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Gehardine Troost, geb. Andresen


                                                                              1904 geboren in Stuttgart 1920 Abschluss Höhere Mädchenschule, Düsseldorf  1924 Gasthörerin Architektur und
                                                                              Kunstgeschichte, Uni München 1925 Heirat mit Paul Ludwig Troost 1926 Studienreisen USA 1933 Treffen mit Adolf
                                                                              Hitler 1934 Tod von P. L. Troost, Gründung Atelier Troost 1945 zahlreiche Auszeichnungen 2003 Tod in Bad Reichenhall



















































                Quelle: Privatbesitz



                Postkarte aus den 1930er-Jahren: Hitlers Berghof bei Berchtesgaden – Inneneinrichtung der großen Halle • Postcard from the 1930s: Hitler's Berghof near Berchtesgaden—interior decoration of the large hall



                von • by Despina Stratigakos
                D   ie in München ansässige Gerdy Troost war in der Zeit von 1930 bis 1945 als Hitlers  und  die Zusam menarbeit der beiden begann:  Zuerst bei seinem Innenausbau  von
                    Mitarbeiterin in Entwurfsfragen und als künstlerische Beraterin tätig. Obgleich sie
                                                                              Schiffen und später bei den Aufträgen der National sozialisten. Das Paar unternahm aus-
                im nationalsozialistischen Regime keine offizielle Position innehatte, war ihr Einfluss in  gedehnte Studien reisen, darunter 1926 in die Verei nig ten Staa ten, wo sie Hotels und
                künst  lerischen Fragen damals  weithin anerkannt.  Troost, die keine Ausbildung als  Wohnungs bau projekte in Atlantic City, Buffalo, Chicago, Niagara Falls, Phila delphia und
                Gestal terin besaß, behauptete, von ihrem Vater Johannes Andresen, Innenarchitekt und  Washing ton besuchten, außerdem das Ford-Werk in Detroit und Schiffe, die im Hafen
                Eigner der Deutschen Holzkunstwerkstätten in Bremen, beeinflusst gewesen zu sein,  von New York vor Anker lagen.
                und sich an der Seite ihres Mannes, des Architekten Paul Ludwig Troost (1878–1934),
                Kennt nisse erworben zu haben. Ihre Ehe beschrieb sie als künstlerische Partnerschaft.  Anfängliche Abneigung gegen Hitlers nationalsozialistische Politik
                Gehardine (Gerdy) Andresen lernte Paul Troost 1923 im Betrieb ihres Vaters kennen, wo
                damals Troosts innenarchitektonische Entwürfe für die Sierra-Dampfschiffe der Nord -  Als 1930 Paul Troosts Verträge mit der Norddeutschen Lloyd endeten und die Weltwirt -
                deutschen Lloyd produziert wurden. Nach Abschluss ihrer Schulzeit an der Höheren  schafts krise wenig Hoffnung auf weitere Arbeit ließ, begrüßte Troost die Avancen eines
                Mädchenschule in Düs sel   dorf, nahm Andresen im Alter von 16 Jahren eine Arbeit in  neuen Arbeitgebers, der versprach, seine Karriere in ungeahnte Höhen zu führen. Seine
                unbekannter Funktion bei ihrem Vater auf. 1924 zog sie nach München, wo Paul Troost  Frau brachte anfänglich ihre Abneigung gegen Hitlers nationalsozialistische Politik zum
                wohnte, um angeblich dort Archi tektur und Kunst geschichte zu studieren. Sie schrieb  Aus druck, wurde jedoch bald durch seine Vision einer kulturellen Erneue rung deutscher
                sich nicht an der Universität ein, für die sie, wie viele andere Frauen damals, nicht über  Kunst und die für ihren Mann dabei vorgesehene zentrale Position umgestimmt. Sie
                die notwendigen  Voraussetzungen  verfügte, sondern  war Gasthörerin und belegte  sollte ihr Leben lang eine glühende Verfechterin des Nationalsozialismus bleiben. Hitler
                Zeichen unterrichtskurse. Am 5. August 1924 heiratete die 21-jährige Gerdy Paul Troost  betraute Paul Troost damit, den nationalsozialistischen Idealen architektonische Form


                                                                                                                             AIT 7/8.2018  •  041
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