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Entwurf • Design cpm gesellschaft von architekten mbh, Berlin
                Britt Sylvia Eckelmann                   Mathias Jensch                           Bauherr • Client GbR Oderberger Straße 57–59, 10435 Berlin
                                                                                                  Standort • Location Oderberger Straße 57–59, 10435 Berlin
                1973 in Bad Saarow geboren 1993–1998 Architekturstudium an der TU Berlin,  1972 in Neuruppin geboren 1991–2000 Architekturstudium an der TU Berlin  Nutzfläche • Floor space 8.600 m 2
                  Brighton GB & Winnipeg CA 1998 Gründung cpm architekten 2006–2008 MBA  2003 Eintragung in die Architektenkammer Berlin 2005–2011 Mitarbeit im  Fotos • Photos GLS-Sprachzentrum und Axel Kattner
                an der ESCP Paris 2008 Firmierung als cpm gesellschaft von architekten mbh  Büro cpm architekten seit 2011 Geschäftsführer bei cpm architekten  Mehr Information ab Seite • More information on page 162







































                Möglichst viele historische Elemente zu erhalten, war das Ziel ... • Objective was to maintain as many historic ...  ... auch in den jeweils einzigartig geschnittenen Hotelzimmern. • ... elements also in the uniquely laid out rooms.

                U   nser Büro cpm architekten arbeitet seit über 20 Jahren mit den beiden Schwer -  boden und führte zu dessen Schließung. Die Wannen- und Duschbäder wurden erst
                    punkten Büro ausbau und Revitalisierung. Die Revitalisierung des Stadt bades
                                                                              1994 endgültig geschlossen. Nach 20 Jahren erfolgloser Versuche der Wiederbelebung
                Oderberger Straße hatte für uns, die Bauherrn und das Gebäude ein langes Vorspiel:  überzeugten wir und das GLS-Sprachenzentrum 2011 gegen zahlreiche Mitbewerber
                In den Jahren 2004 bis 2007 wurden die sieben Gebäude der ehemaligen Schule  den Bezirk mit einem Konzept zur Sanierung inklusive Reaktivierung des Schwimm -
                „Gustave Eiffel“ an der Kastanienallee in Berlin Prenzlauer Berg zu einem Campus für  bades und der öffentlichen Zugänglichkeit.
                die GLS-Sprachenzentrum umgenutzt, in das etwa 6500 Kursteilnehmer aus mehr als
                100 Ländern jedes Jahr kommen, um vor allem die deutsche Sprache zu lernen. Es  Kammern mit Badewannen sind jetzt Hotelzimmer
                entstanden 40 Lehrräume, 46 möblierte Apartments für die Schüler, ein Restaurant,
                ein Bistro und Büroflächen. Das gut 8.000 Quadrat meter große Grund stück wurde  Und damit begann die eigentliche Herausforderung: Das zwischenzeitlich verwahrlo-
                zum parkähnlichen Campus mit ortsüblichen Pflanzen und Aufenthalts flächen umge-  ste Armenbad sollte in ein zeitgemäßes Schwimmbad und 4-Sterne-Plus-Hotel ver-
                staltet. Es war ursprünglich mit dem ebenso großen Nachbargrundstück des Stadt -  wandelt werden und dabei den Betriebsansprüchen der Sprachschule, des Seminar-
                bades an der Oderberger Straße verbunden. Die beiden nach dem Krieg verbliebenen  und Bankett-Betriebes für Sonderveranstaltungen genügen. Die Denkmal schutz -
                Flügel der Schule waren über die Zugänge links und rechts des Stadtbades zu errei-  behörde war aufgrund der Prominenz und Einzigartigkeit des Stadtbades im Bezirk
                chen – auf den Torbögen stand „Knaben“ und „Mädchen“. Die Bauherren, das Unter -  besonders sensibel. Es gab jedoch eine sehr konstruktive Zusammenarbeit der Fach -
                nehmer paar Jaeschke, und unser Planungsbüro hatten große Lust das prägnante  behörden unter Leitung des Baustadtrates. Gemeinsames Interesse von Architekten,
                Gebäude in den Campus einzubinden und  wiederzubeleben. 2011 kaufte Barbara  Bauherrn und Behörden war der Erhalt von möglichst vielen historischen Elementen
                Jaeschke das marode Stadtbad vom Land Berlin auf und wir begannen mit dem denk-  beziehungsweise die Rückführung in den Zustand zur Errichterzeit. Wir entschieden,
                malgerechten Umbau des über 100 Jahre alten Gebäudes.         die für die neuen Nutzungen benötigten Bauteile und technischen Einbauten mög-
                                                                              lichst in den bestehenden Strukturen zu verbergen. Die nun natürlich nicht mehr
                Zwei Jahrzehnte Leerstand nach Rissen im Beckenboden          benötigten Bade- und Duschkabinen sollten dennoch erkennbar bleiben. Sie sind aus
                                                                              einem 1902 neuartigen System mit beidseitig glasierten Klinkern und innen liegenden
                Das 8.600 Quadratmeter große Stadtbad stand damals bereits zwei Jahrzehnte leer  Bewehrungseisen  hergestellt.  Wenige  konnten  als  Einzelunterrichtsräume  genutzt
                und verfiel. Es war von 1899 bis 1902 vom damaligen Stadtbaurat Ludwig Hoffmann  werden. Hier sind die im Wandsystem eingelassenen Seifenschalen als Stiftablagen
                geplant und im Stil der Neo-Renaissance erbaut worden. Die Anwohner des um die  nutzbar. Für die größeren Seminarräume wurden ehemalige Kabinentrennwände ent-
                Jahrhundertwende expandierenden Kiezes im Prenzlauer Berg kamen vor allem der  fernt und die mit den Klinkern angeformten Wand stümpfe mit U-Stählen verblendet.
                Körperhygiene wegen an die Oderberger Straße. Wichtiger als das 20 Meter lange  Da die Trennwände nur circa zwei Meter hoch sind, wurde der Anschluss an die
                Schwimmbad waren seinerzeit die 125 Kabinen mit Duschen oder Badewannen, die,  Decken durch Glaselemente ausgebildet, wodurch die Seminarräume ihren Raum -
                strikt nach Geschlechtern geteilt, vermietet wurden, wobei der Männertrakt deutlich  abschluss erhielten, ohne die ursprüngliche Raumwirkung zu verlieren. Brandschutz -
                größer war als der Frauenflügel. 1936 wurden die Lichthöfe im ersten Obergeschoss  technisch und funktional notwendige  Türen  wurden als Glas-Stahltüren in die
                aus Platzmangel überbaut und das Schwimmbecken um fünf Meter auf „olympische“  Flurwände gesetzt und die ursprünglichen,  zu schmalen Holztüren mit Lüftungs -
                Länge gebracht. 1985 verursachte der Bau des Betonschornsteins Risse im Becken -  lamellen daneben belassen und mit Glaselementen verkleidet. Die nicht mehr benötig-


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