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Jonas Kubon
1993 geboren in Hagen-Boele 2015-2018 Studium der Wirtschaftsgeografie an der RWTH Aachen, 2018-2022 in verschiedenen Positionen bei CBRE tätig 2020-2021 IRE|BS Immobilien-
akademie, Regensburg seit 2021 Lehrauftrag IRE|BS Immobilienakademie seit 2022 als Geschäftsführender Gesellschafter bei pro m , interdisziplinäres Team mit rund 25 KollegInnen,
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ArchitektInnen, InnenarchitektInnen, Berater und Büroplaner, Konzeption von Immobilienstrategien für innovative und nachhaltige Arbeitswelten
Foto: Knauf Digital Foto: Knauf Digital
Knauf Digital in München: Eingangsbereiche und Arena schaffen eine Atmosphäre des Willkommenseins und der Kommunikation. • Knauf Digital: Entrance areas and arena create an atmosphere of welcome and communication.
wandt werden, welche wiederum neue Learnings erzeugen. Der Office Report 2025 munikation als auch konzentriertes Arbeiten ermöglichen. Moderne Konzepte wie Acti-
verdeutlicht, wie stark sich die Arbeitswelt verändert hat. Ein zentrales Instrument vity Based Working oder modulare Raumangebote optimieren die Flächennutzung,
ist der New Work Score (NWS), der zeigt, wie weit Unternehmen moderne Arbeitsfor- ohne die Identifikation der Mitarbeitenden zu beeinträchtigen. Begegnungsflächen,
men organisatorisch und kulturell implementiert haben. Firmen mit hohem NWS sind Rückzugsorte und informelle Kommunikationsbereiche fördern die Zusammenarbeit
agiler, produktiver und nutzen Flächen effizienter: Während Organisationen mit nied- und steigern messbar die Innovationskraft. Die Praxis zeigt jedoch, dass Effizienz nicht
rigem NWS im Schnitt 23 Quadratmeter pro Mitarbeitenden beanspruchen, kommen gleich Einsparung bedeutet. Räume müssen die Bedürfnisse der Mitarbeitenden abbil-
die innovativsten mit 15,3 Quadratmetern aus. Bemerkenswert ist, dass die größten den und die Unternehmenskultur transportieren. Benchmarks liefern die empirische
Effekte nicht durch Perfektion entstehen, sondern durch die Abkehr von überholten Basis, auf der Entscheidungen über Flächengrößen, Nutzungsmuster und Desksharing
Strukturen. Schon erste Schritte zu New Work wirken spürbar auf Zusammenarbeit, getroffen werden können. Dadurch lassen sich „Bauchentscheidungen“ rationalisieren
Produktivität und Flächennutzung. und das volle Potenzial der Arbeitswelten ausschöpfen. Die Umsetzung dieser Erkennt-
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nisse zeigt sich besonders deutlich in den Projekten von pro m . Sie reichen von Unter-
Zentrale Erkenntnisse des Reports 2025 nehmen mit traditioneller Struktur, die den Wandel aktiv gestalten, bis zu wachsenden
Digitalorganisationen, die ihre Büros anpassen, um Produktivität, Flächeneffizienz und
Auch die Flächeneffizienz wird hervorgehoben: Unternehmen mit modernen Arbeits- Kultur optimal zu verbinden.
platzkonzepten benötigen durchschnittlich 54 Prozent weniger Fläche pro Mitarbeiten-
den, große Unternehmen sogar bis zu 38 Prozent weniger als kleinere Wettbewerber. RWZ Rhein-Main und Heleba Offenbach: Zusammenarbeit stärken
Dennoch haben erst 36 Prozent Bürofläche durch neue Konzepte eingespart. Würde
der Bedarf konsequent angepasst, könnten in Deutschland 126 Millionen Quadratme- Die Transformation bei der Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main AG (RWZ) ist ein
ter – rund 18.000 Fußballfelder – frei werden. Ein weiterer zentraler Punkt ist die Rolle Beispiel für die Umsetzung der Erkenntnisse aus dem Report. Ausgangspunkt war eine
von Gemeinschaft und Kultur. Wo Zugehörigkeit spürbar ist, profitieren Unternehmen stark hierarchische Büroorganisation mit einzelnen Räumen, die den jeweiligen Hie-
doppelt: Mitarbeitende identifizieren sich stärker, bringen mehr Innovationskraft ein rarchiestufen der Mitarbeitenden zugeordnet waren. Diese verzimmerten Strukturen
und nutzen Flächen besser. Darüber hinaus liefert der Report Erkenntnisse zur Büro- führten zu geringer Büroauslastung und eingeschränktem informellem Austausch. Die
präsenz: Im Schnitt liegt sie bei 50 Prozent, mit Höchstwerten am Dienstag und Tiefst- Lösung war ein umfassendes Activity-Based Working-Konzept: Offene Arbeitsbereiche
werten am Freitag (29 Prozent). Nicht zuletzt zeigt sich: Change ist zum Dauerzustand fördern Kommunikation und Kollaboration, während Rückzugszonen konzentriertes
geworden. Erfolgreiche Unternehmen gestalten ihn aktiv, binden Mitarbeitende ein und Arbeiten ermöglichen. Jede Etage erhielt einen zentralen Marktplatz als sozialen Treff-
nutzen Innenarchitektur als strategisches Instrument, das Kultur sichtbar macht und punkt, das Erdgeschoss wurde zur großzügigen Cafeteria umgestaltet. Begleitendes
Transformation unterstützt. Die Stärke des Office Reports liegt darin, Zahlen in prakti- Change Management unterstützte die Mitarbeitenden bei der Umstellung auf Desksha-
sche Handlungsanleitungen für die Raumplanung und Innenarchitektur zu übersetzen. ring und flexible Flächen. Das Ergebnis ist eine Arbeitswelt, die nicht nur funktional
Benchmarks wie Flächenkennzahlen, Desksharing Ratios oder der New Work Score ist, sondern auch die Unternehmenskultur sichtbar macht und die Interaktion zwi-
werden nicht theoretisch interpretiert, sondern fließen unmittelbar in die Planung von schen den Teams stärkt. Bei Knauf Digital in München stand ein stark wachsendes
Arbeitswelten ein. Die Analyse zeigt, wo Mitarbeitende sich am meisten aufhalten, Unternehmen vor der Herausforderung, Büroflächen effizient zu gestalten und gleich-
welche Bereiche intensiv genutzt werden und wo Rückzugsräume benötigt werden. zeitig die Unternehmenskultur zu stärken. Eine Homeoffice-Quote, Desksharing und
Auf dieser Basis entstehen differenzierte Arbeitslandschaften, die sowohl offene Kom- modulare Arbeitsplätze ermöglichten eine flexible Flächennutzung. Unterschiedliche
AIT 10.2025 • 135