Page 139 - AIT0918_E-Paper
P. 139
Thomas Frey
1964 in Paderborn geboren 1983–1985 Schreiner-Ausbildung, anschließend Tätigkeit im Innenausbau 1986–1992 Studium Industrial Engineer, Schwerpunkt
Betriebs wissenschaft 1992–1996 Betriebsleiter La-Z-Boy (Polstermöbel) 1997–2000 kfm. Leiter Randolff (Bilderrahmen) 2001–2009 Leiter Produktion / Logistik
Wella (Friseureinrichtungen) 2009–2010 Geschäftsführer HSE Shopdesign (Friseureinrichtungen) seit 2011 selbstst. Personalberater, Branchenfokus Ladenbau
stellenleiter des Europäischen Verbands Visuelles Marketing/Merchan di sing. Die digi - gen auf den Preis haben. Shopbetreiber müssen sich fragen, wo fließen die Daten
tale Revolution wird den Einzelhandel verändern – und damit den Ladenbau vor meiner Kunden hin, welche Serverlandschaft wird benötigt, welche Sicherungs- und
neue Herausforderungen stellen. Die fünf großen Trends im Überblick: Back-up-Systeme sind notwendig. Daraus folgen wiederum Konsequenzen für den
Laden bau: die Vernetzung der Verkaufsräumlichkeiten mit der zentralen IT-Steuerung
Trend I: Multichannel-Retailing und dem Warenlager oder die Berücksichtigung intelligenter Elektronik wie bei spiels -
weise RFID-Chips an den Regalen und Verkaufsdisplays.
Multichannel-Retailing, also die Kombination aus stationären Ladenlokalen, Online-
shops und Versandkatalogen, ist die Antwort des Handels auf die aktuellen Heraus - Trend III: Neue Bezahlsysteme
forderungen. Die vielfältigen Kundenwünsche in Bezug auf Information, Kommuni ka -
tion und Reaktion, aber auch auf Produkt-Tests oder Bezahlverhalten werden durch Derzeit werden im stationären Einzelhandel mehr als die Hälfte aller Waren in bar
diverse Absatzkanäle bedient. So kann der Kunde sich zu jedem Zeitpunkt und an be zahlt. Experten sind sich darin einig, dass dieser Anteil deutlich sinken wird. Das
jedem Ort informieren – und kaufen. Dabei hinterlässt er Datenspuren, die für Mar - bargeldlose Bezahlen wird deutlich zunehmen. Nicht nur, weil es durch die Politik
ke ting und Vertrieb zu einem wertvollen Rohstoff werden. Und das hat Folgen für die gefördert wird, um Kriminalität zu vermeiden und Geldströme transparenter zu ma -
Beschäftigten im Einzelhandel: Immer mehr und immer neuere Waren erfordern im - chen. Sondern auch, weil die Handelskonzerne mehr und mehr Daten sammeln
mer aktuellere Produktkenntnisse. Die Modernisierung der Geschäftsprozesse im möch ten. Hinzu kommt, dass neue, junge Käuferschichten auf den Markt treten, die
Rah men der Digitalisierung erfordert betriebswirtschaftliches Know-how, die Durch - mit mobilen Prozessen per Smartphone vertraut sind und diesen weniger kritisch ge -
dringung des Handels mit neuen Technologien IT-Kompetenz mit ständigem Up date. gen überstehen als ältere Konsumenten. Mobile Paying via Smartphone und Karte
Drei Beispiele dazu: Bücher werden immer öfter via E-Reader heruntergeladen und wird in den kommenden Jahren größeres Gewicht einnehmen. Die erste bargeldlose
auf dem Tablet gelesen, Filme werden via Stream genossen. In der Hotellerie erfolgen Gesellschaft wird aber nicht in Asien, Europa oder in den USA heranwachsen, son-
schon heute 50 Prozent der Buchungen über digitale Kanäle. Und das hat zur Folge, dern in Afrika. In vielen Ländern des Kontinents besteht keine Banken-Infrastruktur
dass der Mitarbeiter im Einzelhandel nicht nur über eine solide Produktkenntnis und mit Geldautomaten oder Filialen, da her bleibt den Menschen häufig nur das digitale
einen sicheren Umgang mit Kunden verfügen muss. Er muss sich auch mit den IT- Bezahlen per Handy. Auch bei uns wird sich die Bankenlandschaft drastisch ändern:
gestützten Prozessen und Kanälen auskennen, um Service-Wünschen Rechnung zu Einige ihrer Aufgaben (Kredit vergabe, Bezahlung) gehen über an die Big Player im
tragen. Für die Personalplanung bedeutet das zwingend, sich mit dem Thema Onlinehandel, wie Amazon oder eBay. Diese nutzen die neuen Aufgaben als
Digitalisierung auseinanderzusetzen. Dabei muss sichergestellt sein, dass die IT- Bezahldienstleister dazu, noch weitere Bankgeschäfte an sich zu ziehen – auch vor
Fachabteilung mehr und mehr zum internen Berater eines Einzelhändlers wird und dem Hintergrund der systematischen Auswertung von Kundendaten. Die Folgen für
das Personal im Kundenkontakt auch Lösungen für typische technische Probleme die Innenarchitektur und den Laden bau sind erheblich: Kassenzonen in Super -
parat hat. Das bedeutet, entsprechende Budgets für die Weiterbildung zu berück- märkten und anderen Geschäften werden sich verändern. Der komplette Entrance/
sichtigen, zum Beispiel für Schulungen zum Thema Datensicherheit. Der Bereich der Check-out-Bereich muss angepasst und überall Mobile-Payment-fähig werden. Neue
IT wird mehr und mehr zu einem entscheidenden Faktor für den Erfolg. Projekt - Technologien wie RFID werden in die Stores einziehen sowie mit Kassen und Waren -
manager müssen sich hier permanent auf dem Laufenden halten, um kompetent zu logistik vernetzt sein. Hier entsteht eine wichtige Schnittstelle für die neue Daten -
beraten. Und was für den Einzelhandel gilt, gilt ebenso für seine Dienstleister. Auch architektur im Einzelhandel.
