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ÖFFENTLICHE BAUTEN • PUBLIC BUILDINGS
SCHULERWEITERUNG
IN KÖLN-LINDENTHAL
Entwurf • Design Lederer Ragnarsdóttir Oei, Stuttgart
Das Erzbistum Köln erweitert mit einem Neubau die Schulstandorte
der Liebfrauenschule, der Domsingschule sowie der Kölner Dom -
musik. Was sich zunächst nach einer überschaubaren Bauaufgabe für
Architekten anhört, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als große
Herausforderung – der dafür vorgesehene Standort schließt direkt an
die Kirche Christi Auferstehung von Gottfried Böhm an.
von • by Theresa Hütte
D as monumentale, 1971 eingeweihte Bauwerk ist beispielhaft für Böhms sakrale
Bauten: starke, geometrische Formen, die sich zu einem großen Ganzen zusam-
menfügen und sich dabei jeglicher Symmetrie entziehen. Eine skulpturale Architektur
mit einer enormen Präsenz und Strahlkraft. Im Schatten eines so prägnanten Gebäudes
zu bauen bedarf schon einigen Mutes – und vermutlich auch einer gewissen Portion
Pragmatismus. Denn wie reagiert man mit einem Anbau an ein Bauwerk, dessen Urhe-
ber man sehr schätzt? Vor Ehrfurcht erstarren, sich an den Bestand anbiedern oder
einen lauten Gegenentwurf schaffen? Lederer Ragnarsdóttir Oei aus Stuttgart lösten
diese Aufgabe mit einem Entwurf, der zwar eigenständig neben der Kirche Christi Auf-
erstehung ruht, aber auch nicht versucht, mit ihr in Konkurrenz zu treten – ein eleganter
Spagat zwischen Achtung und Leichtigkeit. Dem Schulbau sieht man diese Bemühun-
gen nicht an – als hätte er dort schon immer zwischen altem Baumbestand, Domsing-
schule und der Kirche Christi Auferstehung gelegen. Durch eine Ziegelfassade, die in
ihrer Farbgebung die Materialisierung der Kirche aufnimmt, wird ein sanfter Übergang
geschaffen. Ein eingeschossiger Baukörper, in dem die neue Zentralmensa für die Schu-
len Platz findet, schafft Abstand zum zweiten, voluminöseren Hauptkörper des Neu-
baus. Dessen Raumprogramm sieht für die musikalische Ausbildung an der Domsing-
schule Übungsräume für Einzel- und Gruppenunterricht vor. Ergänzt werden die Schul-
räume durch Wohneinheiten in den Obergeschossen mit separater Erschließung. Der
qualitative Anspruch der Bauherrenschaft zeigt sich nicht nur im umsichtigen Umgang
mit dem Kontext, sondern auch in der Detailtiefe des Innenausbaus. Im Speiseraum
wird die Konstruktion aus Fachwerkträgern sichtbar gelassen, während große Rundbö-
genfenster an den Kopfseiten einen Sichtbezug zum Park schaffen. Im Hauptgebäude
wird viel Wert auf eine gute Akustik sowie ein ausgewogenes Lichtkonzept gelegt. Die
sorgfältige Ausführung führt nicht nur zu optischen Erfolgen – in den Räumen entsteht
eine hohe Aufenthaltsqualität für die Nutzer. Ein Konzept, das nachhaltig Wirkung zeigt!
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