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Sabine De Schutter
Foto: Florian Riemann 1984 in Antwerpen geboren 2008 M.A. Architektonische Lichtplanung
an der Hochschule Wismar 2006–2014 Mitarbeit in internationalen
Architektur- und Lichtplanungsbüros 2015 Gründung Studio De Schutter
Spot-Leuchten, versteckt zwischen der Begrünung • Spotlights hidden among the greenery Hängeleuchten, als Papierlaternen im Origami-Stil gestaltet • Pendant lights shaped like origami-style
über als auch abends. Der zentrale Blickfang ist die Bar unter der Kuppel – ein markantes von Pflanzen: In verschiedenen Bereichen haben wir Zonen geschaffen, in denen wäh-
Element, das bis ins Erdgeschoss hineinragt und fünf horizontale Pflanzringe umfasst. Um rend der Betriebszeiten eine angenehme Lichtstimmung herrscht. Nachts wird auf wachs-
die Wirkung dieses Herzstücks optimal zu inszenieren, haben wir mit den Architekten tumsförderndes Licht umgeschaltet – ein Beispiel dafür, wie funktionale und gestalterische
ein Eins-zu-eins-Modell erstellt. Dieses Modell diente dazu, die geplante Lichtwirkung Aspekte Hand in Hand gehen können. Nachhaltigkeit bedeutet für uns nicht nur Ener-
realitätsnah zu erleben, die Wechselwirkung von Materialien, Farben und Lichtverteilung gieeffizienz, sondern auch den bewussten Umgang mit Ressourcen. Unser Ansatz folgt
zu prüfen und in enger Abstimmung mit den Denkmalbehörden eine Lösung zu ent- der Idee der Kreislaufwirtschaft: Alle eingesetzten Leuchten sind modular, reparierbar
wickeln, die sich behutsam in das denkmalgeschützte Ensemble, das Hanseviertel von und rückbaubar. Durch den Verzicht auf Klebeverbindungen und den gezielten Einsatz
GMP aus dem Jahr 1980, integriert. So konnten wir die Lichtwirkung zusammen mit den sortenreiner Materialien können Komponenten leicht ausgetauscht oder recycelt werden.
Denkmalbehörden abstimmen und sicherstellen, dass die ikonischen Cabochons – die Zusätzlich haben wir mit lokalen Herstellern zusammengearbeitet, um Transportwege zu
an Jahrmärkte erinnernden Kappenleuchten – nicht nur eine visuelle Signatur setzen, minimieren und die regionale Wertschöpfung zu stärken. Diese bewusste Entscheidung
sondern auch ein stimmungsvolles Lichtspiel erzeugen. Gleichzeitig wurden Zoom-Strah- sorgt nicht nur für eine ökologische Optimierung des Projekts, sondern erhöht auch die
ler integriert, um die Pflanzenringe subtil in Szene zu setzen und die Dimension der Transparenz über Materialherkunft und Produktionsprozesse. Le big TamTam zeigt, dass
Architektur zu betonen. Licht weit mehr ist als eine funktionale Notwendigkeit – es ist ein zentrales Gestaltungs-
element, das Atmosphären schafft, Räume zoniert und den Charakter eines Ortes prägt.
Technik: Flexibel, wartungsarm, effizient Da es nicht die eine „richtige“ Lichtstimmung für alle Situationen gibt, wurde die Beleuch-
tung bei Le big TamTam bewusst dynamisch gestaltet: Über verschiedene Lichtszenarien
Langlebigkeit und Anpassungsfähigkeit waren zentrale Kriterien unserer Lichtplanung. passt sich der Raum flexibel den wechselnden Anforderungen an.
Alle eingesetzten LED-Systeme sind modular aufgebaut, wartungsfreundlich und bieten
die Möglichkeit, Komponenten einfach auszutauschen. Dies sorgt nicht nur für Energieef- Licht als identitätsstiftendes Element in der Gastronomie
fizienz, sondern gewährleistet auch, dass das Beleuchtungskonzept langfristig bestehen
und bei Bedarf modifiziert werden kann. Besonders wichtig war uns die intelligente Steu- Ein Bereich mit nur begrenztem Zugang zu Tageslicht soll tagsüber hell und offen wirken –
erung der Lichtstimmungen. Wir haben vier programmierte Szenarien entwickelt, die sich perfekt für ein Mittagessen mit Kollegen. Abends hingegen schafft eine wärmere, gedimm-
nach Tages- und Jahreszeit richten: Morgens und mittags wird der geringe Tageslichteinfall te Lichtatmosphäre eine einladende Kulisse für entspannte Zusammenkünfte. Die Lichtpla-
durch gezielt gesetzte Lichtstärken ausgeglichen, und es wird eine neutrale bis tages- nung bringt in diesem Projekt die Multifunktionalität der Architektur zur Geltung und macht
lichtähnliche Farbtemperatur benutzt, um eine offene, einladende Atmosphäre zu schaf- den Raum zu jeder Tageszeit erlebbar. Unser Beleuchtungskonzept verbindet architektoni-
fen. Abends verwandelt sich der Raum in eine kontrastreiche, warme Umgebung. Bei sche Qualität, technische Effizienz und emotionale Wirkung zu einer stimmigen Gesamt-
Veranstaltungen wird eine dramatischere Lichtinszenierung aktiviert, um eine besondere inszenierung. Dabei war es uns wichtig, eine hohe Flexibilität zu gewährleisten: Durch
Bühnenwirkung zu erzielen. Besonders wichtig war es, die Fläche aus dem Erdgeschoss den modularen Aufbau der Technik können später Anpassungen vorgenommen werden,
hell und einladend erscheinen zu lassen, obwohl sich die Gastronomie im Untergeschoss sei es durch eine Veränderung der Lichtstimmungen oder durch eine Umgestaltung der
befindet. Dafür haben wir die am tiefsten gelegenen Bereiche – die Essensstände – mit Gastronomiebereiche. So bleibt die Lichtgestaltung zukunftsfähig und kann sich wandeln-
speziellen Licht-Panels ausgestattet. Ihre Lichtfarbe und Intensität lassen sich abhängig den Bedürfnissen anpassen. Licht ist nicht bloß Mittel zum Zweck – es ist ein integraler
vom Tagesverlauf anpassen, sodass sich die Stimmung harmonisch in den natürlichen Bestandteil unserer Wahrnehmung und der Architektur. Mit Le big TamTam haben wir
Tagesrhythmus einfügt. Dadurch entsteht aus der Perspektive des Erdgeschosses der Ein- gezeigt, dass eine durchdachte Lichtplanung sowohl funktionale als auch emotionale
druck eines lebendigen, einladenden Raums. Eine weitere Besonderheit ist die Integration Mehrwerte schaffen kann – für die Besucher, für die Betreiber und für die Stadt Hamburg.
AIT 6.2025 • 127