Page 102 - AIT0525_E-Paper
P. 102

ÖFFENTLICHE BAUTEN  •  PUBLIC BUILDINGS

































           ANNE-FRANK-MITTELSCHULE

           IN ANTONY


           Entwurf • Design MARS Architectes, FR-Paris



           Das Collège in der südlich von Paris gelegenen Gemeinde Antony ist
           ein Frühwerk von Jean Nouvel und Gilbert Lézènès. Die 1980 errichte-
           te Schule für rund 600 Schülerinnen und Schüler wurde nun saniert.
           Neben der energetischen Ertüchtigung waren auch räumliche Anpas-
           sungen notwendig. Charakteristisches wurde bewahrt oder sogar
           nachgebildet, Verändertes wieder zurückgebaut.



           von • by Ulrike Nicholson, Tübingen
           W     enige unterschiedliche Elemente – Balken, Pfosten, Kassettendecken und Fassa-
                 denpaneele – hatten Jean Nouvel und Gilbert Lézènès in ihrem Baukasten, mit
           dem sie den streng gerasterten Grund- und Aufriss ihres Frühwerks entwickelten. Der
           beinahe klassisch spiegelsymmetrische Komplex der Anne-Frank-Mittelschule besteht aus
           einem Kopfbau mit hoher Eingangshalle und zwei Seitenflügeln, die einen Hof fassen. Seri-
           elle Vorfertigung und die Materialien Sichtbeton und Glas prägen den Entwurf der späten
           1970er-Jahre. Jede Menge grafischer Details wie Muster an den Fassaden, farbige Neonröh-
           ren, gekappte Säulen, schwarz-weiß gestreifte Pyramidendächer, ein auf dem Kopf stehen-
           der Modulor oder Streifen auf dem Fußboden waren damals in Zusammenarbeit mit dem
           Künstler Pierre-Martin Jacot entstanden. Diese umspielen die Strenge des omnipräsen-
           ten Rasters. Als der Gebäudekomplex einer energetischen Sanierung unterzogen werden
           musste, standen MARS Architectes vor der Herausforderung, baulich einzugreifen, ohne
           dabei den architektonischen Ausdruck zu sehr zu verändern. Neben der Erneuerung der
           haustechnischen Anlagen entschied man sich für eine Außendämmung und verkleide-
           te diese mit feinem Stahlgitter, da das Pfosten-Riegel-System der Sichtbetonkonstruktion
           Wärmebrücken aufwies. Die alten Fassadenpaneele ersetzt heute eine zweischichtige, ver-
           glaste Fassade, die das ursprüngliche Farbkonzept aufgreift. Komplett neu errichten musste
           man auch die Pyramidendächer über der Kantine, der Küche, der Bibliothek sowie einem
           Mehrzweckraum. Gefertigt wurden diese aus isolierten Stahlplatten, samt Nachbildung
           der schwarz-weißen Farbstreifen an der Innendecke aus Textil. Manches, was im Laufe
           der Jahrzehnte verändert worden war, wurde zurückgebaut, beispielsweise die abgehäng-
           ten Decken der Klassenzimmer, um die charakteristischen Betonkassettendecken wieder
           freizulegen. So behutsam wie möglich geschahen die notwendigen Anpassungen bei der
           Raumaufteilung: So mussten Nutzungsbereiche verlegt und einander neu zugeordnet wer-
           den. Zu klein gewordene Klassenräume an der nordöstlichen Hoffassade lösten MARS
           Architectes ganz auf – zugunsten sehr breiter und vom Tageslicht erhellter Korridore.

           102  •  AIT 5.2025
   97   98   99   100   101   102   103   104   105   106   107