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Entwurf • Design Treiling Architekten, Berlin
                Manfred Treiling                                                                  Bauherr • Client Andre as Bothe, Berlin
                                                                                                  Standort • Location Kur fürstendamm 193D, Berlin
                1959 in Landau/Pfalz geboren 1983 Gesellenbrief als Zimmermann 1991 Architektur-Diplom an der Fachhochschule Karlsruhe 1995–1999 Verant wortliche  Fertigstellung • Completion Mai 2014
                                                                                                                    2
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                Oberbauleitung beim Umbau des Reichstags in Berlin 2000 Freier Architekt, eingetragen in die Architektenliste der Architektenkammer Berlin 2001–2004  Nutzfläche • Floor space 220 m (Bestand), 36 m (Neu)
                Projektleitung Neubau Opern Carree in Berlin 2004 Gründung von Treiling Architekten in Berlin 2016 Wettbewerb Besucherzentrum Bundestag in Berlin  Fotos • Photos Christian Gahl, Berlin























































                Direkt unter dem restaurierten Deckengemälde liegt der spektakulärste der drei vorhandenen Behandlungsräume. • The most spectacular of the three existing treatment rooms is right below the restored ceiling painting.


                I  n den Jahren 1911 bis 1912 konzipierte der Berliner Adlon-Architekt Robert Waldemar  Forde rung nach drei Behand lungszimmern bei gleichzeitigem Erhalt des großartigen
                                                                              Raum volumens des Kaisersaals. Diese  atmosphärischen und räumlichen An sprüche
                  Leib nitz das Haus Cumberland als modernes Boarding House. Das Gebäude am Kur -
                fürs ten damm 193/194 diente in der Folge als Luxushotel, später dann als Behör densitz.  wa ren in ihrem Zusammenspiel Ideen geber für ein unverwechselbares Raum konzept.
                Danach stand es für einige Jahre leer. Während nun große Teile des Hauses in Woh -
                nungen umgewandelt wurden, erwarb der Zahnarzt Andreas Bothe den verbliebenen  Eine einzigartige Verbindung aus Schönheit und Funktionalität
                Teil des sogenannten Kaisersaals und ließ ihn zu einer Zahnarztpraxis umbauen. Die
                vorhandene Bau subs tanz war in einem stark heruntergekommenen Zustand. Die lange  Umfangreiche Vorüberlegungen und detailgenaue Planungen gingen dem Umbau vor-
                Zeit des Leerstands und der unsensible Umgang während der Nutzung durch die öffent-  aus.  Zunächst  wurde der Saal mit aller gebotenen Sorgfalt  wiederhergestellt. Abge -
                liche Be hörde hatten ruinöse Spuren hinterlassen. In den letzten Jahren diente der Saal  brochene Stuckaturen wurden nachgeformt, Deckenmalereien restauriert, Farben und
                für Events und als morbide Kulisse für Filmaufnahmen. Zuletzt wurde eine Hälfte des  Ornamente erneuert. Der Fußboden wiederum musste vollständig neu hergestellt wer-
                Ballsaals ihrer historischen Innenar chitektur beraubt und in Wohneinheiten umgewan-  den. Eine Na tur stein  einfassung veredelt heute den großflächigen Terrazzoboden und
                delt. Die andere Hälfte sollte nun jedoch mit einem angemessenen Respekt  zum  definiert den bündigen Abschluss des Praxisbereiches gegenüber den bestehenden
                Bestand eine neue tragfähige Pers pek tive finden. Unser Auftraggeber wollte innovative  historischen Außenwän den. In der zweiten Phase wurde ein neuartiges Raumkonzept
                Zahn medizin  mit  einer  unverwechselbaren  Innen archi tektur  zusammenbringen.  His -  verwirklicht, eine „Binnen archi  tektur“ mit drei Behandlungseinheiten. Die neuen raum-
                torische Grandeur und konsequente Mo der nität, Schönheit und Funktionalität sollten  bildenden Einbauten gehen dabei auf respektvolle Distanz zum verschwenderischen
                eine einzigartige Verbindung eingehen. Ge wünscht war eine kulturvolle Umgebung von  Dekor. Die Begegnung von Alt und Neu erhält wiederum durch verglaste „Fugen“ imma-
                hohem ästhetischen Reiz, in der sich Patien ten angstfrei und perfekt umsorgt entspan-  terielle Eigenschaf ten. Die Glas scheiben wurden dafür mittels lasergeschnittener Kanten
                nen können. Dies waren die atmosphärischen Vorstellungen des Auftraggebers, als wir  an den historischen Bestand pass genau  angeschlossen.  Das Zusammenwirken von
                den Auftrag für die Zahnarzt praxis annahmen. Den räumlichen Rahmen markierte die  Glaswänden sowie bestehen den und neuen Spiegelflächen eröffnet überraschende



                                                                                                                              AIT 11.2016  •  139
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