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Olympia, 2020
von • by Matthias Weischer
Foto: Enrico Meyer
www.matthiasweischer.de
„Meistens beginne ich meine Bilder abstrakt – die Räume und
Gegenstände tauchen auf aus einer kosmischen Suppe“,
beschreibt Matthias Weischer den Beginn seines Malprozesses.
Gegenständliche Kunst mit fließenden Grenzen zur abstrakten
Malerei – neben der Ausbildung an der Hochschule für Grafik und
Buchkunst Leipzig wird er besonders aufgrund dieser Eigenschaft
seines Œuvres zu den Vertretern der „Neuen Leipziger Schule“
gezählt. Vermeintlich verblichene Farben, collagenhafte Komposi-
tionen, eine mehrdeutige Strukturierung der Oberfläche durch
dicke Farbschichten, Gemälde im Gemälde und nicht zuletzt totge-
sagte Ornamente und florale Muster betonen das Vergangene in
Weischers Zitaten einstiger (Bau-)Kunstepochen und hauchen
seinen Werken eine melancholische Geruhsamkeit ein. Die Per-
spektive der Räume ist dabei nicht immer eindeutig auf einen
Fluchtpunkt zurückzuführen. Beim Brechen der linearen Verhält-
nisse von Objekten im Raum erzeugt der Künstler ebendiesen:
Raum! Raum für den Betrachter, der durch den vermeintlichen
Regelbruch dazu aktiviert wird, verschiedene Standpunkte
einzunehmen. Feste, solide Flächen schaffen Orientierungsanker in-
nerhalb dieser Verschiebungen. Vom ersten bis zum letzten Pinsel-
strich schreibt sich die Hand des Malers in das Gemälde ein. Und
wie ein Archäologe darf der Betrachter bis in die ersten Schichten,
die hier und da aufblitzen, den gesamten Entstehungsprozess
nachempfinden. „Meine Bilder tun nicht so, als würden sie die Re-
alität abbilden. Sie verweisen immer auch auf sich selbst und of-
fenbaren, dass sie ein Stück Malerei sind. Deswegen strapaziere ich
das Material und führe es gern an seine Grenzen und manchmal
auch über den Rahmen hinaus“, so Weischer.
© Matthias Weischer und VG Bild-Kunst, Bonn 2022.