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BANKEN UND BEHÖRDEN • BANKS AND AUTHORITY BUILDINGS
RATHAUS
IN REMCHINGEN
Entwurf • Design Steimle Architekten, Stuttgart
Zwar bildet das neue Rathaus von Remchingen nicht den geografi-
schen Mittelpunkt der Gemeinde – und doch präsentiert sich der fünf-
eckige Solitär als neue Mitte des Ortes. Denn hier im Enzkreis ver-
steht sich die Stadtverwaltung, und damit ihr Gebäude, als Bindeglied
zwischen Bewohnern und Verwaltung und lässt dies durch die offen
gestaltete Architektur des Neubaus nun auch sichtbar werden.
von • by Sabine Marinescu, Stuttgart
A uf dem exponierten Gemeindegrundstück, eingebettet zwischen der Bundesstraße
B10 und dem Landschaftsraum der Pfinz, befinden sich bereits zwei eigenständige,
jedoch städtebaulich bisher nicht aufeinander Bezug nehmende Gebäude: ein Altenpfle-
geheim sowie die 1990 von Helmut Striffler entworfene Remchinger Kulturhalle. Der
dritte, gut 6.000 Quadratmeter große Solitär bildet dank seiner Lage nun klare Platzkan-
ten aus und lässt damit einen neuen Marktplatz zwischen den drei Gebäuden entstehen.
Dabei reagiert das neue Haus mit seiner Höhe auf die umliegende Bebauung, tritt jedoch
aufgrund seiner polygonen Formensprache, einer nicht vorhandenen Rückseite und der
klar strukturierten Fassade aus Dämmbeton ebenso als individuelles Bauwerk hervor.
Aus der homogen gestalteten Hülle mit den großen, regelmäßig gesetzten Fensterforma-
ten und tiefen Leibungen lassen sich bereits von außen die vielfältigen Nutzungen des
Rathauses ablesen. So wird das Erdgeschoss mit seinen bodentiefen Fenstern vom Foyer
des Bürgerbüros und einem großzügigen Gastronomiebereich dominiert. Neben unter-
schiedlich groß ausgebildeten Arbeitsplätzen und Büroräumen für die Verwaltung befin-
den sich im ersten Obergeschoss der Trausaal mit einer zur Stadt orientierten Loggia und
im zweiten Stock der zweigeschossige Ratssaal, der einen weiten Blick zur Pfinz und in
den Stadtraum erlaubt. Um gerade hier den Charakter eines den Bürgern offen stehenden
Gebäudes erlebbar zu machen, wurde im Inneren ein freier Grundriss mit fließenden
Raumgrenzen um ein zentrales Atrium angelegt. Die sich durch diesen viergeschossigen
Lauftraum nach oben faltende Holztreppe bildet hierbei das gestalterische Herzstück, das
durch die acht versetzten Oberlichter in der massiven Decke in Tageslicht getaucht wird.
Und nicht nur hier, sondern im gesamten Gebäude wird das helle Grau der sichtbaren
Betonflächen mit warmen, hölzernen Details kombiniert – und schafft so eine einzigartige
gestalterische Einheit. Dank der vielen Blickbeziehungen innerhalb des Hauses sowie der
großzügigen Öffnungen in den umgebenden Stadtraum schufen die Architekten einen
ebenso offenen wie öffentlichen Ort für die gut 15.000 Einwohner Remchingens.
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