuestes Werk stellt dabei eine Ausnahme
            dar – es steht im Großraum von Helsinki: In Tikkurila zeichnet OOPEAA für eine Kirche
            mitsamt einem daran anschließenden, multifunktionalen Komplex verantwortlich. Die
            vervollständigte Blockrandbebauung stellt die erste Phase einer städtischen Verdich-
            tungsmaßnahme dar und beinhaltet Kirche, Café, Begegnungsräume für die Gemeinde
            sowie Büros und ein angrenzendes Wohngebäude mit Studenten- und Sozialwohnungen.
            Ein großzügiges Angebot an Gemeinschaftsräumen wie Saunen, Dachterrassen und Ver-
            sammlungsräume gehört ebenfalls dazu. Auf Erdgeschossebene befinden sich Gewerbe-
            flächen mit Geschäften und Restaurants. Die Kirche selbst bildet mit ihrer gezackten Sil-
            houette die markante neue Ecke der Blockrandbebauung. Ihre mehrfarbige Backsteinfas-
            sade aus glasierten Ziegeln stellt den Bezug zur historischen Identität des Viertels her.
            Diese Verknüpfung und die Langlebigkeit des Materials waren für die Architekten bei der
            Wahl ausschlaggebend. In den Innenräumen der Kirche entschieden sie sich für eine
            Kombination aus Ortbeton und einheimischem Fichtenholz. Der menschliche Maßstab
            sei für den Entwurf der Tikkurila-Kirche wesentlich gewesen, so Anssi Lassila in seinem
            Entwurfsbeschrieb. Um die Eingänge herum ist dieser Maßstab kleiner und moderater
            angesetzt, was einladend und zugänglich wirkt. In dem Teil, in dem sich der Hauptsaal
            der Kirche befindet, werden die Dimensionen deutlich größer. So streckt sich der Raum
            optisch nach oben, dem höchsten Punkt und dem weich einfallenden Licht entgegen.
            Eine leichte, spirituelle und zugleich bescheiden wirkende Atmosphäre entsteht.

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