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Frauen in der Architektur Warum ich Architektin wurde
Selbstbewusst strahlt die junge Denise Scott Brown vom Cover dieser – in vielerlei Hin- Es war an der Zeit – endlich räumt jemand mit dem Vorurteil auf, Margarete Schütte-Li-
sicht – schwergewichtigen Publikation. Der Schnappschuss von Ehemann Robert Venturi, hotzkys (1897–2000) Lebenswerk würde sich auf die Konzeption der „Frankfurter Küche“
1966 vor der Kulisse von Las Vegas aufgenommen, nimmt perfekt Absicht und Inhalt des beschränken. Allein dafür schon Dank an die Herausgeberin Karin Zogmayer! Ihr Ver-
Kompendiums voraus. Dass das Leben der dienst ist nicht nur, dass anhand von
inzwischen 89-jährigen Architektin jüngst Schütte-Lihotzkys autobiografischen Erinne-
als Comic in Manga-Manier veröffentlicht rungen – und daraus besteht im Wesentli-
wurde, zeugt von anhaltender Präsenz und chen das Buch – sehr persönliche Portraits
aufgeflammter Wahrnehmung weiblicher von bekannten Weggefährten wie Adolf
Positionierung in der Architektur und spannt Loos, Josef Frank und Otto Neurath entstan-
den Bogen aus der Vergangenheit in die Zu- den sind. Sie klärt auch darüber auf, was
kunft. Nach einem sehr empathischen Intro das wirklich Revolutionäre an der Frankfur-
von Odile Decq startet das Werk mit einem ter Küche ist und dass Schütte-Lihotzky als
umfangreichen, gut recherchierten Rück- eine der ersten Frauen, die in Österreich Ar-
blick auf die ersten „Frauen in der Geschich- chitektur studiert haben, den Beruf Architek-
te der Architektur“, Gastautoren würdigen tin wählte, um die Lebensqualität ihrer Mit-
die Lebenswerke von Eileen Gray, Lina Bo menschen zu verbessern. Dass sie sich dafür
Bardi und Zaha Hadid, und Ursula Schwitall politisch engagieren musste, sie dabei in po-
hat aufschlussreiche Fakten, Daten und Zah- litische Gefangenschaft geriet, was sie bei-
len zu „Frauen in der Architektur heute“ zu- nahe das Leben gekostet hätte, erzählt
sammengetragen. Die restlichen drei Viertel des Buches sind 36 großartigen Architektin- Schütte-Lihotzky detail- und pointenreich. Karin Zogmayer hat diese Erinnerungen klar
nen gewidmet, die alle in den letzten Jahren als Referentinnen der Vortragsreihe „Archi- strukturiert, chronologisch wie thematisch sortiert, mit Grundrissen, Skizzen und Fotogra-
tektur heute“ an der Universität Tübingen zu Gast waren – organisiert von der Kunsthis- fien angereichert. Obwohl Schütte-Lihotzky 1993 bemerkt haben soll „... im Übrigen habe
torikerin und Herausgeberin Ursula Schwitall. Jeweils auf vier Seiten, mit großen Bildern, ich sehr ungern geschrieben und wollte immer nur bauen“, ist ein überaus spannendes,
Plänen und Texten – diese hätten gerne eine Spur persönlicher ausfallen dürfen. ps erkenntnisreiches Buch entstanden – ein Must Read für alle Innen-/Architektinnen! ps
Frauen in der Architektur. Rückblicke, Positionen, Ausblicke Herausgegeben von Ursula Schwitall. Erschienen 2021 im Warum ich Architektin wurde Von Margarete Schütte-Lihotzky. Herausgegeben von Karin Zogmayer. Erschienen 2019 im
Verlag Hatje Cantz, Berlin. Deutsch. 216 Seiten. Hardcover. Format: 24 x 30 cm. 48,00 EUR. ISBN 978-3-7757-4868-1 Residenz Verlag, Salzburg. Deutsch. 232 Seiten. Hardcover. Format: 14 x 22 cm. 24,00 EUR. ISBN 978-3-70173-497-9