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Die Bauvorlage-



                      berechtigung für




                      Innenarchitekt*innen







                             Liebe Leserinnen und Leser,             nur landesweit. Einerseits ein Leuchtturm, der
                                                                     Innenarchitekt*innen hilft, ihre Berufsaufgaben
                             …  alles  ist Auslegungssache. Was  in  anderen   auch in vollem Umfang auszuführen, anderer-
                             Kontexten Interpretationsspielräume erlaubt,   seits eine Krücke, die bei einigen am beruflichen
                             gilt  momentan  auch für  die  Bauvorlage  von   Selbstbewusstsein nagt, denn die Regelung
                             Innenarchitekt*innen – leider. Denn in 16 Bun-  hinterfragt die Gleichwertigkeit des Studienab-
                             desländern ist das Bauordnungsrecht in den   schlusses der Fachdisziplinen.
                             jeweiligen Landesbauordnungen unterschied-
                             lich geregelt, und Bauanträge werden ungleich   3) Dass Vertreter*innen des Handwerks in man-
                             beschieden.  Trotz  klarer  Benennung  unserer   chen Bundesländern gleich oder sogar besser als
                             Berufsaufgaben in der Musterbauordnung führt   Studienabsolvent*innen in Bezug auf die Bauvor-
                             dies dazu, dass Innenarchitekt*innen mancher-  lage behandelt werden, ist für viele Kolleg*innen
                             orts vieles dürfen, in anderen hingegen schon   berechtigterweise nicht nachvollziehbar. Denn
                             die geringfügigsten Umbauten nicht genehmigt   insbesondere beim Bauen im Bestand ist Gestal-
                             werden. Ja, der Föderalismus lebt von Vielfalt.   tungsexpertise gefragt, die Maßnahmen ins Pla-
                             Ja, wir respektieren auch die Vielfalt der Meinun-  nungsrecht und das Vorhaben in den Kontext des
                             gen in den einzelnen Ländern. Nein, dass dieses   Bestandes einbettet. Baukulturelle und fachliche
                             Thema nicht alle gleich stark betrifft, hält uns   Qualität ist nur bei Hochbauarchitekt*innen und
                             nicht davon ab, es auf unsere Agenda zu setzen.  Innenarchitekt*innen gleichermaßen und unbe-
                                                                     dingt gegeben.
                             Welche Lösungen bieten sich an? Hier stehen wir
                             unterschiedlichen  Tendenzen gegenüber. Drei   Als bdia sorgen wir dafür, dass das Thema Bau-
                             Hauptrichtungen können benannt werden.   vorlage immer wieder zur Debatte steht. Denn
                                                                     als Berufsverband setzen wir uns für die etwa
                             1) Innenarchitekt*innen sind umfassend dafür  1000 Innenarchitekt*innen ein, die Mitglieder
                             ausgebildet, um im Bestand zu bauen. Für den  sind. Doch außerhalb unseres Verbandes gibt es
                             Umbau und die Erweiterung von Bestandbau-  noch über 5000 Kolleg*innen in den Länderar-
                             ten – unabhängig von der Gebäudegröße – ist  chitektenkammern, die in ihrer Berufspraxis den
                             eine uneingeschränkte Bauvorlageberechti-  gleichen Hürden gegenüberstehen wie unsere
                             gung absolut notwendig und sinnvoll. Dies  Mitglieder. Das heißt für uns: Nicht nur wir und
                             muss bundesweit gegeben sein, denn die  unsere Mitglieder sind gefragt. Um große Verän-
                             UmBauwende benötigt Expert*innen, die die  derungen umzusetzen, braucht es die Stimmen
                             große Masse an Bauaufgaben bewältigen kön-  vieler. Deshalb fordern wir auch die Kammermit-
                             nen. Allein die Hochbauarchitektenschaft kann   glieder, die nicht Teil des bdia sind, auf, sich für
                             dies nicht stemmen. Denn bei einer Sache sind  die Bauvorlage für Innenarchitekt*innen in ihren
                             wir uns sicher: Das Bauen im Bestand ist das  Länderkammern einzusetzen. Auch die Mitglie-
                             Bauen der Zukunft!                      der des  Ausschusses Innenarchitektur in der
                                                                     Bundesarchitektenkammer spielen eine wichtige
                             2) Im Moment streben die Kammern einiger  Rolle für die Argumentation. Dort vertreten wir
                             Bundesländer danach, die Sonderregelung der  mit Nachdruck unser Anliegen auf Bundesebene,
                             Landesbauordnung NRW zu adaptieren. Eine  um auf die Kammern einzuwirken.
                             ergänzende Hochschulprüfung macht es Innen-
                             architekt*innen dort möglich, die umfassende  Euer Carsten Wiewiorra
                             Bauvorlageberechtigung zu erlangen. Aber auch   Präsident bdia


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