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BANKEN UND BEHÖRDEN • BANKS AND AUTHORITY BUILDINGS

































            KANTONALBANK

            IN SARNEN



            Entwurf • Design Seiler Linhart Architekten, CH-Sarnen


            Am nördlichen Rand des historischen Zentrums von Sarnen soll ein
            lebendiges Arbeits- und Wohnquartier entstehen. Den Auftakt der
            Siedlungsentwicklung meistern Seiler Linhart mit ihrem Neubau für
            die Obwaldner Kantonalbank vorbildlich und progressiv. Entwurfs-
            prägend sind die Fassade und die sichtbare Konstruktion aus Eschen-
            und Fichtenholz des lokalen Forstes – die etwas andere Holzbank ...



            von • by Stephan Faulhaber
            Z   wischen einem durchgrünten Wohnquartier und einem öden Gewerbegebiet liegt
                der neue Hauptsitz der OKB. Hier führt er mit seinem fünfgeschossigen
            Volumen – noch solitär – den zuvor unvermittelten Wechsel von klein zu groß dimen-
            sionierter Peripheriebebauung geschickt zusammen. Auch die vorerst uneindeutige Ma-
            terialität des Gebäudes wirkt vermittelnd; das Holz der dunklen graubraun gefärbten
            Fassade offenbart sich erst in unmittelbarer Nähe. Die feinen senkrechten Fugen und
            Fräsungen der vertikalen und die ornamentalen Reliefs der horizontalen Schalung chan-
            gieren zwischen Rustikalität und Opulenz. Dieser Scheinwiderspruch setzt sich wirk-
            mächtig in der zentralen, doppelgeschossigen Empfangshalle fort. Äußerst edel wirken
            das unbehandelte Brettschichtholz und die hellen Bodenplatten aus Zement und regio-
            nalem Flusskies. Der zufällige Charakter der Holzmaserung und Gesteinskörnung kon-
            trastiert mit der räumlichen Taktung. Auch die zweiviertelgewendelte Treppe und die
            davorstehenden zwei Pfosten – die im 45-Grad-Winkel zur übrigen Konstruktion stehen –
            widersetzen sich einer überkommenen Steifigkeit. Es sind diese liebevollen Details, die
            Emotio statt Ratio propagieren; wie man es – bis auf Ausnahmen wie LRO (S. 94) – nur
            noch von den Schweizern kennt. Aus der Holzkonstruktion ergibt sich ein quadratisches
            Deckenraster, das wiederum durch hochkant befestigte Plättchen untergliedert wird,
            zwischen denen das sogenannte Human Centric Lighting versteckt liegt – eine dynami-
            sche Beleuchtung, die den Verlauf des Tageslichts wiedergibt. Vom Foyer und den Bera-
            tungstheken wird man über die Treppe auf die Galerieebene geführt und gelangt dort
            zu den Besprechungszimmern und einem großen Mehrzweckraum. Die Büroräume der
            Mitarbeiter in den darüberliegenden zwei Regelgeschossen und dem Dachgeschoss wer-
            den über separate Eingänge im Erdgeschoss und der Tiefgarage erschlossen; dort ver-
            sorgt ein rund zehn Meter hoher Innenhof den Mittelflur mit Tageslicht. Voller Vorfreude
            blicken wir auf die weitere Entwicklung des Quartiers – mit der Architektur von Seiler
            Linhart Architekten steht bereits ein beachtliches Vermögen auf der Habenseite.

            074 • AIT 12.2022
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