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ÖFFENTLICHE BAUTEN • PUBLIC BUILDINGS
ANNE-FRANK-MITTELSCHULE
IN ANTONY
Entwurf • Design MARS Architectes, FR-Paris
Das Collège in der südlich von Paris gelegenen Gemeinde Antony ist
ein Frühwerk von Jean Nouvel und Gilbert Lézènès. Die 1980 errichte-
te Schule für rund 600 Schülerinnen und Schüler wurde nun saniert.
Neben der energetischen Ertüchtigung waren auch räumliche Anpas-
sungen notwendig. Charakteristisches wurde bewahrt oder sogar
nachgebildet, Verändertes wieder zurückgebaut.
von • by Ulrike Nicholson, Tübingen
W enige unterschiedliche Elemente – Balken, Pfosten, Kassettendecken und Fassa-
denpaneele – hatten Jean Nouvel und Gilbert Lézènès in ihrem Baukasten, mit
dem sie den streng gerasterten Grund- und Aufriss ihres Frühwerks entwickelten. Der
beinahe klassisch spiegelsymmetrische Komplex der Anne-Frank-Mittelschule besteht aus
einem Kopfbau mit hoher Eingangshalle und zwei Seitenflügeln, die einen Hof fassen. Seri-
elle Vorfertigung und die Materialien Sichtbeton und Glas prägen den Entwurf der späten
1970er-Jahre. Jede Menge grafischer Details wie Muster an den Fassaden, farbige Neonröh-
ren, gekappte Säulen, schwarz-weiß gestreifte Pyramidendächer, ein auf dem Kopf stehen-
der Modulor oder Streifen auf dem Fußboden waren damals in Zusammenarbeit mit dem
Künstler Pierre-Martin Jacot entstanden. Diese umspielen die Strenge des omnipräsen-
ten Rasters. Als der Gebäudekomplex einer energetischen Sanierung unterzogen werden
musste, standen MARS Architectes vor der Herausforderung, baulich einzugreifen, ohne
dabei den architektonischen Ausdruck zu sehr zu verändern. Neben der Erneuerung der
haustechnischen Anlagen entschied man sich für eine Außendämmung und verkleide-
te diese mit feinem Stahlgitter, da das Pfosten-Riegel-System der Sichtbetonkonstruktion
Wärmebrücken aufwies. Die alten Fassadenpaneele ersetzt heute eine zweischichtige, ver-
glaste Fassade, die das ursprüngliche Farbkonzept aufgreift. Komplett neu errichten musste
man auch die Pyramidendächer über der Kantine, der Küche, der Bibliothek sowie einem
Mehrzweckraum. Gefertigt wurden diese aus isolierten Stahlplatten, samt Nachbildung
der schwarz-weißen Farbstreifen an der Innendecke aus Textil. Manches, was im Laufe
der Jahrzehnte verändert worden war, wurde zurückgebaut, beispielsweise die abgehäng-
ten Decken der Klassenzimmer, um die charakteristischen Betonkassettendecken wieder
freizulegen. So behutsam wie möglich geschahen die notwendigen Anpassungen bei der
Raumaufteilung: So mussten Nutzungsbereiche verlegt und einander neu zugeordnet wer-
den. Zu klein gewordene Klassenräume an der nordöstlichen Hoffassade lösten MARS
Architectes ganz auf – zugunsten sehr breiter und vom Tageslicht erhellter Korridore.
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