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Neptunes, 2023
                                                                            von • by Andrew McIntosh
                                                                            www.mackie-art.com



                                                                          Ein Fischladen, ein Souvenirshop, ein Sonnenstudio – verlassen,

                                                                          vergessen, für immer geschlossen. In einer Serie großformatiger

                                                                          Ölgemälde porträtiert der schottische Künstler Andrew McIntosh

                                                                          den Einzelhandel als  vom Aussterben bedrohte Spezies. Mit

                                                                          schwächelnder Leuchtreklame, verrammelten Türen und bröckeln-

                                                                          dem Putz stehen sie da, die einst stolzen Hoffnungen mutiger

                                                                          UnternehmerInnen. Als Setting für die melancholische Serie,

                                                                          die  McIntosh  im  Sommer  2023  unter  dem  Titel  „Dreamers”  in


                                                                          der James Freeman Gallery in London ausstellte, dienen düster
                                                                          vernebelte Landschaften, die uns auf den Herbst einstimmen.


                                                                          Mystische Naturdarstellungen dieser Art sind ein wiederkehrendes

                                                                          Thema im Werk des 1979 in Grantown-on-Spey geborenen Neo-

                                                                          Romantikers. Der darin erkennbare Rückbezug auf die englische

                                                                          Romantik  zeugt  von einem kritischen Blick auf unsere heute

                                                                          strauchelnde  Konsumgesellschaft.  In  der  Romantik  zwischen

                                                                          Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein

                                                                          wurden wilde, abgelegene Landschaften von einer sinnsuchenden

                                                                          High Society angesteuert – als Orte der transzendenten Begegnung

                                                                          mit der Natur und Reaktion auf einen rasanten technologischen

                                                                          Fortschritt in den Städten. In den idealisierten Landschaftsbildern

                                                                          jener Zeit traten das Licht und die Farbe von Sonne, Energie und

                                                                          Wasser an die Stelle gegenständlicher Bildthemen. Eine Fahrt

                                                                          durch die schottischen Highlands inspirierte auch McIntosh  zur

                                                                          romantisierenden Bildsprache für seine neue Serie. „Ich sah schöne

                                                                          Herrenhäuser und Cottages in dieser malerischen Umgebung und

                                                                          wollte sie gern festhalten – konnte aber keinen Grund dafür finden.

                                                                          So ersetzte ich sie durch die verfallenen Geschäfte – Relikte einer

                                                                          vergangenen Zeit – , die mir sonst überall so zahlreich begegnen.“
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