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GESUNDHEIT UND WELLNESS • HEALTH AND SPA

































            HAUTARZTPRAXIS

            IN BERLIN-SCHÖNEBERG



            Entwurf • Design studio karhard, Berlin


            Hohe, stuckverzierte Decken und Flügeltüren – die Eleganz Berliner
            Altbauwohnungen verleiht auch Arztpraxen besonderes Flair. Für die
            Neugestaltung einer Dermatologie in Schöneberg sollten die großen
            Salons jedoch in kleinere, intime Bereiche geteilt werden. Mit soliden
            Einbauten und poppigen Möbeln auf zartrosa Grund setzte studio
            karhard die alte Art-Déco-Grandezza wieder würdevoll in Szene.



            von • by Kira Sophie Kawohl
            S  chöneberg – und darin vor allem das Bayerische Viertel – zählt mit seinem reichen
               Baubestand aus dem frühen 20. Jahrhundert und vielen grünen Plätzen zu den reiz-
            vollsten Wohnlagen Berlins. Im Gegensatz zu den sozial belasteten Bezirken der Stadt
            gibt es hier außerdem eine verhältnismäßig hohe Dichte von FachärztInnen. Seit Kurzem
            ist in einer 170 Quadratmeter großen Gründerzeitwohnung in der Bamberger Straße auch
            die dermatologische Praxis von Dr. Mandana Schindler untergebracht. Ihrem Wunsch
            nach der Reorganisation des bereits zuvor als Arztpraxis genutzten Apartments kam das
            Berliner Planungsteam von studio karhard schon durch wenige, raumbildende Eingriffe
            nach. Nun definieren schräg eingestellte Stahlelemente mit Strukturverglasung einen
            neuen Empfangs- und Wartebereich im vorderen, zur Straße ausgerichteten Salon. Das
            hintere, zum Hof orientierte Behandlungszimmer ist durch einen internen Erschließungs-
            gang und eine Nische zur Blutabnahme neu organisiert. Die soliden Stahlprofile stören
            die ehrwürdige Raumwirkung der repräsentativen Salons jedoch nicht. Im Gegenteil: Sie
            sind rücksichtsvoll entlang der vorgefundenen Stuckrosetten, Wandmitten und Sturzhö-
            hen arrangiert und bilden ein zeitgemäßes materielles Pendant zu den feinen Linien der
            Bleiverglasung in den historischen Doppelflügeltüren. Überhaupt spielt das Team um
            Thomas Karsten und Alexandra Erhard gekonnt mit Querverbindungen. Materialwahl
            und Detailplanung nehmen subtil das Hau(p)tthema auf: So fließen die unterschiedli-
            chen Schattierungen des Inkarnats an Wänden und Textilien durch das Riffelglas zu wei-
            chen, körperlichen Formen zusammen. Die abgestuften Feinheitsgrade aller Oberflä-
                                                              ®
            chen – wie robustes Glattleder für die Praxismöbel oder hauchzartes Trevira als Vorhang-
            stoff – assoziieren die große Vielfalt menschlicher Hauttexturen. Im Sprechzimmer erin-
            nern die schlaff ineinander verhakten Schlaufen eines 3D-gestrickten Sicht- und Akustik-
            schutzes an den sukzessiven Elastizitätsverlust unserer Zellen. Reizend wird das ganze
            Abbild durch den beherzten Auftrag korallenfarbiger Sessel, die schon rein formal an
            einen Kussmund erinnern – ein raffinierter Eyecatcher auf blasspudrigem Teint!

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