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SERIEN FRAU ARCHITEKT • MS. ARCHITECT
Quelle: Der Weltspiegel 1937 Foto: Heinrich Hoffmann; Quelle: U. S. National Archives
„Der Weltspiegel“, 16. Juli 1937 • "Der Weltspiegel", 16 July 1937 Salon im Prinz-Carl-Palais in München, 1937, Entwurf: Gerdy Troost • Salon at Prince Carl Palais in Munich 1937, design: Gerdy Troost
Münchner Bauten wie das Haus der Deutschen Kunst fertig (1932−1937), ebenso den
Führerbau, Hitlers Büro und Zentrale (1931−1937) und den Verwaltungsbau der NSDAP
Gerdy Troost behielt sich bei ästhetischen (1931−1937) am Königsplatz. Gerdy Troost reklamierte die renovierten Innenräume der
alten Reichskanzlei in Berlin (1933−1934), Hitlers Wohnung in München (1935), den
Fragen das endgültige Urteil vor. Berghof am Obersalzberg (1935−1936) sowie das Prinz Carl Palais (1937) in München für
sich. In ihrem Stil vermischten sich moderne und traditionelle Elemente. Die Reno-
vierung des Prinz-Carl-Palais offenbart mit horizontalen Linien, indirekter Beleuch-
tung, satter Farbigkeit und den behaglichen Materialien Troosts Kenntnis der Tendenzen
zu verleihen und überhäufte ihn, insbesondere nach 1933, mit groß angelegten im zeitgenössischen europäischen Design. Hitler schätzte Gerdy Troosts künstlerisches
Projekten. Gerdy Troost war bei sämtlichen Arbeitstreffen ihres Mannes mit Hitler Urteil und berief sie als einzige Frau in die Jury der alljährlichen Großen Deutschen
anwesend. 1933 traf sie sich zum ersten Mal allein mit Hitler, um den Entwurf ihres Kunstausstellung im Haus der Deutschen Kunst, die dazu diente, die neue künstlerische
Mannes für das Denkmal am Odeonsplatz zu sichten und zu besprechen, das den 1923 Ausrichtung des Regimes festzulegen.
beim Hitler-Putsch getöteten Nationalsozialisten gewidmet war. Hitler und Gerdy Troost
hatten also bereits eine Arbeits beziehung geknüpft, als Paul Ludwig Troost 1934 plötz- Streit mit Hitler über modernistische Kunst
lich verstarb. In seinen Erin ne rungen berichtet Albert Speer, dass Hitler, in Panik wegen
des ungewissen Schick sals seiner unvollendeten Projekte, erwog, das Büro selbst zu Über die Frage der Einbeziehung modernistischer Kunst bei der Ausstellung im Jahre
übernehmen. Es war jedoch die junge Witwe, die im Alter von 29 Jahren die Ver- 1937, die Troost befürwortete, Hitler dagegen ablehnte, gerieten sie in Streit. Troost trat
antwortung für die Fertigstellung von Paul Troosts nationalsozialistischen Aufträgen von ihrer Position zurück, wurde allerdings für nachfolgende Ausstellungen wieder ein-
übernahm, die den Standard für die neue Architektur des Regimes vorgeben sollten. Sie gesetzt. Sie gehörte außerdem der Auswahljury für Ausstellungen für Architektur und
erfreute sich Hitlers vollständiger Unter stüt zung, der darauf beharrte, sie sei als Einzige Angewandte Kunst an, die im Wechsel mit der Kunstausstellung jährlich im Haus der
fähig, die Arbeit ihres Ehemanns weiter zu führen, weil sie so eng damit verbunden Deutschen Kunst stattfanden. Darüber hinaus saß sie im Beirat der Bavaria Filmkunst
gewesen sei. und erwarb Kunstwerke für Hitlers geplantes Museum in Linz. 1938 publizierte sie in
Zusammenarbeit mit Kurt Trampler den ersten Band von „Das Bauen im Neuen Reich“,
Sie gründet mit Leonhard Gall das Atelier Troost einer richtungsweisenden Architekturstudie, die die Sicht der Öffentlichkeit auf die
neue Architektur unter der Herrschaft Hitlers prägte. Außerdem wurde darin Paul
Nach dem Tod ihres Mannes begrün dete Troost gemeinsam mit Leonhard Gall Troosts Gründerrolle bei der Entstehung der nationalsozialistischen Architektur hervor-
(1884−1952), Paul Troosts 49-jährigem Assistenten, das Atelier Troost. Gall wurde Leiter gehoben und damit Gerdy Troosts Entschlossenheit unterstrichen, die Vorrangstellung
des Büros und setzte seine architektonischen und technischen Fähigkeiten auf der ihres Mannes gegenüber Speer aufrechtzuerhalten. Das Buch wurde zehntausendfach
Baustelle wie am Zeichentisch ein. Gerdy Troost übernahm die Geschäftsführung und verkauft und erschien in mehreren Auflagen. Troost publizierte einen zweiten Band, der
spielte bei den innenarchitektonischen Projekten der Firma eine maßgebliche Rolle. vorwiegend der Kriegsarchitektur des Jahres 1943 gewidmet war. Ein geplanter dritter
Ihrer Schilderung zufolge war sie zuständig für die Wahl von Farben und Materialien Band über nationalsozialistische Innenarchitektur und Mobiliar wurde nie fertiggestellt.
und besprach mit Gall das Design von Mobiliar, die Anordnung von Räumen und deren Gerdy Troosts Innenraumgestaltung für öffentliche und private Räumlichkeiten fand
Ausstattung mit Stoffen und Kunst werken. Ihre Rolle beschränkte sich jedoch keines- während des Dritten Reiches in Deutschland und über dessen Grenzen hinaus weite
wegs auf das rein Dekorative. Troost entschied über den Charakter von Entwürfen, die publizistische Verbreitung. Der Berghof, Hitlers weitläufiger Rück zugsort auf dem
Richtlinien für handwerkliche Verarbei tung und behielt sich bei ästhetischen Fragen Obersalzberg, diente als wegweisende Kulisse für die in der Mitte der 1930er-Jahre
das endgültige Urteil vor. Neben anderen Projekten stellten Troost und Gall Paul Troosts unternommenen Bemühungen des Regimes, das Image des Führers als Mann von
042 • AIT 7/8.2018