Architekten und Innenarchitekten im Retailsegment haben es mit neuen Anfor de run -
gen in Zeiten der Digitalisierung zu tun. Einrichtungskonzepte werden sich än dern: Trend IV: Robotik
So sind Theken mit integrierten Flatscreens bereits jetzt Standard, neue Tech nologie-
Trends wie Virtuelle Realität und Robotik müssen zukünftig stärker berücksichtigt Aufmerksamkeitsökonomie ist das entscheidende Stichwort, wenn es um den
werden. Außerdem muss bei der baulichen Planung die Anbindung von digitalen Einsatz von Robotern im Kundenservice geht. Roboter kommen in asiatischen
End geräten oder die Automatisierungstechnik an Warenträgern und deren An schluss Shoppingmalls bereits häufig zum Einsatz, ebenso auf Kreuzfahrt-Schiffen. Im
an das Datennetzwerk berücksichtigt werden. Der IT-Spezialist und die Daten bank - Kontakt mit dem Kunden ist der Roboter im deutschen Einzelhandel bislang eher die
fach kraft rücken im Ladenbau in eine wichtige Position: Innenarchitektur im Einzel - Ausnahme. Jedoch hat er den Back-Bereich, also die Einzelhandels-Logistik, längst
handel wird mehr und mehr bestimmt von der Datenarchitektur. erobert. Hier finden wir die Auto mati sierung wiederkehrender, gleichbleibender
Prozesse vor: Zum Beispiel die Ein- und Umla ge rung, den innerbetrieblichen Trans -
Trend II: Big Data port und auch die Kommissionierung. Die Waren befüllung der Stores durch
autonome Lieferfahrzeuge wird diesen Trend beschleunigen. Auch in diesen Prozess
Bei der Digitalisierung im Einzelhandel geht es vor allem um vier Aufgaben: Daten greift Big Data ein: Die an der Kasse erhobenen Daten, gekoppelt mit Sensoren am
erheben, Daten verarbeiten, Daten ausgeben und Daten sichern. Das Unternehmen Regal und den Informationen aus dem Warenlager, lösen Bestellungen aus. Hinzu
sollte sich darüber Gedanken machen, welche Daten erhoben werden sollen – und kommen Prognosedaten, die als Grundlage für die Auto-Disposition herangezogen
auf welchem Weg dies passiert. Ob Informationsverhalten oder Bezahlverhalten ge - werden. Für Planer und Architekten bedeutet das, dass die datentechnische Ver -
mes sen werden soll oder ob die Datenerhebung im Store vorgenommen wird, zum sorgung stets berücksichtigt und am besten schon frühzeitig in die Planung einbezo-
Beispiel mit der Analyse von Lauf- und Verweilverhalten von Kunden. Wichtig ist es, gen werden muss. Hinzu kommt bei der baulichen Planung, dass Fahrtwege und
sich darüber im Klaren zu sein: Welche Daten sind wichtig? Auch kann die elektro - Bela dezonen von Robotern stärker berücksichtigt werden müssen – genauso wie
nische Preisauszeichnung direkt mit dem Warenbestand gekoppelt werden: Wenn ein Logistikflächen, auf denen Warenübergaben zwischen Robotern und autonomen
entsprechend geringer Bestand vorhanden ist, kann das beispielsweise Auswir kun - Fahr zeugen stattfinden können.
AIT 9.2018 • 139