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Entwurf • Design Alex Schweder, US-New York & Clemens Klein, Berlin
Bauherr • Client Dr. Bettina Klein, Hessenburg
Standort • Location Dorfplatz 5, 18317 Hessenburg
Nutzfläche • Floor space 1.200 m 2
Fotos • Photos Philipp Obkircher, Berlin
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Auch die Zimmer im Erdgeschoss bestechen durch den Kontrast aus roher Architektur und historischem Mobiliar. • The rooms on the ground floor also appeal with contrasting raw architecture and historic furniture.
von • by Dr. Uwe Bresan
H essenburg, ein 120-Seelen-Dorf auf halber Strecke zwischen Rostock und Stralsund künstlerische Arbeiten – darunter vor allem experimentelle Fotografien, Videos, Projek-
tionen und Rauminstallationen. Jeweils zwei Artists-in-Residence werden dafür pro Jahr
am Saaler Bodden gelegen, ist ein beschaulicher Flecken Erde – umgeben von
fruchtbaren Acker flächen und überwölbt von einem zumeist makellosen blauen Ostsee- nach Hessenburg eingeladen. Die Museumsräume selbst hat Schweder als rohe Hüllen
himmel. Seit dem 13. Jahrhundert ist der Ort besiedelt, wie ein mittelalterlicher Turm - konzipiert. Nach der Schwammsanierung verzichtet er auf das Wiederverputzen der frei-
hügel bezeugt. Im späten 18. Jahrhundert erwirbt das Geschlecht derer von Hesse das Rit- gelegten Backsteinwände und belässt die neu eingebrachten De ckenbalken sichtbar. Der
tergut samt den umliegenden Ländereien. Unter den neuen Besitzern erhält das Dorf neue, hell gebeizte Dielenboden wird wiederum auf Abstand zu den historischen Wän-
1840 seinen heutigen Namen. Zur gleichen Zeit entstehen auch das Gutshaus in der Orts- den verlegt. In den Auslassungen versteckte Leuchten fungieren als indirekte Lichtquellen
mitte sowie der angrenzende, viereinhalb Hektar große Park. Den mittelalterlichen Turm- und beleben wie in den Boden eingelassene Wallwasher die rauen Ziegelwände.
hügel bauen die von Hesses zu einer Begräbnisstätte aus. Bis zum Ende des Zweiten Welt-
kriegs wird das schlichte, mit Klinker verkleidete, jedoch durch seine klassischen Formen Die Gästezimmer entstehen nach und nach seit 2015
„veredelte“ Gutshaus von der Familie bewohnt. Es folgen Besatzung, Enteignung und Ver-
treibung. Zu DDR-Zeiten wird das Gebäude dann von der Dorfgemeinschaft als Kinder- Das avantgardistische Museum in der sonst eher kunstscheuen Provinz erfährt großen
garten genutzt, bis in den 1990er-Jahren eine Zeit des Leerstands und des Verfalls folgt. Zuspruch, zumal die Berliner Kulturschickeria die Ostsee längst als Wochenenddestina-
tion entdeckt hat. Für ihren sensiblen Umgang mit dem Bestand erhalten Klein und
Das Museum in der Beletage des Gutshauses eröffnet 2011 Schweder außerdem mit dem Landesdenkmalpreis (2012) sowie der Denkmalplakette
des Landes Mecklenburg-Vorpommern (2014) höchste Auszeichnungen von staatlicher
Über eine Reihe „biografischer Zufälle“ gelangt das Anwesen um die Jahrtausendwende Seite. Seit 2012 darf im Gutshaus sogar offiziell geheiratet werden. Der nächste, folgerich-
schließlich in den Besitz der aus Hessen stammenden, promovierten Kunsthistorikerin tige Schritt kommt dann 2015 mit der Einrichtung von ersten Gäste zimmern im Erdge-
Dr. Bettina Klein. Sie weckt – mit wenig finanziellen Mitteln, dafür aber mit umso mehr schoss des Gutshauses sowie von zwei Ferienwohnungen im Kutschenhaus. Auch für die
persönlichem Engagement – das Gut Hessenburg aus seinem Dornröschenschlaf. Der Gestaltung des Kranich Hotels bleibt Schweder seiner Linie treu. Selbst die Toiletten wer-
erste Schritt dazu ist Mitte der Nullerjahre die Einrichtung eines kleinen Restaurants im den mitunter frei in die Bäder eingestellt und lediglich durch verspiegelte Sichtschutz-
Gebäude der alten Schmiede, etwas abseits des Herrenhauses, sowie die Wiederherstel- wände abgetrennt. Kontrastiert wird die kühle Rohbau ästhetik der Räume allerdings
lung der Parkanlagen. Erst nach und nach reichen die Mittel, um auch das vom Haus- durch historische Einrichtungsstücke – etwa Tische, Stühle und Schränke vom Floh-
schwamm befallene Hauptgebäude sowie das benachbarte Kutschenhaus wieder markt – sowie Vorhänge und Teppiche. Zudem besitzt jedes Zimmer eine freistehende
bewohnbar zu machen. Unterstützung erfährt die neue Gutshofbesitzerin dabei seit mehr Badewanne. Es sind Original-Modelle aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende, die
als zehn Jahren von dem New Yorker Architekten und Künstler Alex Schweder. Sie haben für die Einrichtung des Kranich Hotels aufwendig restauriert wurden. Seit 2015 entstan-
sich zu Beginn der 2010er-Jahre zufällig in Berlin kennengelernt. Schweder arbeitet ei- den so nach und nach insgesamt zehn Suiten. Die beiden jüngsten eröffneten zu Beginn
gentlich an der Schnittstelle von Architektur und Performance und entwickelt regelmäßig der aktuellen Saison unterm Dach. Mit eingestellten Alkoven und teilweise als Maiso-
Großinstallationen, die er im Rahmen von Ausstellungen und Happenings auch „be - netten ausgeführt, sind sie die neuen Paraderäume des Hauses. Unterstützung bei der
wohnt“ (siehe AIT 3.2020). „Handfeste Architektur“ wie in Hessenburg verantwortet er Umsetzung erhält Schweder übrigens seit einigen Jahren von Clemens Klein. Der Sohn
eher selten. Gleichwohl reizt ihn die Aufgabe bis heute! Auf Schweders Initiative entsteht der Bauherrin ist Anfang dreißig und hat in den zurückliegenden Jahren in Berlin und Zü-
zunächst 2011 in der Beletage des Gutshauses das sogenannte Kranich Museum. Es wid- rich Architektur studiert. Zusammen mit Schweder übernahm er zuletzt auch den Umbau
met sich ausschließlich den Zugvögeln, die im Spätsommer und frühen Herbst zu Tau- des Restaurants in der alten Schmiede zum neuen, hippen Kranich Café. Und wenn wir
senden die Ostsee-Landschaft bevölkern, und zeigt speziell für den Ort entstandene, dieses Jahr schon in Deutschland Urlaub machen müssen, dann auf jeden Fall hier!
AIT 6.2020 • 113