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Entwurf • Design IFUB* Institut für u. Baukunst, München/Ber lin
                Johannes Krohne                          Bernhard Kurz                            Bauherr • Client GfK SE, Nürnberg
                                                                                                  Standort • Location Ober baum City, Berlin
                1980 geboren 2000–2006 Architekturstudium, München 2006–2012 Freie  1980  geboren  1999–2006  Architekturstudium, München  2006–2012  Nutzfläche • Floor space 900 m 2
                Mitar beit bei de+ architekten, Berlin, roedig.schop architekten, Berlin, und  Mit ar beit und Freie Mitar beit  weberwürschinger  architekten, Berlin  Fotos • Photos Eduardo Perez, Frankfurt am Main
                Wiewiorra Hopp Architekten, Berlin 2012 Gründung IFUB*, München/Berlin  2012 Gründung IFUB*, München/Berlin  Mehr Information auf Seite • More information on page 154































                Ein großer Einbauschrank im Gemeinschaftsbereich nimmt Drucker, Stauräume und zwei Sitznischen auf. • A large built-in cupboard in the common area contains printers, storage room and two seating niches.



                W     enn man heute über Marktforschung spricht, fällt sehr schnell das Stichwort „Big  ziell für das Projekt entwickelten Gitterdecke neu verkleidet. Bewusst wurde hierzu roh
                      Data“. Das bedeutet, dass viele Informationen heutzutage vor allem digital ge -
                                                                              verschweißter Baustahl verwendet. Er soll den einstigen industriellen Charme zurück ins
                sammelt und ausgewertet werden. Das größte deutsche Marktforschungsinstitut, die GfK,  Gebäude bringen, wobei der Baustahl durch die weiße Lackierung dennoch elegant wirkt.
                hat dies natürlich längst erkannt und betreibt in Berlin einen entsprechenden „Big Data  Lose eingehängte Elemente – akustisch wirksame Schaumstoffwürfel – lockern das starre
                Hub“. Das zwischen 30 und 50 Mitarbei ter zählende Team war bisher über die ganze Stadt  Gitter raster auf und unterstützen die Raumakustik. Praktischer Nebeneffekt: Die Anzahl
                verteilt. Ein neues Büro sollte nun nicht nur die Mitarbeiter bündeln, sondern gleichzeitig  der Würfel und somit die Akustik können flexibel je nach Anforderung des Ortes angepasst
                Pilotprojekt für den Aufbruch der ganzen GfK in ein neues Bürozeitalter sein. Als Exper ten  werden. Als Reverenz an die alte Glüh lampenfabrik wurden zudem  klassische,  große
                für neue Ar beits wel ten wurde Vitra und als Ko operationspartner vor Ort unser Büro IFUB*  Glühbirnen mit moderner LED-Technik frei durch das Gitter abgehängt. Darüber hinaus
                engagiert. Die neuen, zentralen Büroflächen liegen in Berlins Oberbaum City, früher auch  fand die Gitterkonstruktion in Form von Trennwänden auch als raumstrukturierendes Ele -
                be kannt als „Lampenstadt“. Das ganze Areal diente einst der Glühlampenproduktion, ehe  ment Ver wendung. Je nach Bedürfnis können die Nutzer Whiteboards, Pflanzkisten und
                es zwischen 1993 und 2000 in Büro flächen umgewandelt wurde. Von der Industrie ver -  Ablage bretter daran anbringen. Weiße Haken erweitern die Nutzbarkeit zur Garderobe.
                gangenheit zeugen heu te leider nur noch die historischen Backsteinfassaden. Auch für das
                angedachte Open-Space-Konzept  waren die angemieteten Räum lich keiten  im  zweiten  Möbel und Einbauten aus Birke-Multiplexplatten
                Obergeschoss nur zum Teil geeignet. So ist die Tragstruktur des alten Industriegebäudes
