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BAR HOTEL RESTAURANT   LITERATUR  •  LITERATURE
           LITERATUR







           AKTUELLES ZUM THEMA, ARCHITEKTURFÜHRER UND SPANNENDES VON/ÜBER KREATIVE FRAUEN



































           Tasteful                                 Check-in Check-out                       Restaurants, Hotels & Bars

           Das Auge isst ja bekanntlich immer mit: Bars, Cafés und  Es sind absolute Postkartenmotive: Wie in einem Bühnen-  Bereits zum siebten Mal versammelt dieses Jahrbuch wie-
           Restaurants beweisen aber nicht nur bei Speisen und   bild stehen die Gäste im Raum – sie im Leopardenmantel,   der herausragende Projekte aus Gastronomie und Hotelle-
           Getränken guten Geschmack, sie sind auch Experimen-  er dezent in Schwarz. Eine zweite Dame schaut erwar-  rie, die von einer interdisziplinären Jury aus PlanerInnen,
           tierfeld des Interior Designs. Als Nachfolger des Titels   tungsvoll zum Hoteleingang. Das Personal ist hilfsbereit zur   BranchenvertreterInnen sowie FachjournalistInnen sorg-
           „Appetizer“ bietet dieses Buch eine kuratierte Auswahl  Hand, wirkt aber etwas steif. Sogar der Schnee erinnert an   fältig ausgewählt wurden. Von reduzierten Interieurs bis
           der auffälligsten Interieurs neuer Restaurants, Cafés, Bars   Theaterschnee. Das Bild zeigt den Vorplatz des Grandhotels   zu prunkvollen und multimedialen Inszenierungen, von
           und gastronomischer Einrichtungen. Mit seiner Vielfalt an   Zermatterhof in Zermatt – in Szene gesetzt und fotografiert   Zero-Waste-Konzepten bis zu spektakulären Umnutzun-
           Stilen aus aller Welt dient es fast schon als Reiseführer   um 1960 von der Kunstanstalt Brügger. Hotels und Theater   gen: Die ausgezeichneten Beispiele erzählen von der Kre-
           für unerschrockene Feinschmecker und als Inspirations-  haben in der Tat vieles gemeinsam: Es gibt eine Hinter- und   ativität, dem Gespür für Trends – und nicht zuletzt von der
           quelle für Designbegeisterte. So finden sich in „Tasteful“   eine Vorderbühne. Die Vorderbühne ist der Bereich, in dem   Begeisterung der Planenden und GastgeberInnen für ihren
           etwa opulente Restaurants wie das „Coccodrillo“ in Berlin   sich die Gäste aufhalten. Hier finden die Auftritte statt –   Beruf. Denn das Besondere am Award ist, dass nicht nur
           neben puristischen Lokalen wie dem „Under in Lindes-  jeder Gast spielt seine Rolle. Auf der Hinterbühne sind die   die Gestaltung, sondern auch das Zusammenspiel aller
           nes“: Während Ersteres mit tiefroten Wänden, Keramik-   Angestellten unter sich, rauchen eine Zigarette und lästern   kreativen Leistungen bewertet wird – Interieur ebenso
           leoparden, Neonschrift, Fiorucci-Plakaten und Konvexspie-  über jene Gäste, die kein Trinkgeld geben. Im Hotel und im   wie Gastronomie- oder Hotelleriekonzept: Wie greifen die
           geln sowie einer Bibliothek mit knapp 5000 italienischen   Theater ist wenig so, wie es scheint. Rollen, Kostüme und   Ideen ineinander? Wird die Vorstellung der Betreibenden
           Romanen aufwartet, liegt Letzteres an der felsigen Süd-  Umgangsformen sind Teil des Stücks, das täglich aufgeführt  spürbar umgesetzt? Welche Vision wiederum haben die
           spitze Norwegens, und der Architekt Kjetil Trædal Thorsen   wird und „Herzlich willkommen“ heißt. Über Jahrzehnte   Planenden aus der Hospitality-Inspiration entwickelt? Wie
           schlug eine ganz andere Richtung ein: Sein monolithischer   prägte die Kunstanstalt Brügger die Bildwelten von Schwei-  wirkt der Raum schließlich auf uns als Gäste und Genuss-
           Baukörper ragt fünf Meter tief ins Meer. Außen dürfen sich   zer Hotels, und ihr Blick für die Inszenierung und das Ver-  menschen? Im Fokus stehen dabei exklusive Geheimtipps,
           auf der rauen, schrägen Betonoberfläche Wasserpflanzen   sprechen an die Gäste wirkt bis heute nach. Dieses Post-  spektakuläre Neueröffnungen und gelungene Umgestal-
           und Napfschnecken ansiedeln, innen herrscht der Mini-  kartenbuch pickt die Rosinen heraus und veröffentlicht aus   tungen beziehungsweise Renovierungen. Alle Projekte
           malismus, damit sich die Gäste ganz auf das große Fens-  dem großen Bildschatz des Alpinen Museums der Schweiz   werden ausführlich mit informativen Texten, Fotos und
           ter unter Wasser konzentrieren können. So beweist diese   die verführerischsten Bilder – betont zumindest Beat Häch-  Grundrissen dargestellt. Spannende Hintergrundgeschich-
           Publikation eindrucksvoll, dass die sich ständig wandeln-  ler, Direktor des Museums, der damit ebenfalls deutlich   ten, Facts & Figures sowie Informationen zu verbauten
           de Gastronomielandschaft immer wieder mit neuen Ideen   macht, wie sehr sich Design, Architektur, Kulinarik, Dienst-  Produkten und Herstellern liefern nicht nur Inspiration,
           und Trends überraschen kann …            leistungen und Angebote im Tourismus verändert haben.  sondern auch Hilfestellung für eigene Projekte.


           Tasteful: New Interiors for Restaurants and Cafés  Check-in Check-out             Die schönsten Restaurants, Hotels & Bars 2025
           Herausgegeben von Masha Erman und Robert Klanten.  Herausgegeben vom Alpinen Museum der Schweiz.  Herausgegeben von DEHOGA, Cornelia Hellstern und Carsten Wiewiorra.
           Erschienen 2024 bei gestalten, Berlin.   Erschienen 2024 bei Scheidegger & Spiess, Zürich.  Erschienen 2025 bei Callwey, München.
           Englisch. 256 Seiten. Hardcover. Format: 24 × 30 cm. 50,00 EUR.  Deutsch. 68 Seiten. Hardcover mit Postkarten. Format: 12 × 16,5 cm. 29,00 EUR.  Deutsch. 256 Seiten. Hardcover. Format: 30 × 23 cm. 60,00 EUR.
           ISBN 978-3-96704-148-4                   ISBN 978-3-03942-189-3                   ISBN 978-3-7667-2771-8

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