                mit seinen großen Stützen ab ständen zwar ideal, um offene Strukturen aufzunehmen, zu -  Hinsichtlich der Möblierung wurden die seriengefertigten Büromöbel von Vitra und Artek
                nächst mussten jedoch viele der während der Arealssanierung hinzugefügten, konventio-  (ein Unternehmen der Vitra Gruppe) mit einer Reihe von Sonderanfertigungen kombiniert.
                nellen Bürozellen wieder entfernt werden. Das Ergebnis sind nun luftige, helle Räume, die  Für die Einbau schrän ke, Pflanzkisten und die Lockerschränke wurde auf die gleichen Bir -
                die ursprüngliche Raumwirkung des Fabrikgebäudes wieder sichtbar machen.   ke-Multi plex platten zurückgegriffen, wie sie auch die Fokusarbeits plätze des Systems Hack
                                                                              kennzeichnen. Die besondere Struktur des Materials wurde dabei durch bewusst gesetzte,
                Decken- und Wandelemente aus Baustahl                         stumpfe Stöße, sichtbare Kanten und passend dazu gesetzte Grifflöcher herausgearbeitet.
                                                                              Auf die Spitze getrieben wird dieses Konzept durch passend zu den Grifflöchern angeord-
                Das neue, offene und flexible Büroraumkonzept wurde von Vitra passgenau auf die Wün -  nete Rillen. Diese können mit handelsüblichen Steckbuchstaben kinderleicht durch die
                sche der Nutzer zugeschnitten. Diese waren bereits vor Beginn der Pla nung im Rahmen  Nut  zer beschriftet werden. In diesem Stil ist auch der große Einbauschrank, der einen be -
                von Workshops intensiv eingebunden. Unterschiedliche Arbeits plätze im Open Space ge -  son deren Akzent im Gemeinschaftsraum setzt, gestaltet. Espressobar, Drucker schrank,
                ben den Mitarbeitern die Mög lich keit, je nach Anforderung konzentriert alleine oder im  Stau   raum, Locker und zwei Sitz nischen zum Warten und Besprechen wurden in ei nem
                Team zusammen zu arbeiten. Um die notwendige Ruhe in den Arbeitsbereichen sicherzu-  Element miteinander kombiniert. Als zentrale Anlaufstelle des Büros liegen hier auch die
                stellen, wurden Empfang, Tee küche, Espressobar und Lounge in einem separierten Bereich  Zugänge zur Teeküche und den WCs goldrichtig. Für gute Akustik sorgen die Rück wän de
                zusammengefasst. Am großen Tisch und dem dort installierten Tresen kommt es nicht nur  der offenen Nischen aus in Wandfarbe lackierten Holz-Akustikpaneelen. Im gleichen Raum
                zum zufälligen Aufeinandertreffen von Gästen und Mitar beitern, sondern auch zu Be -  wurde der  Tresen mit einer leicht erhöhten, gemütlichen Lounge kombiniert. Einem
                sprechungen oder kleinen Bürofeiern. Für ungestörte Meetings und intensive Team arbeit  „umgefallenen Schrank“ nachempfunden, ist der Boden des Podests wie die Fronten des
                sind hingegen abgeschlossene Räume vorhanden. Im Rahmen einer in ten siven Entwurfs -  großen Einbauschranks gestaltet. Auch die Lockerschränke und die Gestaltung der Raum -
                planung wurde die Gestaltung von Vitra und IFUB* gemeinsam ausgearbeitet. Beson ders  nummern wurden nicht dem Zufall überlassen, sondern sind in ähnlicher Form aus Multi -
                wichtig war es dabei, die vorgefundenen „totsanierten“ Räume wieder zum Leben zu  plexplatten gestaltet und flexibel beschriftbar. Die aus der Zeit vor dem Umbau erhaltenen,
                erwecken. So wurden neben den bereits erwähnten Wänden auch die abgehängten De -  abgeschlossenen Besprechungsräume wurden wiederum durch farbige Wandgrafiken, in
                cken zum Teil wieder entfernt. Im Anschluss wurden diese Deckenbereiche mit einer spe-  die magnetische Whiteboard-Flächen integriert sind, atmosphärisch aufgewertet.



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